Frage: Mein Freund Daniel wurde zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Er hatte nicht genügend Geld, um diese rechtzeitig zu bezahlen und es drohte eine Umwandlung der Geldstrafe in eine Gefängnisstrafe. Er bot mir deshalb ein antikes Gemälde weit unter dem Wert zum Kauf ...
Frage: Mein Freund Daniel wurde zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Er hatte nicht genügend Geld, um diese rechtzeitig zu bezahlen und es drohte eine Umwandlung der Geldstrafe in eine Gefängnisstrafe. Er bot mir deshalb ein antikes Gemälde weit unter dem Wert zum Kauf an. Zuerst wollte ich nicht, habe ihm dann aber auf sein Bitten hin das Gemälde doch abgekauft. Vor zwei Tagen hat Daniel nun sein Gemälde zurückverlangt. Er habe es viel zu billig verkauft. Muss ich das Gemälde zurückgeben?
Antwort: Ja. In Ihrem Fall liegt eine sogenannte Übervorteilung vor. Eine solche besteht, wenn ein deutliches Missverhältnis zwischen den vereinbarten Leistungen besteht und eine Partei sich in einer Notlage befindet. Diese Voraussetzungen waren bei Ihrem Kauf erfüllt. Sie haben nur die Hälfte des Marktpreises bezahlt. Hinzu kommt die Notlage Ihres Freundes, welcher unbedingt Geld benötigte und nur deshalb den sehr tiefen Kaufpreis vorgeschlagen hat. Sie wussten, dass der Verkauf des Bildes sein letzter Ausweg war, da er in der ihm kurzen verbleibenden Zeit keinen anderen Käufer finden würde. Ihnen war auch bewusst, dass Sie durch das Geschäft ein «Schnäppchen» machen. Daran ändert nichts, dass Sie keine bösen Absichten hegten und zunächst das Gemälde gar nicht kaufen wollten. Ebenso spielt keine Rolle, von wem die Initiative für den Gemäldeverkauf ausging. Die Übervorteilung stellt einen Willensmangel dar. Als Folge davon kann Daniel den Vertrag für ungültig erklären. Dies hat er bereits getan, indem er das Gemälde zurückforderte. Der Vertrag ist somit nichtig und ist so zu betrachten, wie wenn er niemals bestanden hätte. Folglich sind Sie unrechtmässiger Besitzer des Bildes und müssen es dem Eigentümer (Daniel) zurückgeben. Im Gegenzug haben Sie selbstverständlich Anspruch auf die Rückerstattung des Kaufpreises.
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