Ein Dorfschullehrer geht in Rente

  09.06.2019 Magden

Er hielt Magden während 44 Jahren die Treue

Während 44 Jahren traf man Ruedi Schreiber als Lehrer an der Oberstufe in Magden an. Viel hat er in dieser Zeit in seinem Beruf erlebt. Viel hat geändert im Bildungswesen des Kantons Aargau. Ruedi Schreiber blieb diesen Änderungen und Neuerungen gegenüber aufgeschlossen.

Hans Zemp

Schon seine eigene Zeit als Schüler formte Ruedi Schreiber. Aus dieser Episode seines Lebens nahm er viele Sachen mit, die ihn bis heute begleiten und prägen. Bei Marcel Bamert besuchte er die vierte und fünfte Klasse der Primarschule in Wegenstetten. Sein Primarlehrer weckte in ihm die Freude an der Musik nachhaltig. In Heini Kunz fand diese Förderung an der Bezirksschule in Möhlin, die er ganzjährig bei allem Wetter mit seinem Velo erreichte, ihre Fortsetzung. Diese Bewältigung des Schulweges mit seinem Zweirad förderte bei ihm eine starke Grundkondition, eine tolle Fitness und prägte ihn nachhaltig. Am Seminar in Wettingen bildete er sich zum Lehrer aus. Als Student im Internat blieb ihm Zeit für seine geliebten Hobbies, für den Sport und für Zeichnen und Malen. Alle diese Sachen begleiten ihn heute noch ganz gehörig und bereiten ihm viel Freude.

Der Einstieg als Lehrer in Magden
Im Alter von zwanzig Jahren und zwei Monaten übernahm er als Junglehrer seine erste Klasse an der Realschule Magden. Und weil drei Jahre später an der Sekundarschule die Stelle von Erwin Brogle frei wurde, studierte Ruedi Schreiber in Lausanne Französisch, erlangte das Sekundarlehrerpatent und übernahm diese Stelle. Dies wurde dann seine Lebensstelle. Als Klassenlehrer konnte er den Schülerinnen und Schülern in all den vielen Jahren Werte vermitteln, Werte die sie nachhaltig prägten.

Und wie stark ihn sein ehemaliger Schulweg formte, konnte man während all seinen Jahren als Lehrer beobachten. Er liebte den Sport, den Schulsport im Freien. Dies gilt bis heute. Spaziergänge im Turnen, Velotouren, die Schulsporttage und die Wanderungen mit der gesamten Magdener Oberstufe waren so richtig sein Ding. Er organisierte, organisierte gerne so, dass diese Veranstaltungen zu Highlights für Schülerinnen und Schüler, aber auch für das Kollegium wurden.

Unvergessen bleiben auch die vielen Schullager, die er zusammen mit Marcel Keller, seinem langjährigen Weggefährten an der Sekundarschule Magden, vorbereitete und durchführte. Was früher noch zwei Wochen dauerte, reduzierte sich im Verlauf der Jahre auf eine Woche. Im Programm waren auch hier die Zweiräder oft treue Begleiter. Wichtig waren ihm aber vor allem die sozialen Komponenten in den Lagern. So entwickelten sich etwa das Kochen mit den Schülerinnen und Schülern zu eigentlichen Lagerhöhepunkten.

Die Kreisschule brachte einige Änderungen
Mit der Einführung der Kreisschule Unteres Fricktal KUF kamen einige Neuerungen im Schulbetrieb auf Ruedi Schreiber zu. Er nahm diese als positiv wahr und rühmt bei dieser Gelegenheit die Schulleitung, die er über all die Jahre als menschlich, transparent, kompetent und professionell wahrnimmt. Er bedauert aber ausserordentlich, dass der Oberstufenstandort Magden im Sommer sein Ende findet. Für ihn geht mit dem Wegzug der Oberstufenschüler dem Dorf ein wertvoller Zweig der Schule verloren. Und das ist ein Verlust. Das Zusammenleben Lehrer-Schüler, Lehrer-Lehrer und Lehrer-Bevölkerung ist für ihn enorm wichtig. Zusammenzüge in grossen Schulzentren fördern die Anonymität und erschweren ganz wertvolle Kontakte und damit gegenseitiges Verständnis, ist er überzeugt.

Ruedi Schreiber als Lehrer im Dorf
Als eigentlicher Dorfschullehrer mit verschiedensten Talenten entstanden viele wertvolle Kontakte im Dorf. So rühmt der angehende Pensionär die stets guten Kontakte zu den Behörden, die offenen Ohren für die Anliegen der Schule, die er sowohl als Rektor wie auch als Lehrer und Mitglied in Kommissionen der Gemeinde erlebte. Mit den vielen Tätigkeiten kennt man die Leute und die Leute kennen einen. So wurde ein Dorfschullehrer zur eigentlichen Ansprechperson im Dorf. Der Dorfschullehrer wird zur Vertrauensperson.

Ruedi Schreiber gab aber auch Kenntnisse seiner Hobbies an Erwachsene weiter oder liess sie daran teilhaben. Er, der das Essen, die Gemütlichkeit, das positive Leben und das Zusammensein sehr schätzt und gerne lacht, gab Männern während zehn Jahren Kochkurse.

In seinem Rückblick war sein Lehrerberuf ein Glücksfall. Als Generalist mit den vielen Abwechslungsmöglichkeiten im Angebot lag viel Gestaltungsfreiraum. Er betrachtet es als Wertschätzung seiner Arbeit, wenn er ehemaligen Schülern begegnet, welche in positiver Erinnerung an ihre Schulzeit mit ihm ins Gespräch kommen und heute ihren Weg gehen. Die Schule im Wandel verlangt viel Flexibilität und birgt stets neue Herausforderungen. Und davon gab es viele in Ruedi Schreibers Zeit. «Lehrer sein war für mich ganz toll und ist es bis heute geblieben», bilanziert er.

Und wie weiter?
Ruedi Schreiber plant keine Weltreisen, wohl aber langsames Reisen in der Schweiz und in Europa. Der talentierte Handwerker liebt seinen Garten und sein Haus und ganz besonders die Musik. Auf dem neu gekauften Akkordeon spielt er mit Hingabe und ist begeisterter Sänger im RegioChor Basel/ Binningen. Im Multikulturellen Kinderchor Kolibri seiner Lebenspartnerin Sabine ist er Präsident. Ohne Schulvor- und Nachbereitungen erhalten seine Steckenpferde mehr Spielraum wie auch seine Freude am Meditieren und an der Spiritualität.


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