«Handgemachte Schokolade: von der Bohne bis zur Tafel»

  25.03.2018 Frick

Renata und Séverine Köhn gründeten vor drei Jahren ihre eigene Schokoladenmanufaktur

Das Mutter-Tochter-Gespann Renata und Séverine Köhn produziert sortenreine Schokolade in Kleinmengen von der Kakaobohne bis zur Tafel. Die Herausforderung liege darin, fructoseund lactosefreie Produkte herzustellen auf einem geschmacklich hohen Niveau.

Clara Rohr-Willers

Am Platanenweg 1 werde ich fröhlich von Renata und Séverine Köhn begrüsst. Die beiden Power-Frauen und Besitzerinnen der «Manufaktur Bamert» führen mich direkt in das Untergeschoss, wo sie ihre eigene Chocolaterie eingerichtet haben. Alles ist vorhanden: Von der Röstmaschine bis zum Melangeur.

«In Frick knüpfte ich schnell Kontakte zu anderen Menschen»
Renata Bamert, die als Kind im Damen-Fussballclub Niederurnen spielte, kennt die Welt der Süss- und Backwaren aus dem Effeff. Ihre Eltern besassen bis Ende der Achtziger Jahre die Bäckerei-Konditorei Bamert in Niederurnen im Kanton Glarus. Mit der bestandenen Meisterprüfung war die Bäckerin-Konditorin Renata Bamert 1985 erst die dritte Frau in der Schweiz mit diesem Titel.

In Niederurnen lernte sie ihren Mann, einen Theologen aus Oberfranken, kennen und zog mit ihm berufsbedingt nach Binningen (BL). «Die Anonymität dieser grossen und stadtnahen Gemeinde passte nicht zu mir», schildert Renata Köhn, «worauf wir 1994 ins Fricktal zogen». In Frick mit seinem überschaubaren Zentrum und der Nähe zur Natur knüpfte sie sofort Kontakt zu anderen Menschen. Nebst der Erziehung ihrer drei Kinder wirkte sie beim ökumenischen Mittagstisch mit und als Aktuarin in der Musikschulkommission. Auch arbeitete sie Teilzeit bei Bio-Inspecta und gab Backkurse im Mühlerama Tiefenbrunnen. Von 2005 bis 2017 arbeitete sie schliesslich für den «Schülermittagstisch Frick».

«Ich machte aus der Not eine Tugend»
2010 litt Renata Köhn unter Bauchschmerzen und erhielt die Diagnose einer Fruchtzuckerintoleranz. «Ich wollte Schokolade und Süsswaren nicht missen», so die 57-jährige Fricktalerin. Also machte sie aus der Not eine Tugend. Als die Töchter Séverine und Célestine Köhn ihr zu Weihnachten 2014 Kakaobohnen schenkten, griff sie zum Mixer und machte sich ans Werk.

Später entdeckten Renata und Séverine Köhn auf dem Fairtrade-Markt neben der Biofachmesse in Stuttgart einen Stand von Dr. Arno Wielgoss. Der Tropenbiologe ist Gründungsmitglied des gemeinnützigen Vereins «Frederic – Hilfe für Peru» und der Kakaokooperative «APECMU». «Seit 15 Jahren unterstützt er die Bauern in der Provinz «La Convención» in Peru, um den Anbau und die Qualität von Kakaobohnen nachhaltig zu verbessern», schildert Renata Köhn. «Uns überzeugte vor allem, dass Dr. Arno Wielgoss jedes Jahr vor Ort ist und sowohl die Produktion als auch die Ernte begleitet», sagt Séverine Köhn. Faire Arbeitsbedingungen und biologischer Anbau seien von grosser Bedeutung.

«Früher arbeitete ich mit Schokolade, ohne deren Herkunft zu kennen»
In ihrem Niederurner Familienbetrieb arbeitete Renata Köhn vor 40 Jahren mit Schokolade, ohne deren Herkunft zu kennen. «Wir kauften die Schokolade fixfertig ein, so wie das heute noch die meisten Schokoladenverarbeiter tun», schildert die 57-jährige Manufakturbesitzerin. Diese haben zwar jeweils eigene Formen für Osterhasen oder Pralinen, die Schokolade jedoch kaufen sie ein. «In der Manufaktur hingegen stellen wir alles selber her: von der Bohne bis zur Tafel», so die charismatische Unternehmerin. Sie offeriert mir ein Stück schwarze Schokolade, die mit biozertifizierter Reissüsse aus Pakistan gesüsst wurde. Geschmacklich eine Köstlichkeit.

«Je nach Röstprofil entfaltet die Kakaobohne faszinierende Aromen, die industriell nicht entstehen können»
Die vielschichtig zusammengesetzten Aromen der Kakaobohne entstünden durch verschiedene Einflüsse: die Sorte, die Ursprungsregion, die Wachstumsbedingungen und den Herstellungsprozess der Schokolade. Der hochwertige und sortenreine Edelkakao der Manufaktur Bamert stammt aus dem Urabambatal im Bergregenwald Perus, wo die «Chuncho»-Bohne angebaut wird. Diese Bohne sei eine lokale Variation der «Criollo» und wachse auch heute ganz urtümlich in Mischkulturen auf, welche eine hohe Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren beherbergen.

Einmal in der Woche rösten Renata und Séverine Köhn eine frische Charge roher Kakaobohnen. «Je nach Röstprofil entfalten sich komplexe und faszinierende Aromen, die nicht mit einer industriell hergestellten Schokolade assoziiert werden können», erklärt Renata Köhn. Die ausgekühlten Bohnen werden zu Nibs gebrochen, wobei sich die Schalenteile lösen und anschliessend durch ein Sieb sortiert werden. In einem Melangeur werden die Nibs anschliessend mit der Reissüsse bis zu 24 Stunden gemahlen und conchiert. «Die frische Schokolade temperieren und schöpfen wir von Hand, wodurch jede Tafel einzigartig wird», schildert Séverine Köhn und übergibt mir einen Steckbrief mit einem Aroma-Rad. Auf diesem kann die Kundschaft den Schokoladengenuss selber beurteilen. Für den Vergleich zwischen Schokolade mit oder ohne Röstung reichen die Geschmackskriterien von blumigen (Jasmin, Orangenblüte) bis zu fruchtigen Noten (Rosinen, Pflaume). «Durch den Einfluss des Röstens und des Conchierens werden jeweils unterschiedliche Noten betont und können geschmacklich zum Beispiel mit Kaffee, gerösteten Mandeln oder Caramel assoziiert werden», so Renata Köhn.

«Die Leute in der Nordwestschweiz sind experimentierfreudig»
«Im ersten Jahr verarbeiteten wir 100kg Kakaobohnen, im zweiten waren es schon 250 kg», sagt Séverine Köhn strahlend. Die Menschen in der Nordwestschweiz seien experimentierfreudig. «Jeden ersten Samstag im Monat stehen wir am Jura-Markt in der Basler Markthalle und begegnen interessierten Kunden», schildert Séverine Köhn, die neben der Manufaktur als freischaffende Grafikerin arbeitet. Es seien Kundinnen und Kunden, die keine Kinderarbeit goutierten und Handarbeit wertschätzten. «Heute kann man dank des Internets die genaue Herkunft eines Produkts zurückverfolgen», erklärt Renata Köhn. «Menschen in der Nordwestschweiz legen auch einen grossen Wert auf regionale Produkte», so die Unternehmerin und dreifache Mutter.

Erhältlich sind die Erzeugnisse der Manufaktur Bamert im Biohaus Frick, im Claro Weltladen St. Gallen, in der Drogerie Neumarkt Brugg, bei Libergy in Dietikon, im Milchhüsli «RegioBale» in Allschwil, am Jura-Markt in der Basler Markthalle und am Meck Samstagsmarkt in Frick. Auch über Internet kann man die feinen Produkte beziehen.

www.manufakturbamert.ch


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