Nach 158 Jahren das Aus für den Circus Nock

  14.05.2019 Oeschgen

Der zweitgrösste Zirkus der Schweiz stellt den Betrieb ein

Zuerst wurde die Tournee verkürzt, am Freitag folgte der Paukenschlag: der Circus Nock aus Oeschgen stellt den Betrieb ein. Eine Ankündigung, die bewegt und traurig stimmt – auch bei einer Firma, die eng mit der Familie Nock verbunden ist.

Simone Rufli

«Der Circus Nock ist eine Institution. Sein Ende ist traurig und macht betroffen», sagt Reto Waldmeier, Leiter Marketing bei der Raiffeisenbank Regio Frick. Drei Jahre lang hat die Bank mit dem Circus einen engen Kontakt gepflegt. Über die Firmenanlässe sei eine Verbundenheit entstanden. «Wir haben hinter die Kulissen gesehen und mitbekommen, mit wie viel Herzblut alle gearbeitet haben. Und wir haben die vielen glücklichen Kindergesichter in Erinnerung.»

Die Schweiz in Atem gehalten – anders als geplant
158 Jahre hat das Traditionsunternehmen mit Winterquartier in Oeschgen die Menschen in der ganzen Schweiz mit seinen Artisten unterhalten und für leuchtende Augen gesorgt. Noch am 18. Januar, bei der Ankündigung des verkürzten Tourneeplans, hatte es in einer Mitteilung auf der Homepage des Circus Nock so geklungen: «2020 will der Circus Nock die Schweiz in Atem halten.» Viel früher und in einem ganz anderen Zusammenhang ist das nun auch eingetroffen. «Es ist traurig. Mit dem Circus Nock verlieren wir ein Traditionsunternehmen, das zu Oeschgen gehört. Wir hatten noch keine Gelegenheit, mit der Familie Nock zu sprechen», sagte am Freitag auch der betroffene Gemeindeammann Christoph Koch.

Einen einzigen Grund für das Aus gibt es nicht. Es ist das Zusammentreffen von vielen Dingen, die zur Entscheidung führten. Verschärfte gesetzliche Auflagen beim Tierschutz, unzählige konkurrierende Unterhaltungsangebote wie Musicals, Konzerte oder Festspiele im Sommer, steigende Temperaturen, die weniger Besucher in ein Zelt locken, wachsende Defizite – es sind viele Gründe, die Familie Nock anführt, weshalb es nun zu diesem Ende gekommen ist. Unter dem Titel «Wenn Nostalgie, Professionalität und Leidenschaft allein nicht mehr ausreichen...» schreibt die Familie weiter: «Zentrale Plätze in Schweizer Innenstädten und auch in den Gemeinden werden immer mehr zur Mangelware. Die Plätze werden kleiner, sind nicht mehr immer verfügbar und die Mietpreise sowie die behördlichen Auflagen steigen von Jahr zu Jahr. Haben sich Städte und Gemeinden früher auf den Zirkus gefreut, wird einem heute da und dort das Gefühl vermittelt, nur noch geduldet zu sein.» Mit einer um vier Monate verkürzten Saison sollten weitere Defizite vermieden und Zeit gewonnen werden, zur Vorbereitung auf die Jubiläumstournee 2020.

«Wir wussten, dass es weitere Veränderungen gibt im Circus Nock und in den letzten Tagen haben wir auch gewusst, dass sie nicht mehr auf Tournee gehen werden», erklärte Reto Waldmeier. Im März war es das dritte Mal, dass die Bank ihre Gala-Anlässe – zwei Abende und der Familienanlass am Sonntag – im Zelt des Circus Nock in Frick durchgeführt hat. Davor fanden die Anlässe in Turnhallen statt. «An unserem letzten Firmenanlass haben wir mit der Familie Nock noch darüber gesprochen, dass wir fürs 2020 Anpassungsbedarf sehen. Unsere Anlässe sind ausgebucht. Wir brauchen entweder ein grösseres Zelt oder eine zusätzliche Veranstaltung.» Jetzt muss sich die Bank nach anderen Lokalitäten umsehen. «Uns bleibt genug Zeit, neu zu planen», sagt Waldmeier. An einem Zirkuszelt und am Standort Frick möchte die Raiffeisen festhalten.

Und so zieht Familie Nock am 10. Mai 2019 schweren Herzens einen Schlussstrich: «In der jetzigen Lage können wir den gewohnten hohen Qualitätsstandard nicht mehr gewährleisten. Wir verabschieden uns in tiefer Dankbarkeit von unserem treuen Publikum, den Zirkusfans und unseren vielen Unterstützern. Die leuchtenden Augen unserer grossen und kleinen Zuschauer bei unseren unzähligen Auftritten und derjenigen unserer grossartigen Artisten werden für immer in unserer Erinnerung bleiben. Das Zirkusleben und die Zirkusluft werden uns fehlen. Und wir bedauern, unser 160-jähriges Jubiläum nicht mehr mit Ihnen allen feiern zu können.»


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