ZwischenT(h)önen Ewigkeitslasten

  10.08.2018 Fricktal

Ewigkeitslasten

Dass unsere Region möglicherweise Standort eines Lagers für radioaktive Abfälle wird, ist bekannt, sorgt bis jetzt aber kaum für grössere Diskussionen. Wird das Thema in meinem Bekanntenkreis aufgegriffen, taucht eine Frage regelmässig auf: Ist es möglich, radioaktive Abfälle sicher und für sehr lange Zeit von der Biosphäre abzuschirmen? Immerhin wird so ein Lager – je nach Abfallkategorie - auf hunderttausend oder gar auf eine Million Jahre ausgelegt. Die Frage ist berechtigt und das Unbehagen angesichts dieser zeitlichen Dimensionen verständlich. Die Erklärung, dass eine Million Jahre aus geologischer Sicht vielleicht nicht ein Wimpernschlag, aber doch eine kurze Zeit ist, wirkt auf viele Menschen wenig beruhigend. Was es zu bedenken gilt: Viele Annehmlichkeiten unserer Zivilisation sind mit Risiken und Nebenwirkungen behaftet, deren Ausmass oft erst spät erkannt wird. Als Beispiel können die sogenannten Ewigkeitslasten dienen, die ihren Namen durchaus zu Recht tragen. Noch bis in die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts wurden auch bei uns viele Häuser und Wohnungen mit Kohle beheizt. Kaum jemand dürfte damals vermutet oder gar gewusst haben, dass die behagliche Wärme mit Nachteilen erkauft wird, welche Steinkohle-Abbaugebiete wie das Ruhrgebiet nicht nur sehr lange, sondern auf unbestimmte Zeit – also ewig - belasten. Zu den Ewigkeitslasten des Bergbaus gehören etwa die Haftung für Bergschäden, das permanente Abpumpen von Grubenwasser sowie die Rekultivierung der Abbaugebiete. Vor allem das Grubenwasser erweist sich als tückisch. Steigt es, kann dies das Trinkwasser gefährden, Erdbeben auslösen und unkontrollierte Gasaustritte sowie Geländesenkungen und -hebungen verursachen. Dem wird begegnet, indem das Wasser laufend mit riesigen Pumpen und entsprechend grossem Energieaufwand abgepumpt wird. Das Abstellen der Pumpen hätte zur Folge, dass grosse Teile des dicht besiedelten Ruhrgebiets zu einer Seenlandschaft würden. Wie lange die milliardenschweren Rückstellungen zur Deckung der Ewigkeitskosten reichen, ist umstritten. Irgendwann wird sich die Frage stellen, ob man eine Region absaufen oder die Pumpen weiter laufen lässt, und zwar für immer und ewig.

GERRY THÖNEN
gerry.thoenen@nfz.ch (Leiter Geschäftsstelle Jura Ost)


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