«Singen macht glücklich»

  16.02.2019 Kaiseraugst

Karen Haverbeck gibt Gesangs- und Sprechtechnikunterricht

Sie stammt aus einer kulturinteressierten Familie und liebt die Musik: Karen Haverbeck aus Kaiseraugst ist Sängerin, Lehrerin und Konzert-Managerin.

Clara Rohr-Willers

Ist es ein Lachen oder ein Singen, das durch die Mauern des Hauses Haverbeck hindurch klingt? Beim Öffnen der Türe strahlt mich die Sopranistin Karen Haverbeck an, daneben eine Schülerin. «Kommen Sie nur herein.» Während die charismatische Musikerin ihrer Studentin noch letzte Tipps gibt, fällt das Schild auf der Tür ihres Ateliers ins Auge. «Singen» steht da in grossen Lettern. Der Gesang im Zentrum des Hauses Haverbeck.

«Gabe ist Aufgabe»
«Solange ich denken kann, habe ich mich singend und tanzend auf der Bühne gesehen», erklärt Karen Haverbeck in ihrem hellen Atelier. Als Karen Alderson in London geboren, sei sie in der Basler Altstadt in einem kulturellen Umfeld aufgewachsen. Schon der Grossvater väterlicherseits habe als Pianist in einem Londoner Stummfilmkino der 30er Jahre gespielt. Der Vater selber habe über eine herausragende Stimme verfügt. «Mein Grossvater mütterlicherseits stand mit Alfred Rasser auf der Bühne. Bis in die 70er Jahre pflegten meine Grosseltern in Basel einen Literaturzirkel und bekannte Kunstmaler gingen ein und aus. Meine Mutter hätte gerne am Theater getanzt, doch in den Augen meiner Grosseltern schickte sich die Bühne nicht für eine junge Frau. Als ich selber als junge Frau verkündete, beruflich singen zu wollen, stiess auch mein Wunsch auf Widerstand, da diese Laufbahn keinen sicheren Erwerb garantiert.»

So waren es Menschen ausserhalb der Familie Alderson, die Karen Haverbecks Talent entdeckt und gefördert haben. «Während meiner Zeit am Gymnasium Holbein besuchte ich einen Förderkurs in Gesang. Angetan von meiner Stimme stellte mich mein Lehrer dem Gesangspädagogen an der Musikhochschule Basel, Kurt Widmer, vor. ‹Gabe ist Aufgabe›, meinte dieser zu meiner Stimme.»

Eine weitere prägende Erfahrung während der Zeit am Gymnasium war die Begegnung mit der berühmten jüdischen Sängerin Lissi Sanden. «Meine Zürcher Tante, eine siebzigjährige Sängerin, wollte mich unbedingt der berühmten Altistin Lissi Sanden vorstellen, die während des Zweiten Weltkriegs als Jüdin von Deutschland in die Schweiz hatte flüchten müssen. Mit meiner Tante fuhr ich nach Boswil-Bünzen, wo mich Lissi Sanden im ‹Haus zur Musik›, einem Altersheim für Musiker, nach vorne zitierte. Ihr Verdikt: ‹Weg von der Schule, hinein in den Gesang›.»

Einen Tag Service für eine Lektion bei Eva Krasznai-Gombos
Ermutigt durch ihre Tante und Lissi Sanden, nahm Karen Haverbeck Ende der 80er Jahre Gesangsstunden bei Eva Krasznai-Gombos in Basel. «Eine Lektion bei Eva Krasznai bedeutete für mich einen Tag Arbeit im Service.» Nach einem Jahr Studium der Musikwissenschaften und der Kunstgeschichte besuchte sie die Hubert Widemann-Schule. Finanziell unabhängig nahm sie ihre Musikstudien in den Fokus und studierte Gesang beim US-amerikanischen Professor Howard Nelson vom Opernhaus Zürich. «Während die Mehrheit der anderen Studentinnen und Studenten von zu Hause unterstützt wurden, musste ich die Zeit zwischen meiner Arbeit und dem Studium aufteilen.»

Nach dem Abschluss ihrer Gesangsausbildung bei Howard Nelson absolvierte Karen Haverbeck das Solistendiplom bei Annemarie Burkard. Das Diplom für den Musikalischen Grundkurs ermöglichte ihr eine Lehrtätigkeit an der Musikschule Dornach.

«Jeder kann frei singen und sprechen lernen»
Seit dem 23. Lebensjahr unterrichtet Karen Haverbeck Gesang und Sprechtechnik mit Hingabe. Die Künstlerin, die unterschiedliche Menschen wie Theaterschaffende, Business-Leute, Lehrer und Laien unterrichtet, vergleicht die Lehrtätigkeit sinnbildlich mit einem guten Wein. Je länger man arbeite, desto besser werde der Unterricht. «Ich bin ein empathischer Mensch und spüre schnell ein unausgesprochenes Fragezeichen bei einem Menschen», schildert die Mutter dreier erwachsener Kinder. «In der Stimme der Menschen hören wir sofort, in welcher Verfassung sich eine Person befindet. Jeder kann frei singen und sprechen lernen und sich selbst etwas für das seelische und körperliche Wohlbefinden tun. Nicht die Perfektion steht im Vordergrund, sondern die freudvolle Erweiterung der eigenen Anlagen. Singen macht glücklich! Meine Aufgabe ist es, Techniken aufzuzeigen, die das freie Atmen, Sprechen und Singen auch in brenzligen Situationen wie bei einem Auftritt oder im Beruf ermöglichen. Dass dabei auch schon chronische Migräne, Rückenbeschwerden und andere Unpässlichkeiten ganz wie von selbst verschwunden sind, ist ein positiver Nebeneffekt.»

Nachdem sie den Chor «Vox Nova» von 2013 bis 2017 geleitet hat, dirigiert sie seit Anfang 2018 den Kirchenchor von Wegenstetten-Hellikon. Neben ihrer Konzerttätigkeit und Arbeit als Fachexpertin und Jurorin am Aargauer Musikwettbewerb ist Karen Haverbeck auch Konzertveranstalterin des Klassik-Festivals «Konzerte im Hof» in Pratteln. Die klassischen Konzerte finden jeweils im Juli/August open air statt.

Die eigenen Konzerte zählen für die Kaiseraugster Sopranistin viel. «Die eigene künstlerische Tätigkeit ist meine seelisch-künstlerische Nahrung und kommt meinem Unterricht von vielen verschiedenen Menschen zu Gute. Mit jedem Auftritt setze ich mich mit einem Stück neu auseinander.»

Wer Karen Haverbeck als Sängerin live erleben möchte, ist herzlich an das Konzert «La Passion de l’Opéra» in der Arztpraxis am Wanderweg in Zeiningen am 2. März, 18 Uhr, eingeladen. Eintritt frei – Kollekte.

www.konzertreihe-zeiningen.ch


Viele Auftritte

Während mehr als zehn Jahren sang Karen Haverbeck die Rolle der Pamina aus W. A. Mozarts «Zauberflöte» sowie die Partie der ersten Dame im «Theater Dreiländereck» mit Tourneen in Deutschland, der Schweiz und in Österreich. Es folgten die Hauptrolle der Lisbeth in Heinrich Sutermeisters «Der rote Stiefel» zusammen mit dem «Spettacolo mobile» in Luzern und Solorollen in Engelbert Humperdincks Oper «Hänsel und Gretel» im Atelier-Theater in Riehen. Im Chor des Stadttheaters Basel sang sie in «Fidelio» von Ludwig van Beethoven und in Herbert Wernickes Inszenierung von «Das weisse Rössl». Heute singt sie als Solistin unter anderem mit Dora Kutschi oder John Buttrick am Piano. (nfz)


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