Seltsame Art von Politik
19.06.2025 LeserbriefeAm Beispiel der Bezahlkarte für geflüchtete Menschen lässt sich schnell erkennen, wie die SVP-FDP gegenwärtig im Grossen Rat politisiert. Nicht etwa streng rechtsbürgerlich, sondern in erster Linie faktenresistent und spalterisch. Ein Vorstoss, der noch im letzten Herbst abgelehnt wurde, wird im Wissen um die neue Mehrheit, wie so viele andere einfach nochmals eingereicht. Die SVP-FDP begründet dies mit dem Wählerwillen. Ich persönlich glaube nicht, dass die Mehrheit der Aargauerinnen und Aargauer tatsächlich eine realitätsfremde und rein gefühlsgetriebene Politik will. Kompromiss, Verständigung und die Berücksichtigung von Fachwissen wohl eher. Zurück zum Beispiel. Die Bezahlkarte, das zeigt sich im Ausland, ist untauglich und bringt gemessen an den Kosten und der Bürokratie gerade im Aargau mit minimalen Sozialhilfeansätzen keinen Nutzen, für niemanden. Im Gegenteil, das Leben von Menschen wird massiv eingeschränkt, um sich damit zu profilieren. Es gibt keine Statistik dafür, wie viel Geld in die Heimatländer geflüchteter Menschen fliesst. Weder die Schweiz noch andere Länder haben spezifische Zahlen. International liegen Länder wie Indien, Mexiko oder die Philippinen vorne, nichts mit Asylsozialhilfe aus dem Aargau also. Keine Fakten, nur Behauptungen. Wer Geld an Verwandte schickt, tut dies auch nicht mit den 9 Franken Verpflegungsgeld, sondern mit dem Lohn aus Erwerbstätigkeit oder durch Schulden bei anderen. Alltägliche Realität, auch im Aargau. Wer nun gerne noch anfügt, dass durch die Bezahlkarte weniger Menschen in «den Aargau flüchten» oder ihn bei der Wohnsitzwahl umgehen würden, hat schlicht keine Ahnung. Flucht ist nie freiwillig. Umstände, die hierzulande die Wenigsten und mit Sicherheit nicht die SVP-FDP nachvollziehen können, zwingen Millionen von Menschen dazu. Sie haben keine andere Wahl. So wie auch nicht bei der «Wohnsitzwahl» oder der Entscheidung, ob man die kranke Mutter oder den hungernden Bruder finanziell unterstützt. Das glauben nur diejenigen, die denken Flucht sei ein Ferienreisli, das man einfach mal aus Jux mache. Es bleibt zu hoffen, dass sich die verantwortungsbewussten Menschen in den konservativ-liberalen Kreisen ein Herz fassen und diese verblendete Irrfahrt ihrer angeblichen Fraktion im Grossen Rat entlarven.
ROLF SCHMID, GROSSRAT SP & PRÄSIDENT NETZWERK ASYL AARGAU