«Das dritte Training findet in der Beiz statt»

  29.04.2018 Magden

Markus Bötschi war dreissig Jahre lang Handballtrainer

Markus Bötschi ist ein Teamplayer. Seine Erfahrungen als Trainer kann der Magdener auch in seinem Berufsalltag nutzen.

Clara Rohr-Willers

Vor der Juch-Turnhalle treffe ich auf eine Magdener Handball-Legende: Markus Bötschi. In den dreissig Jahren als Trainer und zuvor selber als Handballspieler und Turner erlebte er ein Stück Sportgeschichte Magdens, das stellvertretend für viele Schweizer Dörfer steht. Auf dem Schulhausplatz sitzend berichtet Markus Bötschi über Zeiten, in denen die Magdener nur als Turner «aus dem Dorf kamen», wie zum Beispiel an Eidgenössischen Turnanlässen. Und über Zeiten, in denen das Handballgoal aus einer Barre bestand. Der vordere Holmen wurde hochgestellt und diente als Torlatte.

Markus Bötschi wuchs im Magden der Sechziger Jahre auf, mit rund 1100 Einwohnern. In der Schulstrasse und später in der Gründlerstrasse wohnte er mit seiner Mutter, Paula Bötschi-Lützelschwab, seinem Vater, Martin Bötschi sowie seiner jüngeren Schwester Brigitte Bötschi. Bis zum Schuleintritt bestand Markus Bötschis Leben ausschliesslich im Spielen mit anderen Kindern. «Wir gingen morgens raus und kehrten nur zu den Essenszeiten nach Hause zurück», erinnert sich der 60-jährige Handballtrainer und zweifache Vater.

Ein Kindergarten existierte zu dieser Zeit noch nicht. «Beliebt waren die so genannten Kämpfe, in denen das Unterdorf gegen das Oberdorf antrat», schildert Markus Bötschi. «Wenn einer einen gröberen Unsinn gemacht hat, kannte einen garantiert jemand, der einen zurechtwies.» Das Zurecht-Weisen wurde denn auch nicht als negativ empfunden, sondern vielmehr als natürliche soziale Kontrolle.

Zweitschnellster Schweizer des Jahrgangs auf 80 Metern
In den Sechziger Jahren genoss der Turnsport eine grosse Bedeutung in der Schweizer Bevölkerung. Ein Turner stand für Ehrgeiz, Durchhaltevermögen und war eine zu respektierende Person. Dementsprechend verfügte der Turnverein im Dorf über einen hohen Stellenwert.

Wie viele andere Magdener besuchte Markus Bötschi die Jugendriege, das einzige Freizeitangebot. In der Bezirksschule fiel er zunehmend durch herausragende sportliche Leistungen auf und brillierte an Schulmeisterschaften gleich in mehreren Disziplinen. «1972 war ich zweitschnellster Schweizer auf 80 Meter des Jahrgangs und Aargauer Meister auf 300 Meter.» Am Regionalturnfest sprang der damals 14-Jährige sechs Meter weit und imponierte dermassen, dass er am Nachmittag auch bei den Aktiven antreten konnte. Höhepunkt war zudem ein Leichtathletik-Meeting in Basel 1972. Magdens Oberturner Walter Holer begleitete Markus Bötschi und dessen Vater in die Stadt. «Alle Sportler traten in Nagelschuhen an und man machte sich über mich in meinen gewöhnlichen Schuhen lustig. Der Spott verging ihnen, als ich den 200-Meter-Lauf gewann.»

1973 spielte Markus Bötschi zum ersten Mal Handball. «Die junge Generation wollte lieber in einem Mannschaftssport trainieren als turnen», erinnert er sich. Ein Trend, der sich durchgesetzt habe. Im Turnverein entschied man sich schliesslich für den Ballsport.

Das Handballtraining fand im heutigen Gemeindesaal statt und die Fricktaler Meisterschaft im Freien. «Am Sonntagmorgen trafen wir uns nach der Kirche auf dem Teerplatz und traten gegen andere Fricktaler Mannschaften an.»

Als Pedro Dillier vom bekannten TV Möhlin nach Magden kam, spielte Markus Bötschi, gelernter Sanitär und Bauspengler, bis ins Alter von 26 Jahren in der 4. Liga. «Als Goal diente ein Barren und als Latte ein Holmen auf der höchsten Stufe», erinnert er sich schmunzelnd. «Das erste richtige Handball-Goal haben wir bei der Firma Ceresola selber gebaut.» Während Möhlin als grosse Ausnahme im Fricktal über eine eigene Turnhalle verfügte, spielten die Magdener bis zum Bau der Juch-Halle in «fremden» Hallen.

«In der Beiz trainierten wir den Teamgeist»
Eine Überbelastung des Knies zwang Markus Bötschi 1984 zum Aufgeben des Handball-Spiels und er übernahm das Trainer-Amt von Pedro Dillier. «Der Teamgeist ist das A und O.» Schon in den Achtzigerjahren leitete er in der 3. Liga eine Gruppe von 20bis 29-jährigen Sportlern und wurde mit einem grossen Altersunterschied konfrontiert. «Jeder Spieler, ob jung oder älter, verfügt über besondere Qualitäten», erklärt Markus Bötschi. Die Aufgabe des Trainers sei es, diese individuellen Eigenschaften jedem in der Mannschaft auf überzeugende Art und Weise zu vermitteln. «Mein wichtigster Ansprechpartner war immer der Captain der Mannschaft.» Ansonsten habe er auf die eigene Intuition und Taktik vertraut.

Berühmt wurde Markus Bötschi durch das schweizweit verteilte Heft «Handball» im Jahr 1995, als Magden erstmal in die erste Liga in der Halle aufgestiegen war. Auf die Frage nach der Anzahl wöchentlicher Trainings antwortete Markus Bötschi im Interview schmunzelnd: «Wir trainieren drei Mal die Woche. Das dritte Mal in der Beiz.» Zusammen bei einem Bier reden und lachen fördere den Teamgeist. Als der Gang in die Beiz in den Nuller-Jahren stets an Reiz verlor, lud er seine Spieler nach dem Training zu einem Bier in der Garderobe ein. Eine Tradition, die bis heute andauere. «Das Bedürfnis, zu reden, bleibt.»

Seit 20 Jahren fährt Markus Bötschi mit seinen Mannschaften nach Sölden ins Trainingslager. Auch die dreitägigen Abschlussreisen, die ihn schon nach London, Miami, Köln oder Slowenien geführt haben, seien unvergesslich. «Es geht um die Mannschaft – und um sich selber», schildert der Fricktaler. Mit anderen eine gute Zeit zu erleben schweisse zusammen. «Das Traineramt ist mein persönlicher sozialer Beitrag an das Dorf und bildet einen guten Ausgleich zum Beruf.» Die Erfahrungen als Trainer kämen ihm auch in seiner Führungsposition als Showraum-Leiter bei der Firma Richner AG zugute.

Vier Generationen von Magdener Handspallspielern hat Markus Bötschi schon trainiert. «Ich erfahre viel Dankbarkeit und Wertschätzung», sagt er an diesem lauen Frühlingsabend. «Gerade im Alter sind gute langjährige Bekanntschaften von grossem Wert.»


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