Kantonalbanken und das Bankgeheimnis im Inland
31.01.2018 NordwestschweizZum Jahreswechsel haben die Kunden diverser Kantonalbanken die überraschende Mitteilung erhalten, dass sie ab sofort bei Geschäften mit Auslandsbezug die Bank von der Einhaltung des Bankgeheimnisses entbinden müssten.
Konkret ging es um die Änderung der «Allgemeinen Geschäftsbedingungen», also um das sogenannte Kleingedruckte, das zum integrierenden Bestandteil einer vertraglichen Geschäftsbeziehung mit der Bank gehört. Vielen Kunden sind diese Regularien egal und sie kümmern sich nicht näher darum. Nicht so hingegen ein Kunde der Aargauischen Kantonalbank, der sich mit folgender Bemerkung an mich wandte: «Was ich in der Zuschrift der AKB, die ich mit Datum vom 31.12.2017 zusammen mit den Jahresabschlüssen erhalten habe, zur Kenntnis nehmen musste, hat mir die Sprache verschlagen.» Er verwies auf die Ziffern 20 und 21 der neuen Geschäftsbedingungen, worin explizit zu lesen ist: «Der Kunde entbindet hiermit die Bank von den Geheimhaltungspflichten und verzichtet auf das Bankkundengeheimnis bei Transaktionen und Dienstleistungen, insbesondere wenn diese einen Auslandbezug aufweisen.»
Was gilt in Sachen Bankkundengeheimnis?
Ähnliche Schreiben sind auch von anderen Kantonalbanken verschickt worden und haben für Aufregung gesorgt. Etwas vorgesorgt hatte diesbezüglich die Zürcher Kantonalbank. Sie hat dem Schreiben gleich ein Formular beigefügt, worauf die Kunden unterschriftlich ihre Zustimmung erteilen konnten. Was also ist in die Kantonalbanken gefahren? Natürlich gelten für sie und ihre Kunden nicht andere Rechte und Pflichten als bei allen übrigen Schweizer Banken. Aber die Schweiz hat doch – auf massiven Druck aus dem Ausland – auf anfangs 2017 nun den automatischen Informationsaustausch mit dem Ausland (AIA) eingeführt. Das heisst, das Bankkundengeheimnis gilt seither nur für Kunden mit Wohnsitz im Ausland nicht mehr. Hingegen gilt es weiterhin für Kunden mit Wohnsitz in der Schweiz, wenn sie Konten und Depots auf inländischen Banken halten. Haben sie solche Werte aber auf Finanzinstituten im Ausland, unterliegen sie einem analogen AIA, jedenfalls wenn es sich um Länder handelt, mit denen die Schweiz bereits AIA-Vereinbarungen abgeschlossen hat. Das sind derzeit etwa 100 Staaten. Doch warum denn das Vorpreschen der Kantonalbanken mit ihren neuen Geschäftsbedingungen, wenn das Bankgeheimnis im Inland gar nicht betroffen ist?
Das sagt NR Thomas Matter
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass im Jahre 2014 die Volks-initiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre» eingereicht wurde, deren Urheber der Zürcher SVP-Nationalrat und Bankunternehmer Thomas Matter war. Mit der Initiative sollte im Zuge der Einführung des automatischen Informationsaustausches gegenüber dem Ausland das im Inland verbleibende Bankkundengeheimnis gestärkt und auf Verfassungsebene verankert werden. Inzwischen ist die Initiative zurückgezogen worden, weil die eidg. Räte einer Verschärfung des Steuerstrafrechts und damit der Aufweichung des Bankgeheimnisses im Inland den Riegel geschoben haben. Was meint nun Thomas Matter zu den aktuellen Bestrebungen der Kantonalbanken, sich von ihren Inlandkunden bezüglich Geheimhaltungspflichten entbinden zu lassen? Auf Anfrage erklärte er: «Eine Bank hat das Recht, ihre Geschäftsbedingungen so zu formulieren, wie sie es für richtig hält. Der Kunde wiederum hat das Recht, neue Geschäftsbedingungen abzulehnen. In diesem Fall muss sich die Bank an das Bankgeheimnis halten. Will sie das nicht, kann sie den Kunden auffordern, die Bankbeziehung zu beenden. Das war allerdings früher schon so, nur standen damals die Kundeninteressen bei den Banken noch im Vordergrund.» Die massiven Bussen, die den Schweizerbanken wegen des früheren Auslandkundenschutzes insbesondere seitens der USA auferlegt wurden, haben diesen Gesinnungswandel herbeigeführt. Doch ausgerechnet die USA haben sich bis anhin standhaft geweigert, den AIA-Standard selber zu übernehmen…
Zurückhaltung bei Auslandbörsen-Geschäften
Wer seine Bankbeziehung mit einer Kantonalbank oder mit anderen Banken, die deren Beispiel folgen werden, nicht aufs Spiel setzen will, dem bleibt nichts anderes übrig, als die neuen Geschäftsbedingungen zu akzeptieren. Und ich gehe davon aus, dass ein grosser Teil der Schweizerbanken dem Beispiel von AKB bis ZKB folgen wird. Die Privatsphäre ihrer Kunden ist offensichtlich zweitrangig geworden. Aber die Preisgabe des inländischen Bankkundenschutzes ist an eine klare Voraussetzung gebunden. Es muss sich um Dienstleistungen und Transaktionen mit eindeutigem Auslandbezug handeln. Im Vordergrund stehen dabei ausländische Vermögenswerte, die über ausländische Börsenplätze gehandelt werden. Wer nicht will, dass sein Name und seine Bankbeziehung im Zusammenhang mit solchen Geschäften ausländischen Behörden gemeldet werden können, der sollte tunlichst auf Transaktionen via ausländische Finanzplätze verzichten. Natürlich ist der aktuelle Informationsstand unbefriedigend. Wie steht es mit Auslandaktien, die auch an der Schweizerbörse gehandelt werden, wie mit Anleihen und strukturierten Produkten, die auf EUR oder USD lauten, wie mit Edelmetallen, die sich nicht physisch in der Schweiz befinden? Das Eidg. Finanzdepartement ist aufgefordert, möglichst rasch zur Klärung dieses unbefriedigenden Wissensstandes beizutragen.