«Die Arbeit als Kinderarzt ist emotional anspruchsvoll»

  21.07.2018 Rheinfelden

Ein Mediziner und Fussballfan

Stephan Menzinger ist Kinderarzt und seit zehn Jahren Geschäftsführer der Kinderärztezentrum Villa Vesta GmbH in Rheinfelden. Das ist eine der grössten Kinderarztpraxen der Schweiz. In seiner Freizeit engagiert er sich beim FC Rheinfelden für den Frauenfussball.

Valentin Zumsteg

«Ich glaube, Kinderärzte sind ein besonderer Schlag Mensch. Wir sind ein bisschen verspielt, kommunikativ und umgänglich», sagt Stephan Menzinger mit einem Lachen. Auf ihn persönlich treffen diese Attribute jedenfalls zu. Der 51-Jährige interessiert sich für Fussball, fährt leidenschaftlich Ski und liest in den Ferien gerne mal einen nordischen Krimi.

«Wir müssen auch schlechte Nachrichten mitteilen»
Anfang 2003 kam Menzinger mit seiner Frau, die ebenfalls Medizinerin ist, nach Rheinfelden. Er begann als selbständiger Kinderarzt in der Gemeinschaftspraxis Villa Vesta, die 1980 von Christine und Kurt Schweizer gegründet worden war. 2008 konnte Menzinger die Geschäftsleitung von Kurt Schweizer übernehmen. Damals zählte die Praxis sechs Kinderärzte, mittlerweile sind es zehn. Hinzukommen 13 medizinische Praxisassistentinnen, drei Auszubildende, zwei Kinderpsychologinnen sowie über ein halbes Dutzend Konsiliarärzte. «Wir sind heute eine der grössten Kinderarzt-Praxen in der Schweiz. Das Konzept der Gruppenpraxis von Kurt Schweizer hat sich bewährt. Er war damals seiner Zeit weit voraus.» Mediziner wollen heute kaum mehr in Einzelpraxen arbeiten, stellt Menzinger fest. «In einer Gemeinschaftspraxis ist man viel flexibler, man kann den fachlichen Austausch pflegen und sich bei Abwesenheiten von Ärzten gegenseitig vertreten, so dass die Patienten jederzeit versorgt sind. Heute will fast niemand mehr ein 100 Prozent-Pensum, weil die Arbeit als Arzt emotional sehr anspruchsvoll ist. Man braucht Zeit, um wieder Kraft zu tanken», erklärt Menzinger, der sich auch als Co-Präsident des Aargauer Kinderärzte-Verbandes engagiert.

Das Schöne an seiner Arbeit sei, dass die meisten jungen Patientinnen und Patienten in der Regel in absehbarer Zeit wieder gesund sind. «Es gibt aber auch schlechte Nachrichten, die wir mitteilen müssen. Das ist anspruchsvoll. Glücklicherweise kommt das nicht sehr häufig vor.» Rund die Hälfte seiner Arbeitszeit ist er als Kinderarzt tätig, den Rest verwendet er für die Geschäftsleitung. «Diese Kombination ist ideal. Die Arbeit als Kinderarzt bereitet mir immer noch viel Freude, ebenso die Personalführung.»

«Eigentlich wollte ich Architekt werden»
Aufgewachsen ist Menzinger in Freiburg im Breisgau. «Eigentlich wollte ich Architekt werden. Doch nach meiner Zeit als Zivildienstleistender in einer Schule für Körperbehinderte war klar, dass Kinderarzt mein Weg ist. Also musste ich Medizin studieren.» Das tat er in Freiburg und München. Anschliessend machte er seine praktische Ausbildung in verschiedenen Spitälern in der Schweiz.

Hier lernte er seine zukünftige Frau, die in Pratteln aufgewachsen ist, kennen. Schliesslich arbeitete er als Oberarzt im Spital in Winterthur. «Dort erlebte ich eine Krise. Ich stand irgendwann vor dem Entscheid: Entweder gehe ich als Arzt in eine Praxis oder ich werde Gärtner. Der Gärtner war natürlich eine Schnapsidee. Ich habe nicht wirklich einen grünen Daumen.» So kam er schliesslich nach Rheinfelden und in die Villa Vesta, die er in den vergangenen Jahren stark mitgeprägt hat.

Grosse Pläne für die Zukunft
Jetzt steht die Gemeinschaftspraxis vor dem nächsten grossen Schritt: «Vor einiger Zeit musste ich erkennen, dass wir langsam an unsere Kapazitätsgrenzen stossen. Es mangelt an Untersuchungszimmern, Parkplätzen und Platz im Wartezimmer», schildert Menzinger. Deswegen ist in zwei Jahren ein Umzug geplant. Die Kinderarztpraxis wird in die neue Überbauung ziehen, die auf dem Areal des ehemaligen Furnierwerks beim Rheinfelder Bahnhof entsteht. Der Bezug ist im Juli 2020 vorgesehen. Auch die Frauenarztpraxis von Stefan Schmid und Giuseppina Menzinger (Gattin von Stephan Menzinger) sowie die Kinderkrippe Villa Vesta sollen mitzügeln. «Wir planen ein grosses Zentrum für Mutter und Kind», erklärt Menzinger. Er verspricht sich davon Synergien, von denen alle Seiten profitieren.

In seiner Freizeit setzt sich der Vater von zwei Kindern seit langem für den Frauenfussball beim FC Rheinfelden ein. Er trainierte erst die Juniorinnen, dann die Frauenmannschaft und heute ist er verantwortlich für den ganzen Frauenfussball im Verein. Seit kurzem gehört er dem Vorstand an. «Ich sehe viele Gemeinsamkeiten bei meinen Tätigkeiten im Kinderärztezentrum und beim Fussballclub. An beiden Orten geht es darum, die Teams zu Bestleistungen zu motivieren. Man soll aber auch zusammen Spass haben.»

Zum Schluss meint Menzinger: «Das alles funktioniert nur, weil mir meine Frau oft den Rücken freihält, für meine zeitaufwendigen Hobbys Verständnis aufbringt und sich auch unsere Kinder zu Hause stark einbringen.»


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