Sandrine Werner und ihr grosses Abenteuer

  20.05.2018 Gipf-Oberfrick

Mit Science-Fiction und einem alten Griechen in den Final von «Jugend forscht»

Die 19-jährige Maturandin Sandrine Werner aus Gipf-Oberfrick schaffte es in den Final des landesweiten Wettbewerbs und durfte Ende April an der Uni in Neuenburg ihre Maturaarbeit präsentieren.

Simone Rufli

Versucht es, reicht eure Arbeit ein, habe die Lehrerin ihnen geraten und so begann im letzten Herbst das grosse Abenteuer von Sandrine Werner und ihrer Schulkollegin aus dem Raum Aarau. Die beiden hatten zusammen eine Maturaarbeit verfasst und sie nicht nur in der Schule präsentiert, sondern auch an «Schweizer Jugend forscht» eingereicht. Die Arbeit wurde angenommen, es folgte eine Einladung an den Workshop in Bern im Januar dieses Jahres. «Da haben wir einander in Fachgruppen die Arbeiten vorgestellt. Und dann wurde uns ein Experte zugeteilt, der uns coachte. Aufgrund seiner Verbesserungsvorschläge überarbeiteten wir unsere Arbeit und reichten sie ein zweites Mal ein.» Wieder warten, wieder ein schriftlicher Bescheid. Sandrine Werner und ihre Schulkollegin wurden zum nationalen Wettbewerb zugelassen und erhielten eine Einladung für den 26. bis 28. April nach Neuenburg. Dort an der Uni durften sie an einem Stand ihre Arbeit zuerst dem Fachpublikum und später der Öffentlichkeit vorstellen. «Das war eine ganz tolle Erfahrung. Vor allem auch der Austausch mit den anderen Jugendlichen aus der ganzen Schweiz.»

Es war schnell klar, dass das schwierig sein würde
«Science Fiction als Gesellschaftskritik» so der Titel der eingereichten Maturaarbeit, bringt zwei Männer über die Distanz von rund 1700 Jahren zusammen und fördert Interessantes zu Tage. Durchaus vergleichbar ist Sandrines Richtungs-Wahl an der Alten Kantonsschule in Aarau. Die 19-Jährige kombinierte das Schwerpunktfach Latein mit dem Ergänzungsfach Informatik und stellte auch da eine Verbindung zwischen dem Altertum und der Neuzeit her. «Zuerst», erzählt die junge Frau, «hatten wir die Absicht, eine Maturaarbeit im Fach Latein zu verfassen. Es wurde uns aber schnell klar, dass das schwierig werden würde.» Und so musste eine andere Idee her.

Ausgehend von der gemeinsamen Vorliebe Science Fiction, begann Sandrine zu recherchieren und stiess auf Lukian von Samosata, dessen «Wahre Geschichten» als erstes Werk der Science Fiction in der Geschichte der Weltliteratur bezeichnet wird. «Lukian ist ein griechischer Satiriker aus dem 2. Jahrhundert», erklärt sie und lacht: «Exakter lässt sich seine Lebenszeit nicht festlegen, er ist nicht so bekannt. Selbst unsere Lateinlehrerin, die auch griechisch unterrichtet, hat ihn nicht gekannt.» Doch was sollten sie nun mit dem alten Griechen und seinen fiktionalen Reiseberichten anfangen? «Wir suchten nach einem Gegenstück aus der Moderne und stiessen – unterstützt von unserer Deutschlehrerin, die selber auch ein Science Fiction Fan ist – auf Herbert George Wells», fasst Sandrine einen längeren Prozess zusammen. Der Engländer Wells veröffentlichte 1895 den Roman «Die Zeitmaschine» und gilt als Pionier der modernen Science-Fiction-Literatur. Und so entstand eine 38-seitige Abhandlung, die sich dem Vergleich zwischen den beiden Autoren bzw. ihren Werken widmet – und die über äusserst interessante Wege in einer bemerkenswerten Feststellung mündet: Beide Autoren kritisieren die sich immer weiter öffnende Schere zwischen den sozialen Schichten ihrer jeweiligen Epoche. Der eine, Lukian, mit den Mitteln des Humors und der Satire. Der andere, Wells, indem er den Menschen eine erschreckende Zukunft prophezeit und sie über die Angst dazu bringen will, verantwortungsvoller zu handeln. «Dass das Problem der sozialen Ungerechtigkeit die Menschen schon so lange beschäftigt und doch bis heute nicht gelöst werden konnte, hat mich überrascht und auch nachdenklich gestimmt», erzählt Sandrine. «Die Auseinandersetzung mit unserer Arbeit hat auch bewirkt, dass ich heute in jedem Science Fiction-Werk nach Hinweisen auf Gesellschaftskritik und einer Botschaft suche.» Die Unbefangenheit endete allerdings schon früher, wie die junge Frau lächelnd bemerkt. «Vor zwei Jahren befassten wir uns im Unterricht mit dem Film «Die Matrix» und den Ideen dahinter, die uns zurück bis zum Höhlengleichnis des griechischen Philosophen Platon führten.

Zuerst Ferien und dann Beginn mit dem Studium
In wenigen Tagen beginnen an der Alten Kanti die Maturitätsprüfungen. «Am 20. Juni habe ich die letzte mündliche Prüfung und dann bis in den September hinein Ferien», freut sich Sandrine Werner. Ferien mit der Familie, eine Abschlussreise mit Mitschülerinnen «und endlich Zeit, zu tun, worauf ich gerade Lust habe». Dass dieser Zustand nicht zur Gewohnheit wird, dafür sorgt die junge Frau gleich selber. «Ich beginne im September an der ETH in Zürich Umweltingenieur-Wissenschaften zu studieren und freue mich extrem auf die Verbindung zwischen gesellschaftlichen und technischen Bereichen.» Zuerst habe sie Wirtschafts-Informatik studieren wollen, «als ich dann aber bei einem Schnupperbesuch an der ETH über Umweltingenieur-Wissenschaften las, wusste ich, dass das meine Studienrichtung sein wird.» Nach dem Weg vom Dorf in die Kleinstadt Aarau folgt nun also bald der Schritt in die Grossstadt. Mit welchen Gefühlen macht sie sich auf nach Zürich? «Mit Freude!» Sandrine schmunzelt: «Ich dachte ja zuerst, dass ich in Bern oder in Zürich studieren würde. Nachdem ich in Zürich sowohl die Uni wie auch die ETH besucht hatte, sah ich mir Bern dann aber gar nicht mehr an. Ich wusste sofort, Zürich passt mir.»

Das erste Studienjahr wird sie zwischen Gipf-Oberfrick und Zürich pendeln. «Wenn ich Ende des ersten Jahres zu den 50 Prozent gehöre, die die Basis-Prüfung bestehen, werde ich mich nach einer Möglichkeit umsehen, mit anderen Studierenden eine Wohngemeinschaft zu bilden.»


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