Der Rhein wird langsam zum Rinnsal

  23.10.2018 Fricktal

Seit Monaten hat es nicht mehr richtig geregnet. Der Rheinpegel sinkt und sinkt. Von historischen Tiefstwerten ist er nicht mehr weit entfernt.

Valentin Zumsteg

«Es ist unglaublich, wie tief der Rheinpegel gesunken ist – noch tiefer als im Sommer», erklärt Beat Zimmermann. Der pensionierte Fotograf wohnt mit seiner Frau seit Jahrzehnten in der Rheinfelder Marktgasse direkt am Rhein. «Ich beobachte den Fluss fast täglich. Ich habe ihn noch nie während einer so langen Zeit so tief erlebt. Man sieht Felsformationen, die man schon lange nicht mehr gesehen hat. Er wird auch immer klarer», erklärt Zimmermann.

Versteppung des Fricktals?
Wirft man einen Blick auf die Zahlen, dann bestätigt sich diese Beobachtung. Der Abfluss des Rheins in Rheinfelden lag gestern bei rund 380 Kubikmeter pro Sekunde. Das ist rekordverdächtig tief. Im vergangenen Jahr war er um diese Zeit rund doppelt so hoch. Um die tiefsten Werte zu finden, muss man weit zurückgehen. Im Dezember 1962 wurde in Rheinfelden eine Abflussmenge von nur 326 Kubikmeter pro Sekunde gemessen, 1947 waren es Ende Oktober 347 Kubikmeter und 1948 im Dezember 348 Kubikmeter. Tiefer ist er in den vergangenen 83 Jahren, welche die Statistik umfasst, nie gesunken. Von diesen Tiefstständen sind wir heute nicht mehr weit entfernt. Beat Zimmermann gibt das zu denken. «Das Thema beschäftigt mich. Wenn irgendwann die Gletscher in der Schweiz ganz geschmolzen sind, dann wird wahrscheinlich noch weniger Wasser kommen. Manchmal stelle ich mir die Frage, wie weit wir von der Versteppung des Fricktals entfernt sind.» Der passionierte Rheinschwimmer kann sich auch nicht daran erinnern, dass die Wassertemperatur jemals deutlich über 25 Grad betrug wie in diesem Sommer. So warm war das Rheinwasser nicht mal im Hitzesommer 2003.

Das Niedrigwasser bekommen auch die Kraftwerke am Rhein zu spüren: «Im Moment produzieren sie ungefähr die Hälfte von dem, was sie im langjährigen Durchschnitt Mitte Oktober erzeugen würden. Im Durchschnitt liegt die Wasserführung im Oktober bei rund 800 bis 900 Kubikmeter pro Sekunde», schildert Alexander Lennemann von der Energiedienst Holding AG, welche die Wasserkraftwerke in Laufenburg und Rheinfelden betreibt.

«Aufholen wird sehr schwierig»
Bis Mitte des Jahres war die Wasserführung des Rheins für die Kraftwerke ausgesprochen gut (die NFZ berichtete). Seit Mitte Juni ist sie allerdings stark unterdurchschnittlich. «Den Produktionsvorsprung des ersten Halbjahres haben wir inzwischen aufgebraucht. Die Jahresproduktion liegt deshalb im Moment rund drei bis vier Prozent hinter der Produktion durchschnittlicher Jahre. Das bis zum Ende des Jahres aufzuholen, wird sehr schwierig. Dazu müsste bald langanhaltender Regen einsetzen», so Lennemann.

Beim Kraftwerk Laufenburg sind aktuell wegen der Trockenheit nur drei von zehn Turbinen in Betrieb, in Rheinfelden laufen zwei bis drei der vier Turbinen. Auch die Grossschifffahrt auf dem Rhein bei Basel ist derzeit eingestellt.


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