«Auf einer Kufe liegen wir in die Kurve und geben Kante»

  08.09.2023 Zeiningen

Dank einer Bieridee, zu später Stunde nach einer Feuerwehr-Schlussprobe, entstand vor über 40 Jahren der Einbeiner-Plausch-Club Zeiningen. Somit wurde eine beinahe vergessene Tradition bewahrt: das Einbeinern.

Janine Tschopp

Auch wenn das warme Spätsommerwetter nicht gerade nach Skifahren anmutet, ist der Wintersport in Zeiningen derzeit ein Thema. Dies hat damit zu tun, dass der Einbeiner-Plausch-Club Zeiningen (EPCZ) vor seinem grossen Jubiläumswochenende steht. Was genau ist ein «Einbeiner» und was hat er mit Schnee zu tun?

Ein «Einbeiner» ist ein einkufiger Schlitten aus Holz verbunden mit einem Brett (zum Draufsitzen). Das Gerät, das eher einem Holzschemel als einem Schlitten gleicht, benutzten die Zeininger früher – laut Erzählungen – nicht nur für den Wintersport, sondern auch zum Einkaufen oder um die Milch in die «Chäsi» zu bringen. Frühere Umfragen ergaben, dass in Zeiningen bereits in den 1920-er Jahren «geeinbeinert» wurde. Und bis vor rund 40 Jahren haben die Lehrer hier mit ihren Klassen noch Einbeiner hergestellt. «Früher gab es in fast jedem Zeininger Haushalt einen Einbeiner», weiss Georg Freiermuth, EPCZ-Präsident.

Tradition bewahren
Irgendwann gab es immer weniger Leute in Zeiningen, die den Einbeiner kannten. Das muss sich ändern, fanden ein paar Gleichgesinnte. Sie wollten die Tradition bewahren und gründeten am 31. Oktober 1981, zu vorgerückter Stunde nach einer Feuerwehr-Schlussprobe, den EPCZ. Die Gründungsurkunde kritzelten sie auf einen Wurstkarton. Im ersten Jahr zählte der Verein noch 29 Mitglieder, fünf Jahre später bereits 140. Laut Georg Freiermuth gehören derzeit 125 Personen dem Verein an. «Viele davon sind auch Mitglieder in anderen Dorfvereinen», so Freiermuth.

Zur Tradition gehört, dass der Club jeweils am dritten Wochenende im Januar einen Ausflug in die Berge macht und dort auch eine «Weltmeisterschaft» durchführt. Die Bedingungen sind laut Freiermuth ideal, wenn der Schnee hart ist. Bei sehr viel oder weichem Schnee sei es schwierig, mit dem Einbeiner zu fahren. So gibt es mittlerweile auch Spezialausführungen, bei welchen ein Ski an die Kufen montiert wird, um auch bei nicht idealen «Einbeiner-Verhältnissen» schnell unterwegs zu sein. Georg Freiermuth ist überzeugt, dass ein klassischer Davoser Schlitten bei einem Rennen gegen einen Einbeiner keine Chance hat. «Auf einer Kufe liegen wir in die Kurve und geben Kante, das beschleunigt. Die Füsse sind nur zum Bremsen oder Lenken am Boden, sonst gehören sie in die Luft. Es braucht also gute Bauchmuskeln», so Freiermuth.

Einsätze im Sommer
Das Wintersport-Gerät hatte auch schon Einsätze im Sommer. So zum Beispiel 1994 beim Festumzug «1200 Jahre Möhlin» oder im gleichen Jahr an der Olma in St. Gallen, als der Aargau als Gastkanton fungierte. Mit grossem Aufwand wurden fahrbahre Pisten hergestellt. Vor fünf Jahren am Dorffest in Zeiningen sah man den Einbeiner ebenfalls. Die Männerriege und der EPCZ bauten einen fünf Meter hohen Turm und eine Rampe, auf welcher die Festbesucher auf dem Einbeiner, mit Rädern statt Kufe, hinunterfahren konnten.

Den Vereinsmitgliedern war bisher noch kaum ein Aufwand zu gross, der Bevölkerung das Brauchtum des «Einbeinerns» immer wieder in Erinnerung zu rufen.


40-Jahr-Jubiläum

Das 40-Jahr-Jubiläum hätte schon vor zwei Jahren gefeiert werden sollen, wurde aber aufgrund von Corona verschoben. Am 9. und 10. September holt der EPCZ das grosse Fest nach. Der Verein lädt ein in die Rampenschüre (bei der Kirche) am Samstag, ab 17 Uhr zu Speis und Trank mit Stimmungsmusik, und am Sonntag, zwischen 9 und 13 Uhr, zu einem Bauernbrunch. (jtz)


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