«Auf dem Land wird es zunehmend schwieriger»

  04.11.2023 Wirtschaft, Wirtschaft

Wenn die Nachfolgeregelung ins Leere läuft: Es gibt im Fricktal längst mehrere Gemeinden, in denen nicht ein einziges Restaurant betrieben wird. Die etwas andere «Wirtschafts»-Geschichte.

Ronny Wittenwiler

Die Stichwortsuche mit dem Begriff «Beizensterben» liefert zünftig Resultate: Auf Google sind es fast 15 000 Treffer. In der Schweizerischen Mediendatenbank taucht das «Beizensterben» in fast 230 Artikeln in den vergangenen zwölf Monaten auf.

Und plötzlich ist Schluss
Auch im Fricktal ist das «Beizensterben» immer wieder Thema, und es gibt sie längst: Gemeinden, in denen kein einziges Restaurant mehr betrieben wird. In Oberhof zum Beispiel der «Adler». «Um die Dorfbeiz ist es längst still geworden», titelte die NFZ im März 2023. Mittlerweile seit über einem Jahr ist das einzige Restaurant im Dorf geschlossen. Auch im unteren Fricktal kennt man diese Situation. In Wegenstetten? Gibt es kein klassisches Restaurant mehr. In Zuzgen? Dort fiel beim Restaurant Rössli an Pfingsten die Tür ins Schloss und es endete die Ära des letzten verbleibenden Restaurants. Gemeindeammann Daniel Hollinger sagt: «Das Verschwinden des letzten Restaurants bedeutet für die Gemeinde, für die Dorfbevölkerung, für das ganze Tal ein Verlust des sozialen Umfeldes. Wie ein Graben, der bleibt und nicht mehr auffüllbar ist. Die Kontakte am Stammtisch, auch manchmal nur kurze spontane, mit Jägern, Bauern, älteren und jüngeren Einwohnern fehlen.»

Der Eindruck täusche nicht, dass gerade in ländlichen Gebieten mehr Restaurants schliessen würden, als dass welche neu eröffnet würden, bestätigt Bruno Lustenberger, Präsident vom Wirteverband «GastroAargau», auf Anfrage der NFZ: «Es stimmt leider, in den Städten und Agglomerationen boomt die Gastronomie, auf dem Land wird es zunehmend schwieriger.» Zwar wachse die Mitgliederzahl von «GastroAargau» kontinuierlich, sagt Lustenberger, über den ganzen Kanton gesehen sei man also auf Kurs. Allerdings: «Persönlich trifft es mich natürlich sehr, wenn ich wieder höre, dass eine kleine Ortschaft auch noch ihr letztes Restaurant verliert. Es ist eine Entwicklung, welche sich leider nur schwer aufhalten lässt, auch die Bäckereien und Metzgereien sind verschwunden, und viele Vereine haben Mühe, noch Mitglieder zu finden. Die Bevölkerung verliert damit einen Treffpunkt, was wir natürlich sehr bedauern. Leider ist aber das Wirten in der heutigen Zeit nicht mehr so attraktiv, insbesondere die Arbeitszeiten und der Stress bei kleinem Lohn halten viele davon ab.»

Das Rössli galoppiert wieder
Dass es auch den umgekehrten Weg gibt, hat sich zuletzt in Obermumpf gezeigt. Dort war das letzte verbleibende Restaurant (Rössli) lange geschlossen: zuerst nach einer langen und umfassenden Renovationsphase und dann nach einem Neustart gleich noch einmal (die neuen Eigentümer verkauften wieder). Im Mai dieses Jahres ging das Restaurant wieder neu auf. Es gibt sie also doch, die vereinzelte Auferstehung mitten im Beizensterben? Nochmals der Präsident von «GastroAargau»: «Damit ein Restaurant erfolgreich ist – und das gilt natürlich auch für die Standorte in den Städten – braucht es ein gutes Konzept und eine gute Qualität in Küche und Service. Ein einzigartiger Betrieb kann überall stehen und hat dennoch Erfolg; schwieriger ist es, wenn sich das Angebot nicht von Mitbewerbern abhebt.»


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