Identität

Dr. med. Hanspeter Flury, EMBA HSG, Facharzt Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Chefarzt und Klinikdirektor Schützen Rheinfelden

Identitäts-Themen finden zurzeit viel Aufmerksamkeit in Medien und in der öffentlichen Diskussion, in Zusammenhang mit Migration, Genderthemen und Sexualität. Dabei werden Identitäts-Themen häufig nicht einfach reflektiert und im Diskurs geklärt, sondern sie scheinen mehr und mehr zu vorschnellen polarisierten Positionsbezügen einzuladen.

Dabei ist seit jeher die Identität von Menschen für sie selbst und für andere ein unverkennbarer Wesenskern, der, je nach Individuum, kultureller und sozialer Einbettung und geschichtlicher Periode, mehr oder weniger bewusst sein mag. Doch was macht Identität aus? Wodurch ist sie bestimmt und beeinflusst? Durch Veranlagung, Herkunft, eigene Entscheidungen im Leben, die eigene Lebensgestaltung? Durch den Lebensraum, dessen Landschaft und Architektur? Durch Zuschreibungen anderer Menschen, familiäre und gesellschaftliche Einflüsse, soziale Kontakte? Wie wandelbar, wie verhandelbar ist Identität? Wie drückt sie sich aus, wie wird sie inszeniert, wie wird im sozialen Dialog darauf geantwortet? Und wie wirken sich heute, in unserer westlich geprägten Kultur, der kulturelle Wandel und die steigende Bedeutung sozialer Medien auf den normativen und gesellschaftlichen Spielraum von Identität aus? Fragen nach der Identität von Menschen sind jedoch nicht nur philosophisch, gesellschaftlich-politisch und sozial bedeutsam. Die eigene Identität ist für jeden Menschen im Laufe seiner Entwicklung und seines ganzen Lebens etwas Zentrales und als Ausdruck seines individuellen Selbst- und Weltverständnisses zu verstehen.

Auch medizinisch ist das Thema relevant. Ungelöste Identitätsfragen liegen vielen psychischen und psychosomatischen Krankheiten wie Angstzuständen oder Depressionen zugrunde, beispielsweise als Ausdruck von ungelösten Sinn- und Lebenskrisen, Entscheidungs- und Beziehungsschwierigkeiten oder Herausforderungen in lebensphasischen Übergängen wie der Adoleszenz, dem Erwachsenwerden eigener Kinder oder der Pensionierung. Diese Themen im Verlauf von Behandlungen und Psychotherapien anzugehen, mildert nicht nur Krankheitssymptome und das Leiden Betroffener, sondern fördert auch deren persönliche Entwicklung und Weltbezug, und es bereichert ihre Beziehungen und die Lebensqualität.

Das Thema «Identität» im umfassenden Sinn wird im Zentrum der diesjährigen Reihe «Flying Science» im Hotel Eden an vier Vorträgen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Am Dienstag, 15. August 2023, spricht Aita Flury, Architektin ETH, Zürich, über «Architektonische Identität». Am Dienstag, 22. August 2023 vertieft Dr. med. Hanspeter Flury, Facharzt Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Chefarzt und Klinikdirektor Klinik Schützen Rheinfelden, das angespielte Thema «Identität – aus psychotherapeutischer Sicht». Am Dienstag, 29. August 2023 widmet sich Christine Maier, Dipl. Biologin SVU, Zürich, dem Thema «Landschaft im Kopf. Landschaft und Identität». Und am Dienstag, 5. September 2023 behandelt Dr. Anelis Kaiser Trujillo, Genderforscherin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, das Thema «Von der Geschlechterdifferenzforschung zum non-binären Gender. Wie die Hirnforschung ‹Geschlecht› untersucht». Eine interessante Auswahl, die die Vielfalt der Aspekte des Themas «Identität» aufscheinen lässt und die Reflexion darüber anregen wird.

Zum Rahmen: vier Vorträge im Park des Hotels Eden Rheinfelden (bzw. bei unsicherem Wetter im Hotel Schützen Rheinfelden), jeweils um 19 Uhr (Referat 30 Min., anschliessend Apéro; unentgeltliche Teilnahme; keine Anmeldung erforderlich).