Ein bunter Vogel

  30.01.2015 Natur, Porträt, Zeihen

1950 im solothurnischen Bucheggberg in eine Bauern- und Uhrmacherfamilie geboren, bildete sich Rolf Lanz in Grindelwald zum Koch und in Bern zum Kellner aus, um nach absolvierter Rekrutenschule neun Jahre lang die Welt zu bereisen, vorwiegend Asien. 1979 zurück, kaufte er sich seinen ersten Bürostuhl, einen Holzstuhl von Coop, und gründete in Zürich die erste Videothek des Landes, «Nordvideo» an der Nordstrasse.

Der Stuhl hatte es in sich, denn Schlag auf Schlag gründete er auf diesem soliden Holzsitz sieben Filialen und die bis 90 Seiten starke Zeitschrift «Video Time» im Eigenverlag, deren Inhalte er selber schrieb und sie erst verhökerte, als er zusammen mit einem Freund 1982 neue Wege ging: In der Firma Highlight Communications AG in Pratteln, heute ein internationales börsennotiertes Medienunternehmen, arbeitete er 33 Jahre lang als Kadermitglied.

«Ich war ein Draufgänger, ein Workaholic und arbeitete immer unter Volldampf», sagt er. Ein Ventil war ihm der Sport: So besass er das Trainerdiplom im Fussball und führte eine Damen-Mannschaft zum Schweizer Cupsieg. Das Trainerdiplom hatte er auch im Boxen und brachte den einstigen Schweizer Profiboxer Stefan Anghern, auch eine schillernde Figur, zum Schweizermeister. Heute betreibt er intensiv Squash.

Doch irgendwann wurde es zu viel, sein Körper revoltierte. «Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich musste mein Leben ändern.» Das tat er, nachhaltig. Er verabschiedete sich nach und nach von der digitalen Welt, wandte sich der Natur zu, zog 1996 nach Frankreich, heiratete und begann mit dem Aufbau eines kleinen Vogelparks, während seine Frau Bernhardiner züchtete. 2012 kehrten sie in die Schweiz zurück, auf einen schön gelegenen Bauernhof im Wynental, den sie nicht nur mit Bernhardinerhunden, sondern auch mit Engadinerschafen, Gallowayrindern, Katzen, Hühnern und Kaninchen bevölkerten und rund 80 Obstbäume pflegten. «Unsere Philosophie ist es, unsere Produkte wie Fleisch, Äpfel und Kirschen mit so wenig Giftstoffen und Medikamenten wie möglich zu vermarkten, ohne Label, sondern ganz einfach vom Hof», so Rolf Lanz.

Auf der Suche nach einem geeigneten Vogelparkgelände wurde er im Fricktal fündig, in der Wohn- und Gewerbezone eingangs Zeihen, wo er bereits ab 2011 auf 3000 Quadratmetern den Park aufzubauen begann; er steht kurz vor der Vollendung. Zentrale Elemente des Parks sind die Zuchtvoliere und die grosse Flugvolière «Südamerika». Der Aufbau sei harte Arbeit, mühsamer jedoch sei der ganze Papierkram darum herum:  Wildtierhaltebewilligung, Zuchtbewilligung, Sachkundeausweis, Exportbewilligung, Importbewilligung, 12 bis 46 Papiere sind nötig – pro Vogel, versteht sich.

«Der Vogelpark ist nicht Selbstzweck. Ich versuche mit der Zucht, bedrohte Vögel vom Aussterben zu bewahren. Wir sind im europäischen Zuchtbuch des Ara Ambigua als Züchter eingetragen und haben schon verschiedene Jungtiere mit Zoos in Europa getauscht», sagte Rolf Lanz.

Bis zu 300 exotische Vögel von rund 50 verschiedenen Arten und Unterarten sollen im «Vogelpark Ambigua» heimisch werden: Aras, Kakadus, Sittiche und andere Exoten, aber auch Appenzeller Spitzhaubenhühner, die gemäss Pro Specia Rara zu den gefährdeten Tierrassen in der Schweiz zählen. Der Namensgeber des Vogelparks, der Ara Ambigua, steht unter Artenschutz. In seinem Ursprungsgebiet in Costa Rica gibt es nur noch wenige frei lebende Exemplare. Das Ziel von Rolf Lanz ist es, in rund zwei Jahren zwei Jungpaare auszuwildern. «Wir müssen auf diese Weise in den Kreislauf der Natur eingreifen», sagt er, «denn wir sind es ja, die diesen Exoten den Lebensraum wegnehmen, innert der vergangenen 40 Jahre rund die Hälfte des von ihnen bevölkerten Urwaldes.»

Der Ara Ambigua ist aus einem besonderen Grund Namensgeber. Er verkörpert für Rolf Lanz das ganze Verständnis der Parkhaltung: In Deutsch bedeutet der Name «Grosser grüner Soldat». Der Ara ist grün – der Natur angepasst. «Viele knallige Farben wie Rot, Blau, Weiss sind eigentlich nicht natürlich, sondern vom Menschen heraus gezüchtet. Ich möchte aber möglichst die Wildfarben, die Naturfarben, erhalten.»

Diese Philosophie will er auch im zukünftigen Vogelpark weitergeben: «Auf unseren Führungen beschäftigen wir uns mit Papageien, Sittichen und dem Artenschutz. Wir lassen die Vögel den Menschen ganz nahe kommen.» Rolf Lanz wird auch Workshops über  Haltung und Ernährung geben. Viele Vögel würden falsch gehalten, weiss er. Sie sollten jederzeit nach draussen können, auch im Winter. Viele Vögel würden auch falsch gefüttert, nähmen zu und könnten dann nicht mehr fliegen. Was ihnen guttut, sind Nüsse (aber keine Erdnüsse), Körner, Früchte, Beeren, Gemüse und tierische Fette. Lanz wird in seinem Vogelpark ganzjährig Führungen für Firmen, Vereine, Gruppen und Schulen abhalten.

Übrigens: Den mehrfach reparierten Holzstuhl hat er im Jahre 2012 weggeschmissen, weil er sich dauernd die Hosen daran zerschliss.


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