Sisseln schrumpft
02.05.2025 SisselnTrotzdem ist die Überbauung der «Lehmgrube» umstritten
Sie war schon vor 30 Jahren ein Thema, jetzt, wo ihre Auszonung droht, soll die «Lehmgrube» endlich überbaut werden. Der Gemeinderat ist dafür, viele andere sind skeptisch – am ...
Trotzdem ist die Überbauung der «Lehmgrube» umstritten
Sie war schon vor 30 Jahren ein Thema, jetzt, wo ihre Auszonung droht, soll die «Lehmgrube» endlich überbaut werden. Der Gemeinderat ist dafür, viele andere sind skeptisch – am Mittwochabend wurde über Pro und Contra diskutiert.
Simone Rufli
Eigentümer der «Lehmgrube» sind die Einwohnergemeinde Sisseln (76%) und die Naturenergie Holding (24%). Das Land soll nicht verkauft, sondern im Baurecht abgegeben und mit Mehrfamilienhäusern verdichtet überbaut werden. Das Ziel, so Gemeindeammann Rainer Schaub, seien langfristige Einnahmen mit guter Rendite. Die Losinger Marazzi AG sei bereit, im Baurecht, mit Vorleistung und auf eigenes Risiko das Projekt anzugehen. Entstehen soll auf rund 40 000 Quadratmetern ein Quartier mit rund 200 Wohnungen (Eigentum und Miete) für mehr als 600 Bewohner, inklusive Dienstleistungsangebot. Gebaut würde in Etappen in den Jahren 2030 bis 2039. Die Einwohner begleiten die Planung und müssen am Ende die Baurechtsverträge genehmigen. Für die Erschliessung und Bebauung ist ein Gestaltungsplan erforderlich.
Sisseln schrumpft
Ob die Entwicklung des Sisslerfelds in Sisseln selbst zu einem erhöhten Wohnraumbedarf führen wird, darüber gingen die Meinungen am Mittwochabend in der bis auf den letzten Stuhl gefüllten Turnhalle auseinander. Einigkeit herrschte hingegen darüber, dass in Sisseln Wohnraum fehlt. Weder ältere Menschen, die ihre Häuser in jüngere Hände übergeben möchten, noch junge Erwachsene, die aus dem Elternhaus ausziehen, finden im Dorf Wohnraum. «Bei uns hat man zwei Möglichkeiten», meinte der Gemeindeammann: «Entweder man meldet sich für eine Wohnung im Wohnblock an oder man hat 1,5 bis 2 Millionen Franken zur Hand, um etwas Bestehendes zu kaufen.» Wie akut die Situation ist, zeigt sich in der Statistik: Aktuell leben in Sisseln gegen 1600 Menschen – rund 100 Personen weniger als vor drei Jahren. «Sisseln schrumpft!», warnte Schaub. Es gehe darum, den Abbau zu stoppen. Die Infrastruktur der Gemeinde verkrafte bis zu 2500 Personen. Ein schnelles Wachstum koste mehr, als dass es einer Gemeinde bringe, wurde argumentiert. Der Steuerfuss könnte ansteigen. Hunderte Zuzüger könnten das Sicherheitsempfinden beeinträchtigen und die Verkehrsachsen zusätzlich belasten. Abgesehen davon müssten nachfolgende Generationen auch noch bauen können. Es wurde davor gewarnt, hochwertiges Landwirtschaftsland zu verbauen und geraten, wenn schon, dann die «Lehmgrube» nur teilweise zu überbauen.
Riesiger Vermögensverlust
Sisselns Bau- und Nutzungsordnung mit dem Zonenplan stammt aus dem Jahr 2016. Bei einem Planungshorizont von 15 Jahren steht die nächste Überarbeitung im Jahr 2030 an.
Gemeinden müssen Baulandreserven erschliessen, um eine Auszonung bei der nächsten BNO-Revision zu verhindern. «Bei einem geschätzten Wert zwischen 20 und 30 Millionen Franken würde eine Auszonung der Lehmgrube für Sisseln einen riesigen Vermögensverlust bedeuten», so Schaub. Das sei reiner Buchwert, argumentierten Votanten. Schaub entgegnete: «Fricktaler Gemeinden mit wirtschaftlichem Entwicklungsschwerpunkt – allen voran Rheinfelden, Kaiseraugst, Frick – würden sich freuen, wenn wir auszonen müssten. Dann käme die entsprechende Fläche in den Regionalen Siedlungstopf, aus dem sie sich dann bedienen könnten.» Sisseln würde für seinen Verlust nicht einmal entschädigt.