Wirtschaftspolitik made in USA
03.09.2024 WirtschaftDIE WIRTSCHAFT SIND WIR
Unsere amerikanischen Freunde sind uns Europäern in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich: Wir alle leben in einer Demokratie, haben eine gut ausgebildete Bevölkerung, pflegen einen westlichen Lebensstil und verfügen über ...
DIE WIRTSCHAFT SIND WIR
Unsere amerikanischen Freunde sind uns Europäern in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich: Wir alle leben in einer Demokratie, haben eine gut ausgebildete Bevölkerung, pflegen einen westlichen Lebensstil und verfügen über funktionierende Institutionen. Wirtschaftlich hängt aber Amerika Europa seit der Finanzkrise ab.
Noch im Jahr 2008 lag die Wirtschaftsleistung pro Kopf in Europas führender Wirtschaft, Deutschland, mit $45 612 praktisch gleich auf mit den Vereinigten Staaten ($48 570). Dann aber haben die Amerikaner den Turbo gezündet. Sie wuchsen bis im letzten Jahr um 68% auf $81 695. Deutschland dümpelte im gleichen Zeitraum mit nur 16% Wachstum vor sich hin ($52 746). Extrapoliert in die Zukunft wird der Abstand zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland im Jahr 2060 gleich gross sein wie heute zwischen Deutschland und Argentinien. ¡Ay, caramba!
Und die Schweiz? Sie liegt mit 35% Wachstum seit der Finanzkrise irgendwo dazwischen – und ist natürlich mit aktuell $99 995 grundsätzlich auf höherem Niveau. Aber auch die Schweiz wird von den USA abgehängt. Ohne Veränderung der aktuellen Rahmenbedingungen wird die Schweiz in der Wirtschaftsleistung pro Kopf im Jahr 2037 von Amerika überholt.
Hier zeigt sich, was gute Wirtschaftspolitik ausmacht: Amerika investiert 3,5% der Wirtschaftsleistung in Forschung und Entwicklung, Europa nur 2,1%. So besitzen amerikanische Firmen 22% aller Patente weltweit – mehr als Deutschland und China zusammen. Amerika hat sich in den letzten zwei Dekaden dank Innovationen in der Rohstoffgewinnung energieunabhängig gemacht – Europa ist aktuell auf amerikanische Notlieferungen von LNG (Flüssigerdgas) angewiesen. Weltklasse Institutionen und verlässliche Regulierung im Kapitalmarkt führen dazu, dass die Hälfte des weltweiten Venture Capitals in amerikanische Startups fliesst. Und schliesslich erlaubt Amerikas dynamischer Arbeitsmarkt eine kontinuierliche Verschiebung der Arbeitskräfte in produktivere und somit besser bezahlte Jobs.
Wir mögen dieser Tage mit etwas Befremdung auf Amerikas Wahlkampf schauen. Aber in Sachen Wirtschaftspolitik können wir einiges von unseren amerikanischen Freunden lernen.
In der Kolumne «Die Wirtschaft sind wir» beschreibt der Ökonom und
Unternehmensberater Niklaus Leemann, wie die Wirtschaft fester Bestandteil unserer Gesellschaft und unseres
Lebens ist.