Solarzellen, Blitzer, der Möhlinbach und die Schienen in Unterkulm

  07.11.2019 Aargau, Politik

Bericht aus dem Grossen Rat

Die Themen vom Dienstag variierten breit, eines hatten sie gemeinsam, fast alle Themen wurden von Regierungsrat Attiger begleitet, in seiner Hauptfunktion als Bau- und Verkehrsdirektor und als Gesundheitsdirektor ad interim.

Im Energiekanton Aargau haben es alternative und erneuerbare Energien dennoch im politischen Alltag schwer mit Ausnahme der Solarenergie. Hier forderte sogar die FDP, es solle vorwärts gehen mit der Strategie, eine zusätzliche Motion bzw. ein Postulat der SP lehnten sie jedoch ab. Verlangt wurde vom Regierungsrat, dass er einen konkreten Massnahmenplan auszuarbeiten hat, welcher aufzeigt, wie das Solarpotenzial im Kanton Aargau genutzt werden kann. Das Abstimmungsresultat war eindrücklich. Die rechte Hälfte des Grossratssaales (SVP, EDU, BDP mit einer Ausnahme und FDP) votierten alle mit Nein, die linke Hälfte mit Ja. Zu einem Stichentscheid kam es dennoch nicht, denn die Parteien der linken Saalhälfte hatten deutlich mehr anwesende Mitglieder.

Im Autokanton Aargau – also doch kein Cliché – gaben fest installierte Blitzer zu reden. Die Ratsmehrheit unter Führung von FDP und SVP setzte sich durch, der Regierungsrat muss ein Verbot prüfen. Die Hauptbegründung, es handle sich bei fest installierten Einrichtungen zur Kontrolle der Geschwindigkeit bzw. des Einhaltens des Rotlichts um eine fiskalische Massnahme. Nicht gehört wurden die Argumente, dass die Blitzeranlagen bei gefährlichen Verkehrssituationen installiert und dort die Einhaltung der Verkehrsregeln erzwingen sollten, zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmenden. Im Hochwasserkanton geben Schutzmassnahmen immer wieder zu reden, diesmal der Zusatzkredit zu Hochwasserschutzmassnahmen am Möhlinbach. Das Geschäft war inhaltlich wenig umstritten. Werner Erni, SP, wies darauf hin, dass zwar in der Botschaft viele renaturierte Abschnitte gezeigt wurden, in Möhlin der Bach jedoch auf weiten Teilen weiterhin begradigt und kanalisiert verläuft. Bernhard Scholl, FDP, bedauerte die Verfahrensfehler und forderte Lehren, daraus zu ziehen. Er zeigte auf, dass allenfalls sogar das Fischsterben auf die Bautätigkeit zurückzuführen sei, der Kanton klärt die Ursache weiter ab. Kathrin Hasler, SVP, forderte den Kanton ebenfalls auf Lehren zu ziehen. Sie bezweifelt, dass je ein Lachs durch Möhlin in das Tal schwimmen wird, weil neben baulichen Massnahmen auch die restlichen Rahmenbedingungen nachhaltig geschaffen werden müssten. Der Zusatzkredit wurde einstimmig bewilligt.

Und zuletzt noch dies, die neue Trassierung in Unterkulm war traktandiert, diskutiert wurde sie nicht, da sich eine Mehrheit durchsetzte und das Geschäft von der Traktandenliste genommen wurde. Inhaltlich war man sich über die Parteigrenzen einig, so kann das Geschäft nicht angenommen werden, es sollte zurückgewiesen werden. Nun ist unklar, was passiert, allenfalls kommt das Geschäft unverändert wieder auf die Traktandenliste.


KOMMENTAR

«Solange man selbst redet, erfährt man nichts»

Noch heute überrascht mich der Lärmpegel in unserem Parlament. Es sind weniger die lautstarken Wortgefechte, es ist der allgemeine Lärmpegel von Personen, die nicht an den Rednerpulten stehen. Politikerinnen und Politiker müssen reden, sie müssen ausdrücken, was sie, ihre Partei, aber auch ihre Wählerinnen und Wähler bewegt. Wichtig an den Worten ist, dass sie gehört werden. Beim Hören unterstützt uns die Beschallungsanlage. Sie verstärkt die Worte, aber diese verfliegen im Raum und treffen auf den Schall der Gespräche zwischen den Reihen. Die technisch veraltete Anlage wird nun ersetzt, hören wir dann mehr? Die Schriftstellerin Marie Freifrau von Eschenbach brachte es auf den Punkt. Zuhören ist genauso wichtig wie reden. Nur im Austausch wird es das Parlament schaffen, den Kanton vorwärts zu bringen. Ich bin wenig technikgläubig; die Technik kann uns nur in einem Verhalten unterstützen, sie kann uns nicht zwingen, einander zuzuhören. Schade, denn einige Politikerinnen und Politiker haben tatsächlich etwas zu sagen. Im Austausch von Zuhören und Reden kommt es dann zu den wahren Perlen der Politik. Selten, da viele besser reden als zuhören können. Kommen Sie vorbei und hören Sie uns zu, an der Technik soll es nicht scheitern.

CLAUDIA ROHRER, RHEINFELDEN


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