Pfarrer Siebenmann bietet dem Kurator die Stirn
28.06.2018 FrickWas passiert, wenn der Fricker Pfarrer am 23. September bestätigt wird?
Johannes Siebenmann ist nicht bereit, freiwillig auf seine Pfarrstelle in der Reformierten Kirchgemeinde Frick zu verzichten. Auch nicht, nachdem Kurator Markus Fricker ihm an der Kirchgemeindeversammlung vom Montag die Fähigkeit zur Zusammenarbeit abgesprochen hat.
Simone Rufli
«Es wäre eine schwere Belastung für die Kirchgemeinde, wenn Herr Siebenmann als Pfarrer wiedergewählt würde.» Kurator Markus Fricker hielt mit seiner Meinung nicht zurück, als er am Montagabend durch die Kirchgemeindeversammlung der Reformierten Kirche Frick führte. 83 Mitglieder waren zur Versammlung gekommen, gut doppelt so viele wie normalerweise. Das grosse Interesse galt weder der Rechnung 2017 noch den Informationen zu anstehenden Bauvorhaben an der über 100-jährigen Kirche. Das Hauptinteresse galt der Frage: wie weiter in der heillos verfahrenen Situation um die Person von Pfarrer Johannes Siebenmann.
Viele Gegner von Siebenmann waren zur Versammlung gekommen, einige ergriffen das Wort und keinem Votum fehlte es an Deutlichkeit. Es war heftig, was der Pfarrer über sich ergehen lassen musste. Es wurden Austritte aus der Kirche angedroht für den Fall, dass er wiedergewählt würde. Es wurden Zweifel an seiner Verlässlichkeit und an seinem Einfühlungsvermögen geäussert. Die Fähigkeit zur Zusammenarbeit wurde ihm nicht nur vom Kurator abgesprochen. Seine Arbeitshaltung wurde kritisiert und das fehlende Miteinander gerügt. «Johannes geh!», bat zum Schluss auch der ehemalige Fricker Pfarrer Paul Jäggi. «Ich muss dir das leider sagen. Geh, damit die Kirchgemeinde weiter gehen kann.»
Es gab aber auch Unterstützung für den Pfarrer, der sich nicht dem Druck von einem überschaubaren Kreis von Kirchgemeindemitgliedern beugen wollte, sondern seine berufliche Zukunft vom demokratischen Entscheid im Rahmen der Gesamterneuerungswahlen vom 23. September abhängig macht. Unterstützung von Eltern, deren Kinder zu Siebenmann in den Konfirmanden-Unterricht gehen zum Beispiel und die ihm einen guten Draht zu den Jugendlichen und einen lebendigen Unterricht attestierten. «Und was ist mit allen anderen Kirchgemeindemitgliedern?», wollte eine Frau wissen. «Diese Jugendlichen sehe ich am Sonntag nie im Gottesdienst. Wir Älteren aber sind da und für viele von uns stimmt es so einfach nicht.» Erschüttert zeigte sich eine Religionslehrerin. Der Scherbenhaufen mache sie sprachlos.
In der Juli-Ausgabe der Zeitung «reformiert» wird die Stellungnahme des Kurators publiziert. Johannes Siebenmann legt seine Sicht in der Ausgabe vom August dar. Am 4. September schliesslich gibt es eine kontradiktorische Veranstaltung im Kirchgemeindehaus und am 23. September fällt der Entscheid an der Urne.
Geschichte einer Spaltung
Bereits ein Jahr nach dem Amtsantritt (Oktober 2014) von Pfarrer Siebenmann, so Markus Fricker, habe die Kirchenpflege beschlossen, ihn nicht zur Wiederwahl vorzuschlagen. Es habe verschiedene Versuche der Kirchenpflege gegeben, sich einvernehmlich von Johannes Siebenmann zu trennen. In der Folge sei es zu weiteren Konflikten mit Johannes Siebenmann und innerhalb der Kirchenpflege gekommen, was zu mehreren Rücktritten und schliesslich zum Kuratorium geführt habe. «Ich bin keine neutrale Person, sondern verantwortlich für eine gute Entwicklung der Kirchgemeinde und für die Entscheidungen, die diesem Ziel dienen», betonte Fricker. Eine persönliche Fehde aber trage er ganz sicher nicht aus. «Ich sehe mich als Stimme all dieser engagierten Kirchgemeindemitglieder, die einen Neuanfang möchten», so der Kurator. Sein Ziel sei es, die Blockade zu lösen und der Kirchgemeinde wieder eine funktionstüchtige Kirchenpflege zur Wahl zu stellen.
Nach dem Rücktritt von Präsidentin Bettina Roth im April 2017 war die Kirchenpflege zuletzt nicht mehr beschlussfähig. «Zu Beginn meiner Tätigkeit als Kurator vor einem Jahr habe ich viele Gespräche mit Mitarbeitenden und Gemeindegliedern geführt», hielt Fricker fest. «Dabei wurde mir sehr deutlich, dass eine positive Entwicklung der Kirchgemeinde unmöglich ist, wenn Johannes Siebenmann weiterhin Pfarrer bleibt.» Der Kurator sprach von einem tiefen Zerwürfnis, das Siebenmann massgeblich mitverursacht habe. «Ich habe versucht, die Konflikte zu lösen und das Zerwürfnis zu kitten. Ich musste konstatieren, dass dies nicht möglich ist», so Fricker. Am 8. November 2017, zwei Monate nachdem er seinen Entscheid im persönlichen Gespräch mit dem Pfarrer kommuniziert hatte, hatte der Kurator deshalb an einem öffentlichen Informationsabend kundgetan, dass er Siebenmann nicht mehr zur Wiederwahl vorschlagen werde. «Ich hatte gehofft, dass Johannes Siebenmann einsehen würde, dass er sich selber und der Kirchgemeinde einen Dienst tut, wenn er sich beruflich neu orientiert und von sich aus zurücktritt.» Das aber will Johannes Siebenmann nicht. Er beharrte auch am Montag auf seinem Standpunkt, wonach der Entscheid an der Urne fallen solle. Und für manche wohl überraschend betonte Siebenmann: «Noch ist mir die Freude an meiner Arbeit nicht vergangen.» (sir)