«Haben kleine Gemeinden zu wenig Gewerbeflächen?»
02.02.2025 WirtschaftDer Regierungsrat nimmt Stellung zum Vorstoss von Grossrat Andy Steinacher. Der Kanton sieht Schupfart als Einzelfall und – er sieht auch keinen Handlungsbedarf.
Walter Herzog
Grossrat Steinacher wollte letzten Herbst in seinem Vorstoss unter anderem wissen, wie viele ...
Der Regierungsrat nimmt Stellung zum Vorstoss von Grossrat Andy Steinacher. Der Kanton sieht Schupfart als Einzelfall und – er sieht auch keinen Handlungsbedarf.
Walter Herzog
Grossrat Steinacher wollte letzten Herbst in seinem Vorstoss unter anderem wissen, wie viele Gewerbebetriebe den Kanton Aargau infolge fehlender oder nicht verfügbarer Gewerbeflächen verlassen haben und wie viele Aargauer Gemeinden über keine bebaubaren Gewerbeflächen verfügen. Angetrieben hatte den Grossrat aus Schupfart ein Wegzug eines Gewerbebetriebs aus der Gemeinde. Der Regierungsrat hält nun dazu fest, dass der Kanton Aargau insgesamt zurzeit unbebaute Arbeitszonenreserven im Umfang von rund 562 Hektaren hat. Diese Arbeitszonenreserven seien im Vergleich zu den Kantonen Zürich, Thurgau, Schaffhausen, Schwyz, St. Gallen, Zug und Luzern die grössten. Das Bundesgesetz über die Raumplanung und die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft schreiben die haushälterische Nutzung des Bodens vor.
Einzonungen können nur in Erwägung gezogen werden, wenn vorher nachweislich alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, um einen örtlich konkreten Flächenbedarf innerhalb der bestehenden bebauten und unbebauten Bauzonen zu decken. Lösungen seien über Gemeindegrenzen hinaus zu suchen.
Wenig Fluktuation von Unternehmen
Im Kanton Aargau beschäftigten im Jahr 2022 über 46 000 Betriebe insgesamt 360 000 Beschäftigte.
Gemäss Auswertung von Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) sind in den Jahren 2020–2022 jährlich 8–17 Betriebe mit mehr als 10 Mitarbeitern in den Aargau zugezogen und 12–16 Betriebe weggezogen. Die überwiegende Mehrheit der zuund wegziehenden Betriebe in und aus dem Aargau sind kleine Unternehmen mit bis zu 10 Mitarbeitern. Im Jahr 2023 hat keines der befragten Unternehmen explizit mangelnde Expansionsmöglichkeiten genannt. Die Gründe für den Wegzug waren der Fachkräftemangel beziehungsweise die bessere Erreichbarkeit von und für Fachkräfte am neuen Ort oder bessere Angebote für die Arbeitnehmenden.
Der Standortförderung sind Startup-Unternehmen bekannt, die aus dem Aargau weggezogen sind, weil sie sehr schnell auf günstige, bereits funktionierende Produktionsflächen angewiesen sind. Umgekehrt sind auch Startups bekannt, die genau solche Flächen im Aargau gefunden haben und deshalb zugezogen sind.
Insgesamt seien in den Jahren 2020–2022 jährlich jeweils Arbeitsplätze im Umfang von rund 200–350 Vollzeitpensen zu-, beziehungsweise weggezogen. Über alle drei Jahre hielten sich insgesamt zu- und wegziehende Arbeitsplätze die Waage.
Acht Fricktaler Gemeinden ohne Gewerbefläche
«Wie viele Aargauer Gemeinden verfügen über keine bebaubaren Gewerbef lächen?», wollte Grossrat Steinacher weiter wissen. Wie die Regierung in ihrer Antwort festhält, bestehen im Fricktal keine unbebauten Arbeitszonen in Oberhof und Wölflinswil im Bezirk Laufenburg und in Hellikon, Magden, Mumpf, Olsberg, Schupfart und Wegenstetten im Bezirk Rheinfelden.
Es sei ein zentraler raumplanerischer Grundsatz, dass sich die Gemeinden auf die guten Lagevoraussetzungen konzentrieren und deshalb nicht jede Gemeinde über eine Arbeitszone verfügen müsse, heisst es in der Antwort.
Wenig Gewerbe, mehr Finanzausgleich
Dass Gemeinden, welche keine oder nur wenige Gewerbebetriebe haben, in der Regel finanziell schlechter gestellt sind, bestätigt auch der Kanton. «Fehlt diese Ertragsquelle der juristischen Personen, ist die Finanzkraft der Gemeinde geringer, als wenn sie – unter sonst gleichen Bedingungen – substanzielle Steuererträge juristischer Personen erzielen könnte. Die tiefere Finanzkraft führt daher beim Finanzausgleich zu höheren Beiträgen aus dem Ressourcenausgleich.»
Zudem werden die kleinräumigen Gemeindestrukturen vom Regierungsrat als Problemfeld geortet. Als Herausforderungen werden ausdrücklich die Raumplanung und generell die Qualität des Service Public genannt. Auf der Basis einer fundierten Analyse möchte er daher eine Gemeindestrukturreform angehen.
Als Fazit ihrer Stellungnahme hält die Regierung fest, dass im Aargau weder für das Gewerbe eingeschränkte Möglichkeiten bestehen noch ein Konflikt mit der Standortförderung Aargau existiert. Daher sei auch kein besonderer Handlungsbedarf zu erkennen.
Ob mit dieser Antwort auch die Gemeinden ohne Gewerbefläche einverstanden sind, scheint eher unwahrscheinlich.