Bilder und Gedichte eines Demenzerkrankten
14.05.2018 FrickRotkreuz-Tagesstätte in Frick
Mit 63 Jahren erhielt Franz Inauen die Diagnose Demenz. Um das zu verarbeiten, malte und schrieb er ein Buch. Dieses hat er letzte Woche dem Betreuungsteam der Rotkreuz-Tagesstätte in Frick vorgestellt.
Die zwei Leiterinnen und 25 freiwilligen Betreuerinnen und Betreuer der Tagesstätte für Betagte in Frick kümmern sich täglich um demenzerkrankte Personen. Sie wissen, wie man Demenzbetroffene optimal beschäftigt, ihre Fähigkeiten und ihr Selbstbewusstsein stärkt. Was in jemandem vorgeht, der Demenz hat, ist trotzdem nur schwer vorstellbar. Mit Franz Inauen besuchte letzte Woche einer die Tagesstätte, der genau das erklären konnte. Inauen selbst erhielt vor fünf Jahren die Diagnose Demenz und hat ein Buch über seine Gefühlswelt gemalt und geschrieben.
«Es hat gemalt»
Im ersten Urlaub nach der Diagnose habe ihm seine Frau ein leeres Ringbuch geschenkt, erzählt Franz Inauen. Erst sei er skeptisch gewesen, doch nach einer schlaflosen Nacht habe seine Hand einen Stift gepackt und auf einmal «hat es gemalt». «Zu jedem Bild schrieb ich danach ein Gedicht», so Inauen. Daraus entstanden ist das Buch «Demenz – Eins nach dem anderen», das er an diesem Nachmittag zusammen mit seiner Tochter den Freiwilligen und Mitarbeitenden des Aargauer Roten Kreuzes vorstellt.
Mit viel Humor präsentiert Inauen seine Kunstwerke und Poesie, deren Inhalt das Publikum merklich berührt. Wie es ihm denn gehe, wenn er eine schlechte Phase habe, möchte eine der Betreuerinnen bei der anschliessenden Fragerunde wissen. «Ich spüre eine Schwere, vergesse alles, kann nicht mehr denken. Ich weiss noch was vor zehn Jahren war, aber die Gegenwart geht unter», so der ehemalige Religionslehrer. Gutgemeinte Ratschläge aber auch die Nähe zur Familie ertrage er dann kaum. Geholfen habe ihm und seiner Familie der offene Umgang mit der Krankheit. «Wir sagen einfach wie es ist und wenn es schwierig wird, thematisieren wir das», erzählt seine Tochter.
«Ihr seid Gold wert»
Damit ist Inauen auch bei seinem ehemaligen Arbeitgeber gut gefahren. «Franz, das musst du nicht allein lösen», habe ihm sein Chef gesagt, als er von der Diagnose erzählt habe. So konnte er erst sein Pensum reduzieren und sich dann frühpensionieren lassen. Heute arbeitet der 68-Jährige zwei, drei Tage in der Woche als Gast im Garten einer Tagesstätte. Die Herausforderungen der freiwilligen Betreuerinnen und Betreuer in Frick sind ihm deshalb gut bekannt. «Man darf mir nicht wiedersprechen, sonst werde ich bockig», berichtet er schmunzelnd. Auch vor Neuem habe er oft Angst. Dass ihm an diesem Nachmittag so viele Betreuungspersonen zuhören, sei für ihn ein starkes Zeichen. «Ihr lasst Demenzkranke nicht allein. Ihr seid Gold wert für uns.» (mgt)