Sport ist ihr Hobby

  12.10.2018 Möhlin

Kegelt sie alle raus? Brigitte Bohler, dem Meistertitel so nah

Sie reist übermorgen Sonntag nicht ins Berner Oberland, um einfach so mal eine ruhige Kugel zu schieben, nein: Brigitte Bohler aus Möhlin hat die Chance, als beste Keglerin des Landes zurückzukehren.

Ronny Wittenwiler

Brigitte Bohler, 62, verheiratet, Mutter, bald Grossmutter, plant am Sonntag den ganz grossen Wurf und damit die Wiederholung der Ereignisse aus dem Jahr 1988. Damals wurde sie Schweizermeisterin im Kegeln.

Dass ihr nun just dreissig Jahre später selbiges noch einmal gelingen könnte – ein bisschen verrückt ist das schon, der Gedanke daran lässt ihr Herz hüpfen, damit einhergehend steigt aber auch der Puls. «Ja, ja», sagt Brigitte Bohler, verdreht die Augen: «Die Nervosität am Sonntag wird ex-trem sein. Normalerweise spielst du mit den Kollegen in einer Mannschaft, jetzt trittst du allein gegen die besten Frauen des Landes an.»

815 Holz bringen noch keinen  Blumentopf
Man hätte auch abwarten und dann kommenden Montag mal kurz bei den Bohlers anrufen können, fragen, wie der Sonntag in Heimberg, Berner Oberland, denn so gelaufen sei. Brigitte Bohler wäre nicht abgeneigt gewesen, das liess sie bereits bei der Anfrage für ein Treffen elegant durchblicken. Doch nun sass die NFZ trotzdem bereits vor dem alles entscheidenden Wettkampf mit ihr zu Tisch; auch, weil allein Brigitte Bohlers bislang zurückgelegter Weg ins grosse Finale die Geschichte hier wert ist: Nach Abschluss der Qualifikation führt sie die Rangliste der besten Keglerinnen der Schweiz an. Mit sagenhaften 815 Holz.

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In der Qualifikation wurden einhundert Würfe verteilt auf vier Bahnen gespielt (25 Würfe auf jeder Bahn). Neun Kegel gilt es jeweils abzuräumen. Mit 815 Holz aus einhundert Würfen hat Brigitte Bohler einen Schnitt von 8,15 abgeräumten Kegeln pro Umgang erreicht. Am Sonntag im Finale werden noch einmal einhundert Würfe verteilt auf alle vier Bahnen gespielt.

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«Noch ist kein Blumentopf gewonnen», sagt Brigitte Bohler, vor dem geistigen Auge sieht man ihren Mahnfinger in die Höhe schnellen, doch gibt sie auch zu, mehr als nur diesen bildlich gesprochenen Blumentopf abholen zu wollen; Brigitte Bohler will den Sieg. «Nach dreissig Jahren nochmals Schweizermeisterin werden, natürlich, das wäre ein Traum.» Bohler wird am Sonntagabend im schlechtesten Fall als zehntbeste Keglerin im Land heimkehren, so viele machen am Finaltag in der Eliteklasse den Sieg unter sich aus; als Führende steigt sie in den Ring, ihr Ring ist die Kegelbahn. Früher war es die Sporthalle, die Geschichte dazu: bemerkenswert. Beiläufig kommt man darauf zu sprechen.

Die Medaillen stammen gar nicht vom Kegeln
«Der Nachwuchs der Kegler beginnt dort, wo der Leistungssport endet.» Auch sie selber sei so zum Kegeln gestossen, weil sie nicht einfach nichts tun wollte, damals, als sie mit dem Handball aufgehört hatte. Und wenn wir schon beim Kegeln sind: Wie so oft in ihrem Leben hatte Brigitte Bohler gerade auch beim Handball alles andere als eine ruhige Kugel geschoben. «Nationalmannschaft!», sagt ihr Mann, der sich aus der Tiefe des Raumes zu Wort meldet; nicht ohne Stolz. Plötzlich wird klar: die Medaillen an der Wand, flüchtig wahrgenommen im Augenwinkel beim Vorbeigehen auf dem Weg ins Wohnzimmer, sie stammen gar nicht vom Kegeln. Brigitte Bohler spielte Handball, Mitte der Siebziger zuerst beim TV Möhlin, dann beim RTV Basel, Brigitte Bohler war Captain der Schweizer Nationalmannschaft und mit 52 Länderspielen zu ihrer Zeit gar Rekordnationalspielerin, Position Rückraum links. Nach ihrer Aktivzeit ging es weiter, dann aber ab durch die Mitte, beim Kegeln, das ist so geblieben. Bis heute. Noch zwei Tage und einhundert Versuche trennen Brigitte Bohler vom Sieg im Hotel Restaurant Rössli zu Heimberg. Dreissig Jahre nach ihrem ersten grossen Wurf auf der Kegelbahn möchte die ehemalige Spitzenhandballerin den nächsten landen. Das Kribbeln ist da. Die Nervosität kommt noch. Und ja, vielleicht wird der Sonntag für Bohler ein richtiger Krimi. Macht nichts. Sport ist ihr Hobby.

Die Finalspiele der 65. Schweizer-Meisterschaft der Schweizerischen Freien Kegler-Vereinigung SFKV werden auf Youtube ausgestrahlt. Auf der SFKV-Webseite wird der Zugangslink aufgeschaltet sfkv.ch Mehr übers Kegeln im Fricktal: uvfricktal.ch


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