Die Kraft der Farben

  02.02.2020 Kunst, Schwaderloch, Persönlich

Lisa Brutschi verwirklicht einen Kindheitstraum und hilft damit anderen Menschen

Die Liebe zur Kunst, zum kreativen Schaffen gehört zu Lisa Brutschi seit frühestem Kindheitsalter. Doch erst mit 51 Jahren begann sie eine umfassende Ausbildung als Kunsttherapeutin und führt seit zehn Jahren eine eigene Praxis in Laufenburg. Nun zeigt sie erstmals ihre eigenen Werke in einer Ausstellung.

Susanne Hörth

«Wer ist Lisa Brutschi?» Eine Frage, auf welche die Gemeinte mit einem Blitzen in den Augen antwortet: «Eine, die im System knapp daneben ist.» Freiheitsliebend, also nicht zur Masse gehörend und vor allem, jemand der eine grosse Liebe zu den Menschen hat. «Ich möchte deren Seelen berühren.» Was die Schwaderlocherin heute mit einer gewissen Selbstverständlichkeit und damit auch mit einem «an sich selbst glauben» sagen kann, war nicht immer so. Lisa Brutschi ist im Böztal aufgewachsen. Schon früh lernte sie, ihre persönlichen Interessen hintenanzustellen. «Im Malen habe ich Ausgleich und Zuflucht gefunden.» Sie, die sich als Kind auch gerne als einen über der Wiese tanzenden Schmetterling vorstellte, konnte mit Farben und Papier in ihre ganz eigene, kreative Welt abtauchen.

Handfest
«Ich hätte gerne einen Beruf erlernt, der mit Malen und Gestalten zu tun hat.» Die Eltern wünschten sich für ihre Tochter aber eine Lehre, die Hand und Fuss hat. Die Hand war es dann, welche die damals 14-Jährige bei einem schweren Unfall fast verloren hätte. Ein langer Spitalaufenthalt mit monatelanger Rehabilitation folgte und später auch eine Verkäuferinnenlehre. Lisa Brutschi verliert sich einen ganz kurzen Augenblick in den Erinnerungen, streicht sich dabei sacht über die linke Hand. Der Unfall hat lebenslange Spuren hinterlassen. Es stört sie schon lange nicht mehr.

Dass ihre Kreativität trotz Verkäuferinnenlehre und die darauffolgende Übernahme der Geschäftsleitung nicht auf der Strecke blieb, macht Lisa Brutschi deutlich: «Ich habe dann auch noch abends eine Mannequin-Schule absolviert, ging für Modegeschäfte auf den Laufsteg.» Auch die besuchten Dekorationskurse unterstützten sie in ihrer Kreativität. Mit der Heirat und der Geburt der beiden Söhne, mit denen sie viele Stunden singend und mit einem Natur- und Vogellexikon in der Tasche über Wiesen und durch die Wälder wanderte, ging sie ganz und gar in ihrer Aufgabe als Mutter und Hausfrau auf. Widmete sich daneben der Porzellanmalerei. Und sie fand Gefallen an der Gartenarbeit, bei welcher sich ihre Begabung in Form eines einzigartigen Rosengartens auch im Freien zeigt.

Ein Zeichen
Aus ihrer Geborgenheit, sie nennt es «mein verwöhntes Hausfrauendasein» wurde sie gerissen, als ihr damals 46-jähriger Ehemann einen Herzinfarkt erlitt. «Plötzlich war ich für alles verantwortlich, musste es managen.» Der Mann erholte sich. Bei seiner Frau hingegen signalisierte der Körper mit einem akuten Bandscheibenvorfall und unumgänglicher, sofortiger Operation, dass er schon länger unter einer schweren Last zu tragen hatte. «In der mehrmonatigen Reha habe ich mich mit Malen selbst therapiert.» Lisa Brutschi nutzte ebenfalls die angebotenen Gesprächstherapien. Welche Kraft das Malen, die Farben und die Formen für die Psyche hat, wurde ihr immer mehr bewusst. So kam es nicht von ungefähr, dass am Ende ihrer Reha einer der Ärzte zu ihr sagte: «Wenn Sie Mal- und Kunsttherapeutin wären, ich würde Sie sofort einstellen.»

Es war ein Zeichen, aber noch kein Schlüsselmoment für die damals 46-Jährige. Erst vier Jahre später erfolgte die eigentliche Initialzündung, um sich von dem insgesamt sehr behüteten Kokon der vergangenen Jahrzehnte in ein im Sonnenlicht tanzenden Schmetterling zu verwandeln.

Lernen, Lernen, Lernen
Lisa Brutschi lächelt jetzt, lehnt sich kurz in ihrem Stuhl zurück. Dann schlägt sie in ihren Erinnerungen jenes Kapitel auf, welches bis heute immer neue, spannende Fortsetzungen erfährt. «Auf einer Geburtstagskarte wurde mir damals zu einem halben Jahrhundert gratuliert.» War es das jetzt? Was kommt noch? Mit 51 Jahren begann Lisa Brutschi mit einer vierjährigen Ausbildung am Institut für Humanistische Kunsttherapie IHK in Zürich und beendete diese als diplomierte Mal- und Kunsttherapeutin. Gleich danach hängte sie noch ein vierjähriges Studium für interdisziplinäre Therapie und Kreativpädagogik, an der Internationalen Hochschule in Calw an, schloss dieses 2009 mit dem Master of Arts (M.A.) ab. Ihr Ziel war von Beginn ihrer Ausbildung an, mit dem Malen später Menschen jeden Alters erreichen zu können. Diese durch das behutsame Auseinandersetzen mit der Farbe und Form, sich selbst spüren zu lassen.

Seit 2006 führt Lisa Brutschi ihre eigene Praxis, seit 2010 ist sie mit ihrer Mal- und Kunsttherapie in der Altstadt Laufenburg zu finden. Das schönste Kompliment für sie ist es, wenn die Leute ihre Praxis mit strahlenden, glänzenden Augen verlassen. So entstand auch auf Anfragen und Wünschen von Besuchern, im «Handlungs-Spiel-Raum,» wie sie ihre Praxis nennt, jeden Dienstagabend ein offenes Atelier für Malfreudige, denen sie gerne im Kunstschaffen zur Seite steht. «Es gibt auch Menschen, die zu mir kommen mit der Bitte ihnen beim Bemalen ihrer eigenen Urne zu helfen.» Auch bietet sie ab und zu Workshops an. Sie verrät, dass der nächste Workshop «eigenes Parfum mit selbstgestalteter Zerstäuber-Etikette kreieren», auf die beiden Tage 28. Februar und 29. Februar feststeht.

Die Kunstschaffende
Sich in der Kunst zu finden, sich immer wieder neu zu entdecken, sich davon mitreissen zu lassen, um dann wieder anzukommen: das und viel mehr gilt auch für Lisa Brutschi selbst. Malt sie, vergisst sie Raum und Zeit. Trägt Farbschicht um Farbschicht auf. Arbeitet Bewegungen hinein. Und lässt Gesichter, Bäume, Landschaften und vieles mehr entstehen. Nicht auf den ersten Blick erkennbar. Aber auf den zweiten, den dritten. Je mehr sich der Betrachter Zeit nimmt, sich auf das Werk einlässt, desto mehr taucht aus dem Verborgenen auf. Der Dialog beginnt. Und zu diesem lädt die Künstlerin erstmals auch mit einer eigenen Ausstellung in die «Alte Trotte» in Effingen ein.

Vernissage am Freitag 13. März, 19 Uhr. Die Öffnungszeiten: Samstag, 14. März, 14 bis 17 Uhr; Sonntag, 15. März 11 bis 17 Uhr; Samstag, 21. März, 14 bis 17 Uhr; Sonntag, 22. März, 11 bis 17 Uhr.


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