Spielen ist Lernen. Brigitte Tillner vom Logopädischen Dienst im Bezirk Laufenburg erläutert, wie wichtig das Spiel für die Entwicklung der Sprache ist.

Mirjam Held

Vor etwas über einem Jahr durfte der Logopädische Dienst des Bezirks Laufenburg mit Standort Laufenburg die neuen Räumlichkeiten im Zentrum Hinterer Wasen beziehen. Brigitte Tillner arbeitet seit über 30 Jahren im logopädischen Dienst. Direkt nach ihrer Ausbildung in Österreich kam sie ins Fricktal. Schon damals mangelte es an Logopäden. Bis heute hat sich die Situation leider nicht entspannt. Seit dem Jahr 2011 gibt sie zusätzlich Fortbildungen an der Fachhochschule Nordwestschweiz zu fachspezifischen Themen.

Das freie Spiel
Ein gesundes Kind spielt den lieben langen Tag. Und das ist gut so. Freiräume für das zweckfreie Spiel des Kindes geraten zunehmend in den Hintergrund. Dem gilt es Einhalt zu gebieten. Das ist Brigitte Tillner ein grosses Anliegen.

«Wir spielen immer Hund-Katze-Betreuer, » vertraute ein 10-jähriges Kind Logopädin Tillner sein liebstes Rollenspiel an. «Ich bin meistens der Hund und wohne in einem grossen Baum. Meine Freunde sind Katze und Betreuer. Die Katze wohnt im Blumenbeet und der Betreuer hat seinen Essplatz auf dem Garagenplatz und seinen Schlafplatz im Trampolin. Wir können alle drei sprechen. Manchmal haut die Katze ab und wir müssen sie suchen. Am Ende erzählt sie uns immer was sie alles erlebt hat. Material brauchen wir für unser Spiel keines; nur manchmal einen kleinen Stecken für den Betreuer, wenn er uns am Abend einfangen muss.» «Es ist ein grosser Segen, wenn Kinder in diesem Alter in ihrer Freizeit noch so in ein Rollenspiel eintauchen können,» sagt Brigitte Tillner. Die Sprach- und Spielentwicklung bauen aufeinander auf und ergänzen sich gegenseitig. Kinder mit sprachlichen Verzögerungen weisen immer ein auffälliges Spielverhalten auf. Sie spielen schlecht alleine oder wollen immer beschäftigt werden. Wenn Sprache zu wenig verstanden wird, kann sich ein sprachauffälliges Kind mit anderen Kindern schlechter in Verbindung setzen.

Die Sprachentwicklung stagniert weiter. Denn Wörter stehen symbolhaft für Dinge, Personen, Gefühle oder Handlungen. Echte Gespräche nehmen immer Bezug auf etwas Vergangenes oder Zukünftiges. Beim Sprechen und Verstehen werden innere Bilder wie kleine Filme aneinandergereiht.

Therapie und Spiel
Beim freien Spiel entsteht grundsätzliches Lernen. Das freie Spiel fördert nicht nur die Sprache, sondern auch Kompromissbereitschaft, Fairness und Einfühlungsvermögen. Da, wo etwas ins Stocken gerät ist Logopädie gefragt. Wenn Sprach-, Spiel- und Entwicklungsalter nicht mehr übereinstimmen wird in der Therapie versucht den Fokus des Kindes auf das Spiel zu lenken und logopädische Lernschritte beiläufig wiederholend einzubetten.

Hoher Medienkonsum einerseits, zeitraubende Hausaufgaben, aber auch ein vorgegebenes Wochenprogramm mit geführten Freizeitaktivitäten und Förderprogrammen gefährden und blockieren die Freizeit des Kindes und damit das freie Spiel.

Damit Kinder ganz ins Spielen eintauchen können brauchen sie einen Rahmen mit genügend Zeit und Musse und von Seiten der Eltern und Bezugspersonen eine innere Haltung von Respekt gegenüber dem kindlichen Spiel. Das kindliche Spiel als Übungsfeld für Sprache ist auch deshalb so wesentlich, weil es immer aus eigenem Antrieb und aus eigenem Interesse geschieht.

Frau Tillner sagt: «Das freie Spiel zu schützen und ihm seine zentrale Bedeutung für eine gesunde Entwicklung des Kindes zu bewahren und zurückzuerobern, sollte für Eltern und pädagogisch Beauftragte ein inneres Bedürfnis sein.

So leiten wir das Kind in seiner Spiel- und Sprachentwicklung hin zu dem, von dem Goethe im Märchen von der Schlange und der schönen Lilie sagte, dass es köstlicher sei als Gold – das Gespräch!»

Rund um den «Tag der Logopädie» am 6. März finden in vielen Schulhäusern und Praxen Angebote zum Thema Spiel in der Logopädie statt.