«Ich habe meinen Freunden gesagt, dass ich nichts Besseres bin»

  08.02.2018 Rheinfelden

Raoul Petretta, 20, Profifussballer beim FC Basel aus Badisch-Rheinfelden

Der junge Raoul Petretta aus Badisch-Rheinfelden spielt seit einem Jahr in der Ersten Mannschaft des FC Basel. Im Schweizer Topverein ist er, seit er sechs Jahre alt ist. Noch heute sieht er sich aber Heimspiele des FSV Rheinfelden an.

Boris Burkhardt

Wie er beim FC Basel begonnen hat, daran hat Raoul Petretta nicht mehr wirklich Erinnerungen. Denn damals war er gerade sechs Jahre alt: «Ich hatte damals keine Ahnung, was Basel oder der FCB sind, als ich mit meinem Vater dorthin ins Probetraining ging», weiss er allerdings noch. Entdeckt wurde der Bub während eines Hallenspiels des SC Rheinfelden in der badischen Schwesterstadt – denn dort spielte er bereits drei Jahre lang. Diese Zeit ist lange her: Den SC Rheinfelden gibt es nicht mehr. Petretta, heute 20 Jahre alt, steht seit dem 16. Februar 2017 in der Ersten Mannschaft des FCB unter Vertrag, schoss am 14. Oktober sein erstes Tor gegen den FC Lugano und tritt am 13. Februar vermutlich gegen Manchester United an. Sein aktueller Marktwert liegt laut transfermarkt.de bei 750 000 Euro.

Mit 16 Jahren sei ihm erstmals bewusstgeworden, dass er sich nun Gedanken über seine Karriere machen müsse, sagt Petretta. Er entschied sich für die Profikarriere als Fussballer: «Ich wusste, dass es hart wird, aber irgendwann merkte ich, dass ich es schaffen kann.» Seit der U12 spielt Petretta im linken Mittelfeld; in der U15/16 machte er allerdings auch Erfahrungen als Linksverteidiger. Auch in der Ersten Mannschaft spielt er heute hinten links. Schon mit sieben, acht Jahren trainierte Petretta beim FCB viermal in der Woche.

Menschen wie Du und Ich
Die Gertrud-Luckner-Realschule in Badisch-Rheinfelden schloss er wie andere Schüler ab, danach war er für ein Jahr auf der Privatschule Minerva Basel, wo sich der Unterricht an die Trainingszeiten anpasste: «Ich war in einer Klasse nur mit FCB-Spielern», lacht Petretta. Mit den Profis des besten Schweizer Clubs zusammenzusein, ist so, wie Petretta es sich vorgestellt hat: «Das sind alles normale Menschen.» Bei seinem ersten Tor im Oktober habe er sich einige Sprüche anhören müssen und sei den Kollegen noch einen Apéro schuldig, erzählt er.

Petretta wohnt seit vergangenem Jahr in einer Spielerwohnung des FCB; zuvor lebte er bei seinen Eltern in Rheinfelden. Dorthin kommt er auch heute noch zurück, wenn er nachmittags frei hat. Sein altes Zimmer ist noch für ihn da, wie er erzählt. Seine Freizeit verbringe er mit seinen Freunden und seinem zwei Jahre älteren Bruder, der noch beim SV Nollingen spiele. «Ich habe mich nicht verändert; in meiner Familie hat sich nichts verändert», versichert Petretta. Noch immer schaue er sich die Spiele seines Bruders in der Kreisliga A an, gelegentlich auch Spiele des FSV Rheinfelden, zu dem der SC Rheinfelden 2012 mit dem VfR Rheinfelden fusionierte. Auch im Umgang mit seinen Freunden sei alles wie vorher, versichert Petretta: «Vielleicht zahle ich heute eine Runde mehr wie die anderen; aber ich habe ihnen klar gesagt, dass ich nichts Besseres bin.» Petretta erzählt, wie er vor einigen Jahren einem Profispieler des SC Freiburg begegnet sei und wie arrogant er dessen Auftreten empfunden habe: «So wollte ich nie werden.»

Kader der italienischen U21-Nationalmannschaft
Petretta hat keine deutsche Staatsbürgerschaft, auch wenn das immer wieder kolportiert wird. Seine Mutter ist aus Badisch-Rheinfelden und aufgewachsen in Zell im Wiesental. Sie ist wie sein Vater und er selbst aber Italiener. Tatsächlich ist Petretta seit einigen Monaten im Kader der italienischen U21-Nationalmannschaft. Bisher hat er noch keine Spiele absolviert, aber er hofft natürlich auf eine Nominierung zur U21-EM 2019. Bis zum ersten Spiel in der A-Nationalmannschaft dürfen sich Fussballer noch für eine andere Nation entscheiden, aber Petretta hat derzeit kein Interesse, die deutsche oder gar die schweizerische Staatsbürgerschaft zu erwerben. Die verpasste WM seiner Nationalmannschaft macht Petretta traurig, aber er sieht darin auch eine Chance für die jüngeren Spieler der U21-Mannschaft wie sich selbst.

Petretta ist sich des Problems vieler Profifussballer bewusst, die zu spät über einen Brotverdienst nach der aktiven Karriere nachdenken. «Mit 20 ist es noch zu früh, darüber nachzudenken, aber ich weiss, wie wichtig rechtzeitige Planung ist.» Sein erster Vertrag in der Ersten Mannschaft des FCB läuft bis 2020. Natürlich seien Vereine wie der FC Bayern, der FC Barcelona oder Real Madrid ein Traum für jeden Fussballer, sagt er: «Wenn ein Bundesligaverein anfragt, ist es schwer abzusagen.» Aber darüber denke er nicht nach: «Ich fühle noch genug Herausforderungen in der Super League.» Falls er aber einmal zu einem anderen europäischen Verein wechseln würde, sein Bruder habe bereits angekündigt, mit ihm dorthin zu ziehen, sagt Petretta und schmunzelt.


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