Blindes Vertrauen zwischen Mensch und Hund
20.07.2023Lehrreicher Ferienspass in der Blindenhundeschule
Die «Stiftung Schweizerische Schule für Blindenführhunde» in Allschwil, die letztes Jahr das fünfzigjährige Bestehen gefeiert hatte, öffnete ihre Türen für 20 Kinder vom Ferienspass. Die ...
Lehrreicher Ferienspass in der Blindenhundeschule
Die «Stiftung Schweizerische Schule für Blindenführhunde» in Allschwil, die letztes Jahr das fünfzigjährige Bestehen gefeiert hatte, öffnete ihre Türen für 20 Kinder vom Ferienspass. Die Mädchen und Buben durften die Welt aus den Augen einer blinden Person sehen.
Yasmin Malard
ALLSCHWIL. Ronny Ramseier, der selbst eine Blindenhündin hat, die ihn im Alltag unterstützt, führte die Kinder durch das Areal der Blindenhundeschule. Direkt zu Beginn wurden sie gefordert, die Wahrnehmung einer blinden Person zu verstehen. Sie waren allesamt überrascht und von Ehrfurcht erfüllt, als Ronny offenbarte, er sei blind. Man konnte gut beobachten, wie fest verankert gewisse tonlose Gesten und Mimiken in den Kindern sind. Kontinuierlich streckten sie ohne Ton auf oder nickten bei Fragen. Ronny erklärte zudem, wie die Beschreibungen «hier» und «da» sinnlos seien für ihn.
Von klein zu gross
160 Hunde, ausgebildet von der Schule, seien täglich im Einsatz und siebzig Labrador-Retriever-Welpen, die bekannt für ihre Lernbegeisterung seien, kämen jedes Jahr auf dem Campus auf die Welt, fährt er fort. Während der Prägungsphase, die ungefähr zehn Wochen dauert und massgebend für die Entwicklung der Jungtiere sei, leben sie deshalb bei der Mutter auf dem grossen Hunde-Spielplatz. Die Hunde bleiben ein Leben lang Eigentum der Schule, aber zwischen dem Alter von zehn Wochen und eineinhalb Jahren erhalten sie in einem Privathaushalt einen Paten, der sie grosszieht. Danach werden sie von Experten während sechs bis acht Monaten spezifisch trainiert, bis sie einsatzbereit sind.
Vielseitige Aufgaben
«Inklusion beginnt mit Zutritt und Zugänglichkeit», steht auf der Homepage der Stiftung. Damit die Lebensqualität für blinde Personen erhöht werden kann, ist eine Integration in das gesellschaftliche Leben essentiell. Dies kann ein Blindenhund ermöglichen. Er sorgt für mehr Unabhängigkeit, Mobilität, Sicherheit und Selbstvertrauen. Dabei muss er Gefahren schnell erkennen, Hindernisse anzeigen, dreissig Hörzeichen in italienischer Sprache (durch die vielen Vokale klingt italienisch melodischer und ist für die Hunde einfach zu verstehen) unterscheiden und vieles mehr. Nur vierzig Prozent der Zuchttiere seien geeignet für die komplexen Aufgaben eines Blindenhundes. Deswegen gibt es noch andere Beschäftigungen für die Labradore: Sie werden zu Assistenzhunden ausgebildet für Personen mit einer körperlichen Beeinträchtigung, die beim Ausziehen, Türe öffnen oder Sachen vom Boden auflesen Hilfe benötigen. Wenn sie sehr anhänglich, geduldig und freundlich sind, besuchen sie als Sozialhunde Altersheime, Gefängnisse, Kindergärten oder psychiatrische Kliniken. Gewisse können auch als Autismusbegleithunde eingesetzt werden, die eine Brücke zwischen dem Betroffenen und seinem Umfeld schlagen.
Aufgeweckte Kinder
Die Kinder streichelten die ausgebildeten Hunde, warfen einen Blick auf die Kinderstube der Welpen und besuchten den Trainings- und Schlafplatz der Tiere. Immer wieder stellten sie neugierig Fragen: «Dürfen die Hunde Angst vor Gewitter haben?», interessierte sich ein Mädchen. «Mögen die Hunde es, gestreichelt zu werden?», wunderte sich ein zweites. Darauf antwortete ihre Freundin: «Ich mag es jedenfalls, gestreichelt zu werden!» Dass sie Spass hatten, war nicht zu übersehen. Quickfidel verhielten sie sich selbst wie Hunde und behaupteten, sie seien eine neue Hunderasse. Zuerst hörten sie Ronny sehr aufmerksam zu. Sobald aber die Labradore auftauchten, war die Aufmerksamkeit blitzschnell verflogen; sie kreischten vor Begeisterung und stürmten davon: «Ich liebe Hunde!»