Leben im Hotspot des Verkehrsstaus

  19.03.2019 Stein

Regierungsrat Stephan Attiger und Nationalrat Hansjörg Knecht diskutierten in Stein

Die täglich zunehmenden Verkehrsstaus sind das Ergebnis einer äusserst komplexen und mit unterschiedlichsten Interessenskonflikten konfrontierten politischen Angelegenheit – so lautete der Tenor an einer öffentlichen Veranstaltung in Stein zum Thema Verkehrskollaps.

Paul Roppel

«Gerade am Vorabend wurde uns der Feierabendstau wieder einmal eindrücklich präsentiert. Schon ausgangs Sisseln und Münchwilen, sowie von Mumpf her sind die Autoschlangen gestanden», eröffnete Beat Käser, Gemeindeammann von Stein, den öffentlichen Orientierungsanlass zum Thema «Verkehrskollaps Fricktal». «Wir leben in einem Hotspot für Staus und sind Leidensgenossen mit Rheinfelden, Frick und Laufenburg», fügte er an. Das sei in Aarau wohl bekannt ob zur Lösung jemand allfällige Patentrezepte habe, fragte er in die rund 50 Personen grosse Besucherrunde in der Aula. Aber auch zwei Stunden später war er noch gleich ratlos wie zuvor. «Der Pendlerverkehr staut sich an den Grenzübergängen. Immer mehr wird auf die Nebenstrassen ausgewichen», bekräftigte Désirée Stutz, Grossrätin und Präsidentin der SVP-Bezirkspartei, welche das Thema aufgenommen und Kurt Hofmann, Präsident der Ortspartei Stein, mit der Durchführung des Diskussionsanlasses beauftragt hatte.

Vernachlässigter Strassenverkehr
Ins Rampenlicht gestellt wurde Ständeratskandidat Hansjörg Knecht, der direkt von der Sessionswoche als Nationalrat aus Bern angereist kam. «Die Mobilität gilt als Motor von Wirtschaft und Handel, sowie als Wohlstandsgarantin», leitete er seine grundsätzlichen Überlegungen ein. Die Verkehrsinfrastruktur sei deshalb nicht nur ein Erfolgsfaktor und Standortvorteil, sondern auch eine Visitenkarte der Schweiz. In der Bundesverfassung seien die Verantwortlichkeiten geregelt und der funktionsfähige und sicherheitstechnisch hohe Stand vorgegeben. Die Entwicklung der Mobilität müsse frühzeitig erkannt und strategische Massnahmen eingeleitet werden. «Der Strassenverkehr ist über die Jahre sträflich vernachlässigt worden», betonte Knecht und unterlegte dies mit 26 000 Staustunden und 1,9 Milliarden Franken Kosten. Wirtschaftswachstum, vermehrte Mobilität und hohe Zuwanderung einerseits und eine von Bundesrat und Parlament einseitige Verkehrspolitik hätten dies verursacht.

Ausbau der Nationalstrassen
Trotz Optimierungsversuchen der Verkehrsflüsse sei ein gezielter Ausbau der Strasseninfrastruktur nötig, was in diversen Etappen mit viel Geld im Nationalstrassenbau realisiert werde. Besonders auch in der Agglomeration Aargau Ost. «Den öffentlichen Verkehr als Wunderwaffe gegen die Überlastung zu propagieren, ist utopisch», unterstrich er. Im Gegensatz zu Knecht bedauerte Regierungsrat Stephan Attiger (FDP), dass der Fond für die Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr (NAF) erst 2024 mit einer Erhöhung der Mineralölsteuer stärker geäufnet wird. Der Vorsteher des Departements Bau, Verkehr und Umwelt hätte es lieber gesehen, die Mittel auszuschöpfen und in den Ausbau zu leiten. In seiner mit zahlreichen Folien unterlegten Präsentation zeigte er die Wohn- und Entwicklungsschwerpunkte, die kantonalen Strategien und die komplexen Herausforderungen auf. Auch die Situation des Fricktals mit den problematischen Grenzübergängen wurde ausgeleuchtet.

Knotenpunkte entflechten
Als eine der am stärksten wachsenden Regionen verfüge das Fricktal als attraktiver Wirtschaftsstandort über die grössten Landreserven für die Industrie. Positiv wertete Attiger, dass nun über das Regierungspräsidium in Deutschland die Zahlen über die Grenzübergänge vergleichbar gemacht werden und ein Gutachten soll die nachhaltige Strategie zur Strassenverkehrsentwicklung zeigen. «Mit der grenzüberschreitenden Mobilität haben wir ein Problem», bestätigte er. Prioritär sei die Entflechtung der Verkehrsknoten, damit der Verkehrsfluss auf den Kantonsstrassen flüssig bleibe. Er plädierte für ein funktionierendes Gesamtverkehrsystem, das nicht gegenseitig ausgespielt werden dürfe. «Die Pendler nehmen, was am effizientesten ist», betonte Attiger. Andererseits nehme der Individualverkehr immer mehr zu. Sein Departement ist gefordert: es bearbeitet rund 800 Projekte, darunter sicher auch die Staustellen.


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