Einschulungsklassen werden abgeschafft und eingeführt

  28.03.2019 Fricktal

Rheinfelden und Stein verzichten auf EK

Während in Basel Einschulungsklassen wieder eingeführt werden sollen, verabschieden sich Rheinfelden und Stein von diesem Angebot. Wie kommt es zu dieser unterschiedlichen Beurteilung?

Valentin Zumsteg

Das Lernprogramm der ersten Klasse wird auf zwei Jahre verteilt – das ist die Idee der Einschulungsklasse (EK). Grössere Gemeinden im Aargau bieten diese an. Damit erhalten Kinder, die nach dem Kindergarten den Lernanforderungen der ersten Klasse noch nicht gewachsen sind, mehr Zeit. Am Ende der Einschulungsklasse, die mit zehn bis fünfzehn Schülerinnen und Schülern geführt wird, erfolgt in der Regel ein definitiver Übertritt in die zweite Klasse der Primarschule. Im Fricktal gibt es derzeit Einschulungsklassen in Frick, Kaiseraugst, Laufenburg, Möhlin, Rheinfelden und Stein. Allerdings werden Stein (auf das Schuljahr 2019/2020) und Rheinfelden (Schuljahr 2020/21) darauf verzichten.

«Ein künstlich geschaffener Übergang»
Basel hingegen hat kürzlich beschlossen, wieder ein solches Angebot unter dem Titel «Einführungsklassen» zu schaffen. Vor allem die Lehrer hatten dies gefordert. Grund ist unter anderem, dass in der Eingangsstufe immer mehr Kinder mit Entwicklungsverzögerungen zu kämpfen haben.

In Rheinfelden wird die Abschaffung in erster Linie mit dem neuen Aargauer Lehrplan begründet, welcher in der Kompetenzorientierung keine Separation mehr vorsehe. Zudem werde der Lehrplan nicht mehr nach Schulstufen, sondern neu nach so genannten Zyklen gegliedert. «Der Kindergarten und die Unterstufe bilden zusammen den Zyklus 1 gemäss dem neuen Aargauer Lehrplan. Ein künstlich geschaffener Übergang innerhalb des Zyklus, wie das eine Einschulungsklasse wäre, erachtet die Schule Rheinfelden als nicht förderlich», erklärt die zuständige Stadträtin Susanna Schlittler gegenüber der NFZ. Mit der integrativen Schulung sei es möglich, die Ressourcen für schulische Heilpädagogik bedarfsgerechter auf die Klassen zu verteilen. «Somit können Kinder, die mit besonderen Bedürfnissen oder Herausforderungen in Regelklassen beschult werden, gezielter unterstützt werden», ist Schlittler überzeugt: «Vor allem im Hinblick auf die neue Ressourcensteuerung, welche zeitgleich mit dem neuen Aargauer Lehrplan umgesetzt wird, verfügt die Schule so über Ressourcen, die allen Kindern zu Gute kommen.» Von Lehrerund Elternseite wird dies teilweise infrage gestellt.

Eine Frage des Geldes?
Es ist aber nicht so, dass mit dem neuen Lehrplan im Aargau grundsätzlich keine Einschulungsklassen mehr möglich wären: «Die Schule vor Ort kann entscheiden, ob es eine Einschulungsklasse braucht oder nicht. Wenn die Belastung in der Regelklasse zu gross ist, kann ein solches Angebot Sinn machen», erklärt Kathrin Scholl, stellvertretende Geschäftsführerin des Aargauischen Lehrerinnenund Lehrerverbandes. «Auch mit dem neuen Lehrplan ist es möglich, ein solches Angebot zu schaffen, wenn die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen.»

Dies bestätigt das Aargauer Bildungsdepartement (BKS): «Der Entscheid, eine Einschulungsklasse zu führen, liegt vor Ort. Der Lehrplan macht keine Vorgaben betreffend Organisationsform», hält BKS-Sprecherin Sascha Katja Giger fest. Aktuell führen im Aargau 49 Schulen insgesamt 72 EK-Abteilungen; 139 Schulen haben kein solches Angebot. «Einschulungsklassen erlauben es, dass Kinder mit verzögerter Entwicklung ein Jahr länger Zeit haben, die kognitiven, sozialen, emotionalen, sprachlichen und motorischen Voraussetzungen für das schulische Lernen auszuprägen», erläutert BKS-Sprecherin Giger und ergänzt: «Die Kinder bewegen sich dabei in einem geschützten Rahmen. Dies zum Preis, das lernstarke Kinder fehlen, die als motivierende Beispiele dienen.»

Im Jahr 2015 wurde im Aargau die Zuweisungsrate in die EK gesamtkantonal auf acht Prozent beschränkt. Dies führte zu einer Reduktion der EK-Abteilungen. Es ist aber nach wie vor Sache der Schulen und Gemeinden zu entscheiden, ob es Einschulungsklassen braucht oder nicht.


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