Plötzlich Preisträgerin

  14.08.2017 Elfingen, Persönlich, Oberes Fricktal, Porträt

Von Remo Welte

«Ich bin überhaupt kein Stadtmensch. Ich mag das nicht, da fühle ich mich wie eingeklemmt», erzählt Zollinger, während sie aus dem Fenster schaut. Hinter dem Haus haben sie eine Menge Platz, inklusive Blick auf die Obstbaumwiese. Es passt in das Bild. Ihre Kindheit verbrachte die 31-Jährige im ländlichen Schwaderloch. Später zieht es sie nach Kaisten, ehe sie nun seit etwas mehr als zwei Jahren mit ihrem Partner in Elfingen wohnt.

Hobby-Künstlerin

Seit Corinne Zollinger einen Stift halten kann, malt sie. Das künstlerische Gen hat sie von ihrer Mutter geerbt: «Sie hat früher viel gemalt, als Kind habe ich das gesehen und übernommen.» Sie ist aber keine professionelle Künstlerin. Umso beachtlicher ist der Gewinn des Preises an diesem internationalen Wettbewerb. Sie machte nach der obligatorischen Schulzeit zwar einen Vorkurs zu einer Kunstausbildung, diese trat sie aber nie an: «Die angebotenen Fachrichtungen reizten mich nicht. Ich bevorzuge die traditionellen Medien.» Die neuen Medien, mit welchen beispielsweise Grafiker arbeiten, interessieren sie zu wenig. So kam es, dass sie stattdessen eine Lehre zur Zierpflanzengärtnerin absolvierte. Danach zog es sie von der Pflanzen- in die Tierwelt. Als Zweitlehre machte sie eine Ausbildung zur Tierpflegerin. Seit beinahe sieben Jahren arbeitet sie nun im Zoo Basel. Momentan ist  sie aber in reduziertem Pensum beschäftigt, da sie und ihr Partner bald ihr erstes Kind erwarten.

Tierfreundin durch und durch

Auch zu Hause pflegt Zollinger einen kleinen Zoo. Die 2 Katzen, 5 Hühner und 2 Bartagamen brauchen ebenfalls viel Aufmerksamkeit – und Platz. Auch das ist ein Vorteil ihrer Wohnlage. Wenn sie gerade nicht mit den Tieren beschäftigt ist, macht sie Kunst. Sei es malen, Skulpturen erstellen oder auch mal Holzschnitzen. Sie probiert immer wieder Neues aus. Unabhängig von dem Medium, spielen Tiere auch bei ihrer Kunst eine grosse Rolle. Ihre Werke orientieren sich häufig an der Natur. Inspiration holt sie sich aber nicht nur bei ihrer täglichen Arbeit im Zoo: «Tiere direkt in der Natur zu beobachten ist die beste Inspiration. Man lernt sie in ihrer natürlichen Umgebung kennen.» So sei es ihr beispielsweise auf ihrer Reise nach Botswana gegangen. Besonders die afrikanische Tierwelt hat es ihr angetan.  Die Skulptur, mit der Zollinger in der Kategorie «Earth’s Beautiful Creatures» gewann, stellte dann auch ein solches Tier dar, den Kaffernbüffel. Realitätsgetreu hat sie zudem auf dem Rücken des Büffels kleine Vögel, die sogenannten Madenhacker, dargestellt.

Preis als Motivationsspritze

Dass sie den Preis gewonnen hat, überraschte sie. Sie habe immer das Gefühl gehabt, mit ihrer Hobby-Kunst nicht gegen die anderen Künstler anzukommen. Gleich bei ihrer ersten Teilnahme an einem Wettbewerb gewann sie nun: «Das gibt mir vor allem einen Motivationsschub und zeigt mir, dass meine Kunst wertgeschätzt wird.» Trotzdem bleibt Zollinger bescheiden: «Ich hätte mich selbst nicht als Gewinnerin auserkoren, es hatte so viele schöne Kunstwerke.» Die Jury habe wohl nach etwas Speziellem gesucht – und sei bei ihr fündig geworden. Der Wettbewerb in London sucht genau die Art von Kunst, welche sie macht. Man kann bis zu fünf Einsendungen machen, Zollinger liess den Veranstaltern drei ihrer Kunstwerke zukommen. Neben der Skulptur des Büffels noch ein Bild einer Löwin sowie eines Leoparden. In die Ausstellung der besten 163 Werke schaffte es aber «nur» die Büffel-Skulptur. Für den Kategorien-Sieg erhielt Zollinger 500 Pfund Preisgeld. Alle Werke, die es in die Ausstellung in London schafften, wurden zum Verkauf angeboten. Die Skulptur von Zollinger war innert wenigen Stunden verkauft. Die Hälfte der Einnahmen des Veranstalters durch die Verkäufe kommen Projekten zugute, die Wildtiere in Afrika und Asien unterstützen. «Es ist ein schöner Nebeneffekt und es freut mich natürlich, dass ich mit meiner Kunst sogar noch etwas für die Wildtiere machen kann», fügt sie an.

An die Kinder weitergeben

Nächstes Jahr will Zollinger sicherlich wieder am Wettbewerb teilnehmen: «Toll wäre, wenn es wieder eines meiner Werke an die Ausstellung schaffen würde.» Zudem ist es ein grosses Ziel für Zollinger, in der Schweiz etwas Ähnliches zu lancieren, wie es der Wettbewerb in England bereits ist. Sie könnte sich auch vorstellen, eine eigene Ausstellung zu machen: «Dafür bräuchte ich aber mehr Werke oder andere Künstler, die mitmachen», sagt Zollinger. «Da die Wildlife- Kunst in England ein grösseres Publikum findet als in der Schweiz, könnte ich mir auch vorstellen, dort eine Ausstellung zu machen», schiebt sie nach. Deswegen hofft sie auch, eine Art Botschafterin zu sein: «Es wäre schön, wenn sich andere Künstler finden lassen, die das gleiche Problem haben mit ihrer Kunst. Vielleicht kann man sich ja zusammentun.» Wie viel Zeit sie auch in Zukunft in die Kunst investieren könne, ist unklar. Das Kind werde sicherlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Dabei hofft sie, den gleichen Effekt auf ihr Kind zu haben, wie ihre Mutter auf sie selbst hatte: «Ich hoffe, ich kann das Künstlergen und die Freude an Tieren und der Natur an meine Kinder weitergeben.»


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