Der Strassenmeister aus dem Fricktal auf neuen Pfaden
Roland Jegge aus Wallbach: Fast dreissig Jahre war die Landstrasse sein Revier. Jetzt geht er in Pension.
Ronny Wittenwiler
Nicht allein seiner auffallend leuchtenden Jacke wegen. Auch sonst war Roland Jegge ...
Der Strassenmeister aus dem Fricktal auf neuen Pfaden
Roland Jegge aus Wallbach: Fast dreissig Jahre war die Landstrasse sein Revier. Jetzt geht er in Pension.
Ronny Wittenwiler
Nicht allein seiner auffallend leuchtenden Jacke wegen. Auch sonst war Roland Jegge beileibe nicht zu übersehen. «Er ist ein Berg von einem Mann, oder ein Bär, wenn man so will», schrieb die NFZ vor über zehn Jahren in einem Portrait über ihn. Und: Auch sei er einer, der das Herz auf der Zunge trage und dabei stets die Strasse im Kopf habe.
Mit Leidenschaft
Hier, auf den Fricktaler Verbindungsrouten war die letzten fast dreissig Jahre denn auch sein Revier. Die Kantonsstrasse war sein Arbeitsplatz, von Kaiseraugst bis Laufenburg, bis Bözberg, Staffelegg und Benken genauso wie entlang der Kantonsgrenze zum Baselbiet. Kurz vor seiner Pensionierung trifft die NFZ den Strassenmeister Jegge noch einmal und er wählt für diesen Termin einen seiner liebsten Plätze aus: die Möhliner Höhe.
Frühmorgens, bei Bise und schäbigen 2 Grad, erzählt Jegge mit einem breiten Grinsen, wie heiss und innig er seinen Job mochte. «Ich habe ihn geliebt, ich habe ihn gelebt.» Mit seinem Team vom kantonalen Werkhof war Jegge für Unterhalt und Betriebssicherheit der Kantonsstrassen im Fricktal verantwortlich. Da stellt sich die Frage, ob er denn überhaupt je an einem Arbeitstag mal ohne Auto unterwegs gewesen sei. Er überlegt kurz, schmunzelt dann und meint: «Ich glaube nicht.» Tatsächlich ist Jegge in seiner Funktion als Strassenmeister in etwas mehr als achtundzwanzig Jahren stets auf Achse, er habe es sich mal ausgerechnet. Es müssten etwa gut 500 000 Kilometer gewesen sein. Selbstverständlich aber reicht allein das nicht aus – wer schon die Landstrasse als sein Revier bezeichnen darf, hat als Kantonsverantwortlicher auch entsprechend immer wieder Büroarbeit vor der Brust. Und doch, auch das ist typisch Jegge: «In all den Jahren bin ich aber immer Strassenmeister gewesen und kein Büromeister.» Das Hemdsärmelige behagte ihm eher. Und dafür steht er jetzt bei seinem Abschied noch immer ein: «Ich bin überzeugt, wir haben hier den abwechslungsreichsten und interessantesten Job überhaupt. Du hast mit Signalisationen zu tun, mit umgefahrenen Tafeln, mit Schäden allgemein, angefahrenen Brückengeländern und, und, und – das hört fast nicht auf.»
Die neue Verantwortung für das elf köpfige Team vom kantonalen Strassenunterhalt im Fricktal übernimmt nun Oliver Wyss (51). Jegge hat seinen Nachfolger beim Treffen gleich mit dabei. Genauso wie Jegge ursprünglich kommt auch er vom Bau, arbeitete zuletzt als Bauführer. «Ich freue mich auf die neue Herausforderung», sagt Wyss. In den letzten Tagen sei er mit Jegge viel im Gebiet unterwegs gewesen. Ein neuer Arbeitsplatz in dieser Grösse – er lässt sich nun mal nicht zu Fuss abschreiten.
Ein bisschen Unikum
Nach fast dreissig Jahren also macht Roland Jegge Schluss und geht per Ende April in Pension. «Ich habe viel Tolles erlebt, viele gute Leute kennengelernt und auch ein paar nicht so gute.» Wie er das sagt, lacht er wieder dieses spitzbübische Lachen – okay, niemand hat behauptet, der Jegge würde nun plötzlich sein Herz nicht mehr auf der Zunge tragen. «Ich weiss», sagte er vor zehn Jahren im Portrait, «manchmal kann diese Art auch anecken.» Diese Echtheit schliesslich machte Jegge aber zu einer Art Unikum, immer geradeaus, wie seine Überlandstrassen. Dieses Unikum stellt jetzt nach 500 000 Kilometern auf seinen geliebten Fricktaler Kantonsstrassen den Blinker und biegt ab. Nächster Halt: Wallbach, zuhause, ein neuer Lebensabschnitt.