Uralte Ammoniten und farbige Phantasietiere
25.09.2023 HerznachSusi Kramer stellt im Herznacher Bergwerk aus
Kunst ist für sie Alltagleben. Auch mit 76 Jahren ist Susi Kramer fast täglich in ihrem Atelier in Oberhof tätig – «beseelt von Ideen». Sie experimentiert gerne mit verschieden Materialien; verbindet und ...
Susi Kramer stellt im Herznacher Bergwerk aus
Kunst ist für sie Alltagleben. Auch mit 76 Jahren ist Susi Kramer fast täglich in ihrem Atelier in Oberhof tätig – «beseelt von Ideen». Sie experimentiert gerne mit verschieden Materialien; verbindet und spielt mit Formen, Farben und Licht.
Karin Pfister
165 Millionen Jahre lagen sie versteckt unter der Erde, am Meeresboden des Jurameers, nun stehen sie im Mittelpunkt von Kunstobjekten. Susi Kramer verbindet für ihr neustes Projekt Ammoniten aus Herznach mit moderner Acrylglas-Kunst. Für ihr aktuelles Werk arbeitet die Künstlerin, die unter anderem für ihre farbigen Stelen bekannt ist, mit Würfeln. Diese sind viereckig und die Kleinsten sind etwas grösser als eine Hand. Sie sehen aus wie ein kleines Aquarium. Beim Blick hinein entdecken die Betrachtenden Ammoniten oder Erz aus Herznach, umgeben von verschiedenen andern Materialien; am häufigsten tauchen farbige Phantasietiere aus Acrylglas-Folie auf. Aber auch Pflanzen – Ginko oder Buchsblätter – sowie die Malerei finden ihren Platz in den durchsichtigen Würfeln. Die Arbeit an den Kuben erfordert Konzentration und Genauigkeit; erst beim Giessen entscheidet sich, ob das Werk gelungen ist.
Garten als Wunderland
Die Blätter stammen aus dem Garten hinter ihrem Atelier in Oberhof. Rund 1000 Buchsbäume hat Susi Kramer angepflanzt als sie vor 30 Jahren im Fricktal sesshaft wurde. Den Garten bezeichnet sie als Wunderland. Zwischen den immergrünen Buchsbäumen in allen Grössen und Formen stehen fröhlich ihre farbigen Stelen. Vom Atelier aus sieht sie auf die Wohnung, in der ihre Eltern gelebt haben, als sie geboren wurde. Sie ist danach in Frick aufgewachsen, später wanderte sie zusammen mit ihrem Mann ins ehemalige Persien aus. In Teheran besuchte sie eine Malschule und stellte ihre Bilder aus. Einige Jahre danach folgte ein mehrjähriger Aufenthalt in Hongkong. Susi Kramer erinnert sich: «Am Anfang waren mir die vielen Eindrücke dieser schnelllebigen Stadt fast zu viel.» Später arbeitete sie in Aarau. Vor dem Umzug nach Oberhof habe sie damals Respekt gehabt. «Ich hatte mein Atelier vorher beim Kiff und genoss die dynamische Atmosphäre in der Nähe von Musikerinnen und Musikern.»
Schon längst ist sie im Fricktal angekommen, geniesst die Kreativität des Dorfes, den Wald, die Natur und die Landschaft. Die Malerei, die Objekte aus Acrylglas, der grosse Garten, die Familie und der Alltag – für Susi Kramer gehört alles zusammen, fliesst ineinander über. Sie befindet sich im 76. Altersjahr und ihre Schaffenskraft ist ungebrochen. «Langweilig ist mir nie, ich habe immer Ideen», sagt sie, auch wenn sie zwischendurch gerne einfach so im Atelier sitze, ohne an einem konkreten Werk zu arbeiten. Einen Teil des Jahres verbringt sie in ihren Ateliers in Paris und in Südfrankreich, wo die Malerei im Mittelpunkt steht.
Als Kind Versteinerungen gesucht
Die Künstlerin Susi Kramer, das sind eigentlich zwei Personen. Nicht nur privat, sondern auch beruflich immer an ihrer Seite ist Ehemann Hans. Der ehemalige Ingenieur hat schon vor vier Jahrzehnten, als Teilzeitarbeit bei Männern kaum ein Thema war, sein Arbeitspensum auf 40 Prozent reduziert, um freie Energie für Susi Kramers Kunstprojekte zu haben. Hans Kramer ist fürs Administrative zuständig – «dieser Bereich wird immer mehr und mehr» – und er ist der Techniker. Hans Kramer giesst die Würfel aus
Acrylglas; er weiss, welchen Härtegrad es für welche Schicht braucht und wie lange die Objekte danach noch in den Spezial-Ofen müssen. Zum Abschluss müssen die Würfel geschnitten und poliert werden.
Rund 25 Objekte – ihre bekannten Stelen sowie die neuen Würfel mit den Ammoniten im Mittelpunkt – wird Susi Kramer in Herznach der Öffentlichkeit vorstellen. «Zu Versteinerungen haben ich eine frühe Beziehung. Als Kind wanderten wir oft auf die Ruine Thiersteinberg und ich suchte zusammen mit meinem Vater nach Versteinerungen.» Die Verbindung der 165 Millionen Jahre alten Steine mit moderner, farbenfrohen Kunst fasziniere sie. «Mit meinen Gedanken und Ideen möchte ich die uralten Ammoniten zum Leben erwecken.»
Mit den Werken von Susi Kramer wird die diesjährige Saison im Bergwerk Herznach abgeschlossen. Die Vernissage findet am 1. Oktober, von 11 bis 18 Uhr im Stollen beim Bergwerk statt (Laudatio mit Ortrud Gysi um 12 Uhr).