«Wir sollten unsere Kinder stärken»

  22.05.2019 Möhlin

Oberstufenzentrum Möhlin: Schulleiterin Zeiner über Ängste und Kritik

Im Steinli sollen sämtliche Kinder und Jugendlichen von Bezirksschule, Sekundarschule und Realschule unterrichtet werden, inklusive Kleinklasse. 450 bis 500 Schüler an einem Ort: Am Infoabend der Gemeinde kritisierte eine Teilnehmerin diese Entwicklung als «Ghettoisierung». Astrid Zeiner, Leiterin der Oberstufe im Steinli, nimmt Stellung.

Ronny Wittenwiler

NFZ: Astrid Zeiner, 500 Schüler der Oberstufe konzentriert auf einen Standort. Weshalb sind Sie der Ansicht, dass das funktioniert?
Astrid Zeiner:
Es gibt genügend Beispiele im Kanton mit funktionierenden Oberstufenzentren, selbst in der Region. Rheinfelden etwa mit sehr vielen Oberstufenschülern und sogar Berufsschule gemeinsam an einem Standort. Natürlich bedeuten mehr Schüler eine grössere Herausforderung. Doch zu einer Schulkultur gehören auch das Entwickeln von gemeinsamen Haltungen und das Umsetzen eines entsprechenden Disziplinarleitfadens. Das gilt für eine kleine Schule genauso. Ich könnte also die Gegenfrage stellen: Weshalb sollte es nicht funktionieren?

Die Konzentration der Oberstufe führe zu einer «Ghettoisierung», kritisierte eine Votantin am Infoabend.
Die Kritik ist unbegründet. Von einer Ghettoisierung zu sprechen, weil hier viele Menschen auf einem Raum zusammenkommen, dünkt mich unangebracht gegenüber unseren Oberstufenschülern. Das sind anständige junge Leute, die sich zu benehmen wissen.

Ärgert Sie diese Kritik?
Ja, sehr. Damit werden die Oberstufenschüler zu Unrecht in ein schlechtes Licht gerückt.

Schon jetzt werde im Steinli geraucht, gekifft und gedealt – sagte ein junger Teilnehmer am Infoabend.
Das Steinli ist auch ausserhalb der Unterrichtszeit öffentlicher Raum. Eine Art Hotspot, wie es ihn andernorts in Möhlin und in anderen Gemeinden auch gibt. Die Jungen halten sich nun mal an öffentlichen Plätzen auf, das dürfen und sollen sie auch. Ich kann aber mit Sicherheit sagen: Es wird während des Schulbetriebs weder geraucht, noch gekifft, noch gedealt. Die Problematik hat also nichts mit der Schule zu tun.

Die Kritik an der Zentralisierung könnte als Sorge von Eltern verstanden werden, dass sich ihre Kinder in einem grösseren Schulkonstrukt nicht zurechtfinden würden. Wird Kindern und Jugendlichen zu wenig zugetraut?
Wir von Seite Schule trauen den Kindern der Oberstufe dieses Zurechtfinden auf jeden Fall zu. Und ich hoffe, dass die Eltern das auch tun. Wir treffen in der Wirtschaft und in der Gesellschaft immer wieder auf grössere Systeme. So kann das Oberstufenzentrum auch als Chance für unsere Jugend gesehen werden. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, Kinder zu stärken, dass sie lernen, sich in diesen Systemen zu bewegen.

Die Bezirksschullehrer würden teilweise lieber im Fuchsrain bleiben. Sofern es soweit kommt: Worin besteht Ihre Aufgabe als Steinli-Schulleiterin, damit sich die Bezirksschullehrer mit dem neuen Standort doch noch anfreunden?
Das ist nicht meine alleinige, sondern eine Verbundsaufgabe, bestehend aus den Leitungen von Bezirksschule und Sereal zusammen mit den jeweiligen Teams. Wir müssen eine gemeinsame Schul- und Teamkultur entwickeln. Dass das Zeit braucht, ist normal. Wir haben es mit Menschen zu tun, somit mit verschiedenen Haltungen und Wertvorstellungen. Veränderung kann auch Verunsicherung bedeuten. Dessen sind wir uns bewusst. Wir sehen es aber mehr als Chance für das Gesamtsystem.

Nur wenige haben an der öffentlichen Infoveranstaltung von vorletzter Woche teilgenommen.  Wie werten Sie das?
Ich gehe davon aus, dass die Bevölkerung Vertrauen in das Schulraumplanungsprojekt hat – sonst wären deutlich mehr gekommen und hätten ihre Fragen gestellt. Ich bin mit einem guten Gefühl aus der Veranstaltung raus, weil wir die kritischen Fragen, die wir gestellt bekamen, alle beantworten durften. Ich bin sehr zuversichtlich.


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