Telefonratgeber: Viel Alkohol – keine Strafe?
04.12.2025 RatgeberFrage: Nach dem letzten Vereinsfest hatte ich mit einem Freund abgemacht, bei ihm zu übernachten. Weil ich darauf zählte, liess ich es mir beim Feiern gut gehen. Als ich am späteren Abend nach meinem Freund suchte, war er schon weg. In meiner Not wollte ich selbst nach Hause fahren – wurde aber mit 3,1 ‰ von der Polizei angehalten. Bin ich zu betrunken, um bestraft zu werden?
Antwort: Grundsätzlich ja – aber mit wichtigen Einschränkungen: Für eine Bestrafung wegen Fahren in angetrunkenem Zustand (FiaZ) verlangt das Gesetz, dass Sie schuldfähig sind. Gemäss Gerichtspraxis fehlt diese Schuldfähigkeit ab einem Blutalkoholwert von mehr als 3 Promille meist vollständig. Wer also mit so viel Alkohol im Blut fährt, wird nicht wegen einem FiaZ bestraft – vorausgesetzt, er oder sie hat nicht schon vor dem Trinken beabsichtigt zu fahren oder damit rechnen müssen, später den Heimweg antreten zu müssen. In Ihrem Fall spricht alles dafür, dass Sie wirklich davon ausgehen konnten, Ihr Freund nehme Sie mit und Ihre Trunkenheitsfahrt war nicht absehbar. Ganz straffrei kommen Sie aber nicht davon: Eine Verurteilung wegen «selbstverschuldeter Unzurechnungsfähigkeit» nach Art. 263 StGB bleibt möglich. Diese ist keine Verkehrsregelverletzung, sondern eine eigenständige Straftat. Ein Führerausweisentzug folgt daraus zwar nicht automatisch. Doch Ihr Recht, weiterzufahren, ist dennoch blockiert: Wer mit mehr als 1,6 ‰ kontrolliert wird, gilt als möglicher Alkoholabhängiger. Die Behörden ordnen daher eine medizinische Abklärung an. Bis deren Ausgang feststeht, bleibt Ihr Führerausweis beschlagnahmt – unabhängig von der Strafe. Fazit: Wer sich betrinkt und unerwartet das Steuer übernimmt, kann zwar nach Art. 263 StGB milder bestraft werden, doch der Führerausweis bleibt vorerst weg.
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