Nein zur Erhöhung des Steuerfusses
28.11.2024 Wallbach, GemeindeversammlungSchon im Vorfeld wurde heftig diskutiert: Kann sich Wallbach ein Festhalten am Steuerfuss von 95 Prozent leisten? Der Gemeinderat meinte Nein und verwies auf dringende Investitionen. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger waren gegenteiliger Meinung – und an der Gemeindeversammlung ...
Schon im Vorfeld wurde heftig diskutiert: Kann sich Wallbach ein Festhalten am Steuerfuss von 95 Prozent leisten? Der Gemeinderat meinte Nein und verwies auf dringende Investitionen. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger waren gegenteiliger Meinung – und an der Gemeindeversammlung erfolgreich damit.
Edi Strub
Der Gemeindesaal in Wallbach war bis auf den letzten Platz besetzt, als Frau Gemeindeammann Marion Wegner-Hänggi am Montagabend die mit Spannung erwartete Gemeindeversammlung eröffnete. Viele standen sogar entlang der Seitenwände. Wegner-Hänggi bat um Sachlichkeit und gegenseitigen Respekt, auch wenn man verschiedener Meinung sei. Diese Grundsätze seien in den letzten Tagen vor allem in den sozialen Medien wiederholt nicht beachtet worden. Der Gemeinderat und die Angestellten der Gemeinde seien zum Teil übel beschimpft worden – häufig anonym im Internet. Wenn das so weiter gehe, könne es schwierig werden, neue Gemeinderäte und Gemeinderätinnen zu finden, meinte Wegner-Hänggi. Das Amt eines Gemeinderats auszuüben, sei zeitraubend. Zudem bescheiden entlöhnt. Da komme es schlecht an, auch noch respektlos behandelt zu werden.
Es drohen wachsende Schulden
Die Diskussionen an der Gemeindeversammlung verliefen dann aber sehr gesittet und ohne böse Worte. In der Sache wurde dennoch hart diskutiert. Insbesondere über die Frage, ob der Steuerfuss bei 95 Prozent bleiben könne oder wieder auf 100 Prozent erhöht werden müsse; ausserdem über die Vorschläge, einige der geplanten Investitionen aufzuschieben. Selbst mit einem auf 100 Prozent erhöhten Steuerfuss rechnete der Gemeinderat im kommenden Jahr mit einem ansehnlichen Fehlbetrag in der Rechnung. Als Wallbach 2022 den Steuerfuss auf 95 Prozent senkte, hatte die Gemeinde noch ein (kleines) Nettovermögen. Nun drohen der Gemeinde jedoch wachsende Schulden. Im Jahr 2029 sollen es bereits über 1500 Franken pro Einwohner sein.
Die Gegner einer Steuererhöhung argumentierten, dass es möglich sei, Auslagen zu reduzieren, indem zum Beispiel die geplante Sanierung der Rheinstrasse um ein paar Jahre verschoben werde. Marion Wegner-Hänggi und ihre Kollegen hielten dagegen. Gewisse Dinge könnten einfach nicht aufgeschoben werden, so zum Beispiel der Ersatz und der Ausbau der Wasserleitung ab
Flösserweg. Die Aargauische Gebäudeversicherung habe darauf hingewiesen, dass diese Wasserleitung im heutigen Zustand ungenügend sei für den Löschschutz im Industrie- und Gewerbegebiet. Und es mache keinen Sinn, zuerst diese Leitung zu erneuern und erst ein paar Jahre später die ganze Strasse zu sanieren. Da werde alles nur noch teurer. Man habe in vielen Bereichen zu sparen versucht: Kein Trampolin für den Spielplatz, kein Sonnenschutz im Schulhaus und keinen Seniorenausf lug mehr für Wallbacher unter siebzig Jahren. Andere Ausgaben stiegen aber unentwegt. Zum Beispiel jene für die älteren Leute in den Heimen oder die Löhne der Lehrkräfte. Ausserdem nähmen die Steuereinnahmen zum Teil ab, weil ältere Einwohner nur noch wenig zahlten, da sie sich ihre Pensionsgelder vor Jahren haben auszahlen lassen.
Am Schluss blieb es dann – mit klarer Mehrheit – beim 95 Prozent-Steuerfuss und kleineren Korrekturen bezüglich Investitionen. So wurde zum Beispiel auf Antrag eines Bürgers auf die Anschaffung eines Notstromaggregats für das Grundwasserpumpwerk Chisholz verzichtet. Einsparung: eine viertel Million Franken.
Mehrere Gemeinderäte treten nicht mehr an
Am Schluss appellierte Frau Gemeindeammann Wegner-Hänggi an die Bürger, sich zu melden, falls sie sich für ein Amt in der Gemeinde zur Verfügung stellen möchten. Drei (Roland Jegge, Jris Pümpin Reiffer und Werner Bitter) von fünf Gemeinderäten treten nicht mehr an und müssen bei den Wahlen im Sommer durch frische Kräfte ersetzt werden. Das sei keine leichte Aufgabe.