Musikalischer Blumenstrauss für Christian Haller

  21.08.2018 Laufenburg

Liederabend für den Schriftsteller im alten Gewächshaus in Laufenburg

Im Februar dieses Jahres feierte Christian Haller seinen 75. Geburtstag. Die Idee für einen ganz besonderen Geburtstagsgruss hatte der ebenfalls in Laufenburg wohnhafte Tenor Tino Brütsch.

Dieter Deiss

Sein Rezept, eigentlich einleuchtend und einfach: Man nehme 50 Haller’sche Gedichte, setze diese acht Komponisten vor und beauftrage diese mit der Vertonung mit der Rahmenbedingung, dass die zukünftigen Werke aufzuführen sind von einer hohen Männerstimme mit Klavierbegleitung. Folglich wie geschaffen für das Liedduo Brütsch & Engeli. Tino Brütsch’s Bemühungen waren von Erfolg gekrönt: Er fand sieben Komponisten und eine Komponistin, die sich für das Experiment zur Verfügung stellten.

Ungewohntes Ambiente
Etwas ganz Spezielles hatte sich Tino Brütsch für die Präsentation seines Geburtstagsstrausses einfallen lassen. Im alten Gewächshaus der Laufenburger Gärtnerei Leuenberger fand er eine geeignete Lokalität. Ringsum mit Glas verpackt, lediglich die Seite in Richtung alte Stadtmauer blieb völlig offen. Es war ein prächtiger Sommerabend, als die ersten Gäste in leichter Kleidung erschienen. Taghell war es noch bei Konzertbeginn, langsam legte sich die Dämmerung über das Geschehen und die Akteure traten aus dem Scheinwerferlicht hervor.

Mit «Morgenfrühe» und «Neue Täuschung» eröffnete Tino Brütsch, begleitet am Flügel von Benjamin Engeli den Konzertabend mit zwei Werken von Cyrill Schürch. «Lieber Qual als Tod» schmetterte der Tenor in den Abendhimmel hinaus. Zwischen den einzelnen Werken rezitierte Christian Haller die von ihm verfassten Gedichte. Höchst interessant dabei der Unterschied zwischen dem gesprochenen Wort und der Vertonung. Hier der relativ nüchtern, in sachlichem Tone gesprochene Text, dort die oftmals sehr dramatische Vertonung des gleichen Werks.

Ein Gedicht – zwei Komponisten
Höchst spannend wurde es jeweils dort, wo die Komponisten identische Werke für ihre Arbeit ausgewählt hatten. Diese interpretierten die Gedichte teils völlig verschieden. So beispielsweise beim bereits erwähnten «Morgenfrühe»: Schürchs Musik recht kräftig, manchmal beinahe grob daherkommend. Im Gegensatz dazu der sanft anmutende Klang und die feinfühlige Klavierbegleitung von Yvonne Troxler. Mit einem abrupten Schluss, nachhallend in den Nachthimmel hinaus endete, das Lied «Pappeln - Säulen, die den Himmel tragen» von Silvan Locher. «Am Ende des Flurs, 4. Stock» heisst ein Werk von Christian Haller. Den eindrücklichen Text hatte er im Nachgang zu einem Besuch bei seiner Mutter im Altersheim verfasst. Edward Rushton und Thomas Fortmann hatten dieses Werk für ihre Komposition ausgewählt. Während man bei Rushton etwas Mühe hatte, einen inneren Zusammenhang zwischen Text und Musik zu finden, beeindruckte demgegenüber Fortmann durch eine äusserst einfühlsame Interpretation. Fortmann setzte zudem als einziger als zusätzliches Instrument noch eine Viola ein, gespielt von Dominik Ostertag. Die Werke von Daniel Fueter wussten insbesondere zu gefallen durch die eleganten Vorspiele, die wunderbar leichte Begleitung und den versöhnlichen Ausklang.

Nach dem Konzert zeigte sich Initiant Timo Brütsch höchst befriedigt vom Ergebnis. Der Publikumsaufmarsch lohnte ihn denn auch für seine Bemühungen. Freude an seinem Geburtstagsgeschenk hatte Christian Haller, der übrigens mit Ausnahme von zwei Werken, sämtliche Lieder an diesem Abend erstmals hörte. Gegenüber der NFZ zeigte er sich vom Ergebnis des Projekts höchst erfreut und meinte: «Es ist interessant, dass einige Gedichte aus den rund fünfzig zur Verfügung gestandenen Werken gleich zweimal für die Vertonung ausgewählt wurden.» Speziell gefreut habe ihn, dass «Heute am Ufer», eines seiner Lieblingswerke, gleich zweimal vertont wurde. Tatsächlich ging insbesondere die Fassung von Ruedi Debrunner unter die Haut, sowohl gesanglich wie auch von Seite der Begleitung ist sie ein Meisterwerk. Haller machte zudem seinem Musikerkollegen ein Kompliment: «Was Tino Brütsch heute Abend geboten hatte, war schlichtweg eine Meisterleistung!» Aber auch dem Publikum wurde einiges abverlangt: Sowohl die Gedichte, wie auch die Musik sind keine leicht zu verdauende Kost.

Die CD mit sämtlichen Liedern ist für Fr. 25.– erhältlich bei shop.vokalmusik.ch.


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