Einen Appenzeller zum Frühstück

  16.09.2019 Möhlin

Ueli Burkhalter tritt mit seiner Frau und den beiden Kindern im Warteck an einem Vierzigsten auf. Er hat zu diesem Zeitpunkt ja keine Ahnung, was noch alles folgen würde. Das war im Jahr 1989.

Ronny Wittenwiler

Ueli Burkhalter hält einen Zettel in seinen Händen. Bereits die zweite Zeile hat es in sich: «Damals hatten uns viele belächelt und gemeint, das wird nicht lange halten, wenn die Jungs mal älter sind.»

Im Keller
Das hier ist die Geschichte von Ueli Burkhalter, seiner Frau Anita, Patrik und Marc, den beiden Kindern, die längst keine Kinder mehr sind. Das wird nicht lange halten, wenn die Jungs mal älter sind. 30 Jahre später tingeln Ueli, Anita, Patrik und Marc als Familienband noch immer durchs Land und lassen es krachen. Darauf könnte man nun mit Champagner anstossen – doch Ueli Burkhalter gönnt sich lieber einen Appenzeller. Zum Frühstück. Er wird das noch genauer erklären, in einem Gespräch, bei dem er gleich zu Beginn sagt: «Eigentlich hatte ich abgeschlossen mit musikalischen Auftritten.» Ueli Burkhalter, als junger Familienvater aus Möhlin beendete er Ende der Achtziger Jahre gerade sein Engagement in einer Tanzmusik, wie sie damals noch gang und gäbe waren. Und wären die Kinder nicht gewesen, wie sie daheim im Untergeschoss auf Vaters Instrumenten auf musikalische Entdeckungsreise gingen – es gäbe diese Geschichte hier nicht. Dieser Stern am Himmel geht unten im Keller auf. Weltkarriere machten sie in den dreissig Jahren keine. Aber ganz viele Menschen glücklich.

Nebensache, auf einen Schlag
Im Gespräch mit der NFZ hält Ueli Burkhalter Rückschau. Wie es bald einmal raus aus dem Keller ging, 1989 war das, im Restaurant Warteck, ein paar Schritte bloss von zuhause entfernt. «Wir traten an einem Vierzigsten auf. So hat alles angefangen.» Es war die Geburtsstunde, die Feuertaufe folgte noch im Sommer desselben Jahres, etwas weiter weg von daheim, im Restaurant Schiff, noch immer in Möhlin, als sie ihr erstes öffentliches Konzert gaben. Heute haben die Burkhalters achthundert Lieder im Repertoire, abertausende Kilometer hinter sich und die Gewissheit, dass sie Kritiker Lügen straften. Das wird nicht lange halten, wenn die Jungs mal älter sind.

Und doch, es hätte alles anders kommen können. Damals, im Jahr 1996. «Vor 23 Jahren», sagt Anita Burkhalter, ohne nachrechnen zu müssen, vielleicht, weil man sowas als Mutter nicht vergisst. Die Familie aus Möhlin hatte sich als Partyband längst einen Namen gemacht, als das Renommee, die vielen Buchungen, einfach alles, auf einen Schlag zur Nebensache wird. Patrik, der ältere Sohn, erkrankt an einer besonders schweren Form von Krebs. Mit siebzehn Jahren, mitten im Leben, ist das Sterben plötzlich nah und die Musik so weit weg. Eine fast einjährige Leidenszeit beginnt. «Vielleicht», sagt Ueli Burkhalter, wird nachdenklich: «Vielleicht war diese Zeit auch ein Grund für diesen starken Zusammenhalt unserer ganzen Familie.» Uelis Family Band, das ist für alle Beteiligten klar, gibt es bloss im Quartett oder gar nicht. Keiner in dieser musikalischen Familie spielt die erste Geige.

«Wir lassen uns nicht verbiegen»
Reich geworden sind die Burkhalters mit ihrer Musik nicht. Unbezahlbar bleiben ihnen Begegnungen mit Menschen, die ihre Wege kreuzten. «Wir lieben einfach, was wir tun», sagt Ueli Burkhalter, und ja, es habe sie gegeben, Plattenfirmen, die diese singende Familie gerne unter Vertrag genommen hätten. «Wir wollten uns aber von niemandem verbiegen lassen», findet dieser Berg von einem Mann. Sich vorschreiben lassen, welche Lieder sie zu spielen und welches Outfit sie zu tragen hätten – «das wollten wir nie.» Stattdessen geniesst die Familie ihre musikalische Unabhängigkeit. Breites Grinsen macht sich breit bei Ueli Burkhalter: «Vielleicht hätten wir für unsere Berühmtheit ein paar Skandale einbauen sollen. Aber ich kann ja nicht einfach so mal eine Gitarre auf der Bühne zertrümmern.»

Es ist mehr als bloss ein Projekt
Der jüngste Auftritt führte Uelis Family Band in die Innerschweiz, Stimmung bis zum Abwinken, der ganz normale Wahnsinn. Frühmorgens um fünf Uhr kamen sie wieder zuhause an. Und dann folgte dieses Ritual, wie sie es stets zu tun pflegen. «Wir sitzen dann noch alle zusammen in der Kü- che, Essen etwas und reden miteinander.» Und dann, nach getaner Arbeit, gönnt sich Ueli Burkhalter schon mal einen Appenzeller – sein persönliches Feierabendbier. Solange die Gesundheit mitmacht, wolle man schon noch unterwegs sein, sagen Anita und Ueli Burkhalter am Ende des Gesprächs, und er händigt diesen Zettel aus mit seinen persönlichen Notizen aus dreissig Jahren Family Band. «Damals hatten uns viele belächelt und gemeint, das wird nicht lange halten, wenn die Jungs mal älter sind.»

Am Tag vor Heiligabend 1996 kam aus dem Universitätsspital ein Anruf. «Mami, ich darf nach Hause.» Der junge Mann hatte den Krebs besiegt. «Eines Tages», sagt Ueli Burkhalter jetzt, «da ging Patrik in den Keller und setzte sich ans Schlagzeug. ‹Ich will wieder Musik machen›. Das war wie eine Explosion. Zurück im Leben. Wir lagen uns alle in den Armen und haben nur noch geweint.» Uelis Family Band. Es ist mehr als bloss ein Projekt.

Am 26. Oktober feiert Uelis Family Band 30-Jahr-Jubiläum in der MZH Fuchsrain in Möhlin. Gleichzeitig Taufe des Albums «Sternenweit». Info/Anmeldung im Internet.

www.u-f-b.ch


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