Geschichten und Objekte aus der ganzen Welt
10.03.2024 UekenDave Holm: von New York City nach Ueken und Obermumpf
«Tattoo ist Kunst», sagt Dave Holm, der sich selber als Old School-Tätowierer bezeichnet. Er arbeitet auch im Jahre 2024 mechanisch und analog, zeichnet alle Vorlagen von Hand. Dave Holm führt das einzige ...
Dave Holm: von New York City nach Ueken und Obermumpf
«Tattoo ist Kunst», sagt Dave Holm, der sich selber als Old School-Tätowierer bezeichnet. Er arbeitet auch im Jahre 2024 mechanisch und analog, zeichnet alle Vorlagen von Hand. Dave Holm führt das einzige Tattoo-Museum der Schweiz und teilt seine Geschichten gerne mit seinen Besucherinnen und Besuchern.
Karin Pfister
Eine Nadel aus Silber mit Jahrgang 1550. Das ist das älteste Objekt im Tattoo-Museum in Ueken. Die Nadel stammt ursprünglich aus Zentralamerika und wurde im Nachlass eines Schiffkapitäns in Belgien gefunden. Dave Holm konnte sie bei einer Ersteigerung kaufen; um sie zu datieren, brauchte er die Hilfe eines Edelstahlexperten. Seit 40 Jahren sammelt Dave Holm Objekte, die Lagerräume seines Museums sind voll. «Ich werde künftig einige der Lagerobjekte digitalisieren und über Displays im Ausstellungsraum öffentlich zugänglich machen.» Sechs Tattoo-Museen gibt es in Europa, in der Schweiz nur jenes in Ueken.
Der Liebe wegen in die Schweiz gekommen
Aufgewachsen ist Dave Holm in New York City. Mit 25 Jahren lernte er eine Schweizerin kennen. Die beiden heirateten, die Ehe wurde schon vor langer Zeit geschieden. Der Tätowierer blieb in der Region Basel und war auf der Suche nach einem Haus im ländlichen Raum. Mehrere Jahre lang las Dave Holm – «Ich habe nun 61 Jahre an Lebenserfahrung» – Immobilien-Inserate, aber all die ausgeschriebenen Neubauten gefielen ihm nicht. Regelmässig fuhr er am Sonntag mit seiner Harley von Basel nach Schupfart zum Flughafen, um dort die Aussicht zu geniessen. «Eingangs Obermumpf stand ein Schild ‹Haus zu verkaufen› an der Strasse und es war, was ich suchte, ein Haus mit Charakter.» Dave Holm renovierte es grösstenteils selber, alles in Handarbeit und er führt dort nun ein «Bed and Breakfast». Zum Anwesen gehört auch ein kleiner Rebberg, in dem er gerne – hobbymässig – arbeitet. Er produziert eigenen Bio-Wein, der auch im Tattoo-Museum verkauft wird.
Dave Holm wohnt mit seinem Hund «Brandy» und momentan auch mit Sam aus Arizona zusammen. Sam ist ein freiwilliger Helfer, der über das Austauschprogramm «HelpEX.net» nach Obermumpf kam und sowohl im «Bed and Breakfast» wie auch im Museum in Ueken aushilft. Dave Holm ist schon seit mehreren Jahren Mitglied in diesem Programm und beherbergt Menschen aus der ganzen Welt, die mehrere Wochen oder Monate bei ihm bleiben. Auf die Idee gekommen ist er durch seinen Vater, der 2017 verstorben ist. Dave Holm hat seinen Vater, als dieser krank wurde, aus New York in die Schweiz geholt und mehrere Jahre zu Hause gepf legt. Unterstützung erhielt er durch die Helferinnen und Helfer des «HelpEX.net»-Programms.
Die Beratung ist sehr wichtig
Dave Holm spricht und versteht nach so vielen Jahren in der Schweiz natürlich Schweizerdeutsch, spricht aber zwischendurch auch immer wieder gerne englisch. Mit «full heart» betreibe er das Museum, sagt er. Nur New Yorker-Slang spricht er nie. «Das versteht hier kein Mensch». Zu jedem Objekt gibt es eine Geschichte, die er gerne mit den Besucherinnen und Besuchern – rund 70 Prozent davon sind übrigens nicht tätowiert – teilt.
«Ein Tattoo ist fürs ganze Leben», sagt der Künstler. Es müsse etwas bedeuten. Junge Menschen, die sich spontan tätowieren lassen wollen, berät er zuerst ausführlich und bittet sie, sich diesen Schritt gründlich zu überlegen. «Der Hauptteil meiner Arbeit besteht sowieso aus der Beratung, das Motiv und die Platzierung müssen passen.» Ausgebildet wurde Dave Holm in New York, alles «underground», wie er erzählt. Er baut schon seit vielen Jahren mechanische Tätowier-Maschinen, die er in die ganze Welt verschickt und war in Basel für die Ausbildung der Lebensmittel-Inspektoren, welche die dortigen Tattoo-Studios im Auftrag des Kantons überprüfen, zuständig.
Ausgestellt im Museum sind Kunstobjekte, Nadeln und Maschinen aus der ganzen Welt. «Unter anderem aus Borneo, Kambodscha und Thailand», erklärt Holm. Zu sehen gibt es auch die erste elektrische Tattoo-Maschine, die aus dem Jahre 1879 stammt. «Ein Kollege meines Vaters hat diese in einem Nachlass in New York gefunden und mich kontaktiert.» Interessant ist auch die Geschichte eines anderen Gegenstandes. Auf Ricardo.ch hat Dave Holm eine Tiermarkierungszange – rund 120 Jahre alt – ersteigert. Um die Zange abzuholen, brauchte er nicht weit zu gehen. «Der Verkäufer wohnte gleich gegenüber des Museums.»
Dave Holm ist stolz auf seine umfangreiche Sammlung und freut sich über jeden einzelnen Besucher. Er nimmt sich gerne Zeit für seine Gäste und führt sie persönlich durchs Museum. Eröffnet wurde dieses offiziell im Juli 2023. Es ist von Donnerstag bis Samstag geöffnet; Montag bis Mittwoch nur auf Voranmeldung. Der Eintritt ist gratis, Spenden sowie Kunstobjekte, die zum Museum passen, nimmt Dave Holm gerne entgegen. Künftig sind auch Kurse zu den Themen: «Auf was muss man achten, wenn man sich ein Tattoo stechen lassen will?», «Wie arbeiten seriöse Tätowierer?» etc. geplant.
Weitere Infos: www.tattoomuseum.ch