Frage: Bei einem Spaziergang plagte mich der Hunger. Zufällig entdeckte ich einen Apfelbaum, der direkt am Gehweg stand – zwar auf Privatgrund, aber nicht eingezäunt. Einige Zweige mit wunderschönen Äpfeln ragten sogar bis aufs Trottoir. Da diese Früchte ...
Frage: Bei einem Spaziergang plagte mich der Hunger. Zufällig entdeckte ich einen Apfelbaum, der direkt am Gehweg stand – zwar auf Privatgrund, aber nicht eingezäunt. Einige Zweige mit wunderschönen Äpfeln ragten sogar bis aufs Trottoir. Da diese Früchte nicht mehr auf dem Grundstück hingen, habe ich beherzt zugegriffen. Habe ich mich damit strafbar gemacht?
Antwort: Ja, das haben Sie. Gerade im Herbst verlocken die reifen Früchte an Bäumen und Sträuchern am Wegesrand. Doch rechtlich gilt: Was auf fremdem Grund wächst – sei es Apfel, Birne oder Beere – gehört dem Eigentümer des Grundstücks. Ihm steht das alleinige Nutzungsrecht zu: Er darf die Früchte pflücken, verschenken oder verfaulen lassen – ganz wie er will. Ein fehlender Zaun ändert daran überhaupt nichts. Auch wenn die Äste über den Gehweg ragen oder die Früchte herunterfallen und auf öffentlichem Grund liegen, machen Sie sich durch das Mitnehmen strafbar. Das Gesetz spricht hier von Diebstahl.
Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Eigentümer erkennbar auf sein Recht verzichtet. Beispielsweise mit einem Schild «Bedienen Sie sich!». Daneben existiert das sogenannte Anriesrecht: Ragen Äste eines Baumes über die Grundstücksgrenze, dürfen Sie als Nachbar die darauf wachsenden Früchte pflücken – sofern sich Ihr Grundstück im Baugebiet befindet. Dem Kanton steht es aber offen, hiervon abweichende Vorschriften zu erlassen.
Anders verhält es sich bei Wäldern und öffentlichen Flächen. In der Schweiz ist das Sammeln von Pilzen und Beeren zum Eigengebrauch im ortsüblichen Rahmen grundsätzlich erlaubt. Hier gilt jedoch: Kein Sammeln in Naturschutzgebieten, keine geschützten Arten pflücken, und auf lokale Vorschriften zu Schonzeiten und Mengen achten.
Kurz: Die Versuchung ist gross – doch greifen Sie nur zu, wenn wirklich erlaubt. Sonst kann der kleine Snack zum juristischen Biss in den sauren Apfel werden.
Haben Sie eine juristische Frage?
Unsere Rechtsexperten sind jeden Mittwoch zwischen 13 und 14 Uhr unter der Telefonnummer 062 871 75 75 für Sie da. Sie können Ihre Frage auch mailen an nfzratgeber@wehrlipartner.ch