Boss ist sein eigener Chef

  18.06.2015 Densbüren, Porträt, Landwirtschaft, Oberes Fricktal, Wirtschaft, Persönlich

Damals wollte er nichts von der Landwirtschaft wissen. Fabian Boss sitzt im Garten beim Bauernhof auf dem Strihen, wo er aufgewachsen ist. Hinter ihm eine fantastische Aussicht auf die Felder, die grünen Hügel und das Dorf im Tal. Kaum zu glauben, dass man hier nicht arbeiten möchte. Mit seinen 867 Metern ist der Strihen der höchste, vollständig im Kanton Aargau liegende Berg.

Er habe eben lieber der Mutter im Haushalt geholfen, als draussen im Stall und auf dem Feld dem Vater, erklärt der 25-Jährige. Statt in die Fussstapfen der Eltern zu treten und eine Ausbildung in der Landwirtschaft zu durchlaufen, begann er also eine Lehre als Chemie- und Pharmatechnologe. Nach der Lehre wollte er aber nicht mehr auf seinem Beruf weiterarbeiten.

Er begann für Lohnunternehmen zu arbeiten. «Das Traktorfahren gefiel mir», sagt er lachend. Und er begann sich immer stärker für die Landwirtschaft zu interessieren. «Ich habe gesehen, wie frei Bauern eigentlich sind», erklärt er. So absolvierte er eine landwirtschaftliche Lehre. Dafür verbrachte er ein Jahr in Fribourg und ein Jahre in Lanquart auf einem Hof.

Letzten Sommer hat er die Ausbildung abgeschlossen und führt seither den elterlichen Hof mit seinem zwei Jahre älteren Bruder. Nächstes Jahr wollen sie ihn ganz von ihrem Vater übernehmen. Sein Bruder ist Landmaschinen-Mechaniker und macht derzeit noch die Handelsschule. «Wir ergänzen uns gut», sagt Fabian Boss. Alleine würde er den Betrieb nicht übernehmen, meint er. Es brauche einen Partner oder eine Partnerin. Fabian Boss kann aber noch auf weitere Unterstützung zählen: «Wir haben viele Freunde, die uns helfen», erklärt er.

 

Neue Generation, neue Ausrichtung

Mit der jungen Generation, die übernimmt, ändert sich auch die Ausrichtung. Die beiden Brüder wollen vermehrt auf Direktvermarktung setzen. Der Landwirtschaftsbetrieb auf dem Strihen umfasst 33 Hektaren und konzentriert sich auf Mutterkuh-Haltung. In Rüfenach haben die beiden noch einen Ackerbau-Betrieb in Pacht. Den Futtermittelbedarf für das Vieh, darunter Futtermais, decken die beiden zu 98 Prozent aus der eigenen Produktion. Die neuen Wege schlägt Fabian Boss einerseits ein, damit er den Preis selber bestimmen kann und nicht dem schwankenden Preis unterliegt, den die Grossverteiler festsetzen. Andererseits sei es doch gut zu wissen, woher das Fleisch auf dem Teller stammt, findet er. Fabian Boss will auf lange Transportwege verzichten. Das Fleisch wird von einem Metzger im Fricktal verarbeitet. Überhaupt ist ihm ein ethischer Umgang mit den Tieren wichtig. Auch wenn diese einst geschlachtet werden, er hat sie gern. Sein Bruder sagt denn auch mit einem Lachen: «Fabian ist der ‹Chüehli›-Flüsterer und ich der Mann für die Maschinen. Ihm gehorchen die Tiere, mir nicht.» Derzeit sind es 24 Kühe und 20 Jungtiere, die auf dem Strihen weiden. Zukünftig will Fabian Boss einen Hofladen eröffnen. Auch ein Fleischomat im Dorf ist geplant: Frisches Fleisch zu jeder Uhrzeit durch Münzeinwurf.

Angst davor, mit Traditionen zu brechen, hat Fabian Boss nicht. «Unser Vater war selber schon immer innovativ, das hat er uns mitgegeben. Er lässt uns auch tun, was wir für richtig halten», erklärt er. Der 53-Jährige Vater führt noch ein eigenes Geschäft, deshalb kommt es bereits jetzt zu einer Nachfolgeregelung.

 

Bauer, Skater und Musikveranstalter

«Wir sind vielleicht nicht die typischen Bauern», sagt Fabian Boss, als das Gespräch auf seine Hobby schweift. Er ist ein leidenschaftlicher Skater und Snowboarder. Auf dem Grundstück haben sie dafür eine eigene kleine Rampe gebaut, wo sie ihren Spass ausleben. Fabian Boss war auch Gründungsmitglied des Sicht Feld Openairs, das Fricktaler Openair, welches vor vier Jahren ins Leben gerufen wurde und die ersten beiden Male auf dem Land der Familie Boss auf dem Strihen stattgefunden hat, bevor es an den heutigen Standort in Hornussen verlegt wurde. Einige Künstler aus dem Ausland wurden sogar bei der Grossmutter untergebracht und von einem Cousin mit auf eine Sightseeing-Tour im Fricktal genommen. «Es war toll, diese Künstler zuhause zu haben», erinnert sich Fabian Boss. Und: «Es gab mir ein gutes Gefühl, bei den Konzerten am Abend zu sehen, was wir mit den Kollegen auf die Beine gestellt haben.»

Fabian Boss fühlt sich als Fricktaler hier oben auf dem Strihen, in der Gemeinde Densbüren, die politisch bereits zum Bezirk Aarau gehört. «Es ist einer der schönsten Orte im Fricktal», meint er beim Gang über die Weide seiner Kühe. Ohne Zweifel. Und er scheint dabei glücklich über den Entscheid, heute hier zu arbeiten. Nicht nur weil Boss sein eigener Chef ist. Was fehlt, sei eine Gondelbahn hier hoch, sagt er mit einem Zwinkern.


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