«Der Status quo ist keine Option»

  10.04.2018 Nordwestschweiz

Interview mit Anneliese Seiler, CEO des Gesundheitszentrums Fricktal

Die aktuellen gesundheitspolitischen Entwicklungen sprechen für Konzentration und Zentralisierung, sagt Anneliese Seiler im Interview mit der NFZ.

Valentin Zumsteg

NFZ: Frau Seiler, wieso kann das Spital Laufenburg nicht mehr so weitergeführt werden wie bisher?
Anneliese Seiler:
Die Abgänge von drei Kaderärzten so kurzfristig aufzufangen und qualifiziertes Personal zu rekrutieren, ist nicht realistisch – gerade im aktuellen gesundheitspolitischen Diskurs, der die ohnehin schon bestehende Rekrutierungsproblematik nochmals deutlich verschärft. Daher müssen wir uns zwingend neu aufstellen und dies möglichst zeitnah.

Sie prüfen zwei mögliche Szenarien, die markante Veränderungen bringen würden. Ist auch der Status quo eine Option?
Nein, denn mittelfristig kommen wir nicht darum herum, den gesundheitspolitischen Entwicklungen besser Rechnung zu tragen. Und die sprechen eine klare Sprache: hohe Versorgungsqualität bei mehr Wirtschaftlichkeit. Gerade im sehr kostenintensiven Operationsbereich müssen wir uns fragen: Werden wir längerfristig das nötige Wachstum verzeichnen, um die Infrastruktur optimal auszulasten? Erreichen wir auch bei allenfalls strikteren Anforderungen die nötigen Fallzahlen? Und schliesslich: Können wir auch die zukünftig nötigen Investitionen wirklich noch finanzieren? Diese Punkte sprechen für Konzentration, für Zentralisierung, für schlanke Prozesse und rasche Wege. So gewinnen wir entscheidend an Effektivität und Effizienz. Dadurch können wir unsere Kompetenzen besser bündeln, die Qualität nochmals steigern, einen entscheidenden Beitrag zur Kostensenkung im Gesundheitswesen leisten und unser Angebotsprofil auf dem Markt als Kompetenzzentrum besser schärfen. Die personellen Abgänge beschleunigen lediglich einen Veränderungsprozess, dem wir uns ohnehin nicht entziehen können. Denn wir möchten auch in Zukunft ein relevanter Partner rund um die Gesundheit sowie ein attraktiver, sicherer Arbeitgeber für die Menschen der Region Fricktal und darüber hinaus sein. Das Gesundheitswesen in der Schweiz verändert sich derzeit grundlegend – und wir wollen gemeinsam mit allen Akteuren und Partnern diesen Wandel positiv und aktiv mitgestalten. Wir sind zuversichtlich, damit wichtige Weichen für den nachhaltigen Erfolg des GZF zu stellen – damit wir weiterhin für die Menschen im Fricktal da sein können.

Welches Szenario bevorzugen Sie?
Der Verwaltungsrat hat die Geschäftsleitung damit beauftragt, in den kommenden Monaten zwei konkrete Szenarien zu prüfen (vgl. Text auf Seite 1; Anmerkung der Redaktion). Welches bevorzugt wird, können wir derzeit noch nicht sagen und wird sich erst nach eingehender Prüfung bis Ende Juni herauskristallisieren. Dies herauszufinden ist auch Ziel des Dialogs, den wir nun ganz intensiv mit unseren parlamentarischen und politischen Partnern, mit unseren Zuweisern, mit unseren Mitarbeitenden sowie mit weiteren Anspruchsgruppen und Partnern führen werden. Insbesondere auch ihre Anliegen sind bei dieser Entscheidungsfindung wichtig.

Ist das ein Abbau auf Raten?
Nein, wir machen uns ganz klar für ein zukunftsfähiges und nachhaltiges Modell und für die Menschen unserer Region stark.

Welche Auswirkungen auf die Arbeitsplätze am Spital Laufenburg wird das haben? Wird es Kündigungen geben?
Dazu können wir derzeit keine Aussage machen. Fest steht: Wir fühlen uns unserer Region, unseren Patienten und unseren Mitarbeitenden verpflichtet. Wir wollen mit unserer gewohnt hohen Versorgungsqualität das bisherige Vertrauen unserer Patienten weiter aufrechterhalten, dann ist es auch zweitrangig, an welchem Standort sie betreut werden. In Rheinfelden haben wir die Möglichkeit, die Bettenkapazitäten weiter zu erhöhen und so mehr Patienten aufzunehmen – und dazu braucht es selbstverständlich auch qualifiziertes und engagiertes Personal.

Per wann sollen die Änderungen erfolgen?
Ende Juni wird voraussichtlich entschieden, welches Szenario umgesetzt wird. Erst dann kennen wir auch den dazugehörigen Zeitplan.

Rechnen Sie mit Opposition?
Die bisher geführten Gespräche sowohl mit unseren Mitarbeitenden als auch mit externen Partnern stimmen uns zuversichtlich und zeigen sehr viel Wohlwollen gegenüber unserem Haus, was uns ausserordentlich freut. Am 23. April laden wir zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung ein. Alle Stimmen, selbstverständlich auch kritische, sind eingeladen, an diesem Dialog teilzunehmen und gemeinsam mit uns an einer guten Lösung mitzuarbeiten.

Wie geht es jetzt weiter?
Vorerst geht der Betrieb unverändert weiter. Das Spital Laufenburg bietet weiterhin sein vollumfängliches Leistungsspektrum im Rahmen seines Leistungsauftrages an. Nach der Informationsveranstaltung am 23. April werden wir separat mit all unseren Partnern in einen Dialog treten, um gemeinsam mit ihnen diesen Veränderungsprozess zu gestalten. Ein Entscheid wird per Ende Juni gefällt. Dann wissen wir, wie es weiter geht.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote