«Der Anruf», der Hoffnung bringt
14.03.2023 Herznach, KulturHerznacher Wohnhaus diente als Filmkulisse
Ein Mann verliert seine Lebenspartnerin an Corona und trauert alleine vor sich hin. Die Einsamkeit überwältigt und lähmt ihn. Erst als er den Mut findet, die Nummer 143 zu wählen, kommt die Zuversicht zurück. Dies ist die Handlung eines ...
Herznacher Wohnhaus diente als Filmkulisse
Ein Mann verliert seine Lebenspartnerin an Corona und trauert alleine vor sich hin. Die Einsamkeit überwältigt und lähmt ihn. Erst als er den Mut findet, die Nummer 143 zu wählen, kommt die Zuversicht zurück. Dies ist die Handlung eines Kurzfilmes, der Ende vergangener Woche im Haus von Rafael Luca Oliveira in Herznach gedreht wurde.
Karin Pfister
Die Szene spielt im Wohnzimmer: Noah sitzt alleine am Tisch und drückt Tabletten aus der Packung. Er fühlt sich einsam und hoffnungslos. Seine Lebenspartnerin Selina ist an Corona gestorben. «Der Anruf» heisst der Kurzfilm, den Rafael Luca Oliveira aus Herznach und Gregor Juon aus St.Gallen in Herznach gedreht haben. Rafael Luca Oliveira arbeitet seit zehn Jahren als Schauspieler bei Bühne und Film, steht aber bei diesem Projekt nicht selbst vor der Kamera. Protagonist Noah wird von Matthias Salzmann, Schauspieler aus Bern, dargestellt. Rafael Luca Oliveira führte Regie und hat zusammen mit Kameramann Gregor Juon das Drehbuch geschrieben.
«Der Anruf» erzählt von Noahs einsamem Alltag; er verbringt seine Zeit in der Küche oder im Wohnzimmer, macht Homeoffice. «Chasch dir vorsteue, i gah jede Tag go ichoufe, nume dass i cha säge: Nei i sammle kener Märgeli.», sagt Noah.
Der Kurzfilm soll rund neun Minuten lang werden, für den Dreh waren zwei Mal zwölf Stunden eingeplant. Als Drehort diente das Wohnhaus von Rafael Luca Oliveira, der dafür seine Familie ausquartiert hat. «Es muss während den Aufnahmen ganz ruhig sein, man darf keine Hintergrundgeräusche hören.» Noch während der Planung des Drehs hatte er erfahren, dass seine Nachbarn umbauen wollen. «Die Arbeiten waren genau für diese Tage geplant; die Nachbarn haben die Bauarbeiten jetzt aber für zwei Tage unterbrochen.»
Am Mittwochabend, um 21 Uhr, hat die dreiköpfige Crew mit den Dreharbeiten angefangen. «Eigentlich wären wir zu viert gewesen; die Regieassistenz fällt aber wegen eines Unfalls aus.» Trotz der Schwierigkeiten im Vorfeld laufe seit Drehbeginn alles gut, sagte Rafael Luca Oliveira am Donnerstag gegen Abend. Bis morgens um 5 Uhr hatte die Crew Nachtszenen gedreht, dann wurde ein paar Stunden geschlafen. Während des Besuchs der NFZ wartete das Team auf die bestellte Pizza. «Diese brauchen wir einerseits für die nächste Szene, andererseits ist das auch unser Abendessen.» Während den Aufnahmen war es sehr ruhig, alle drei waren konzentriert und fokussiert bei der Arbeit. Die meisten der Szenen spielen in der Küche und im Wohnzimmer; mittels Rückblenden wird auf die verschiedenen Phasen der Trauer geblickt.
Aufgenommen wurden rund 50 Kameraeinstellungen. Gezeigt werde der Film ab Herbst an verschiedenen Festivals. «Der Anruf» wird auch vom Verein «Die Dargebotene Hand» unterstützt. Dort war man von der Filmidee begeistert. Rafael Luca Oliveira: «Die Dargebotene Hand erhält rund 180 000 Anrufe pro Jahr, aber nur rund ein Drittel von Männern. Offenbar haben viele Männer immer noch Hemmungen, nach Hilfe zu suchen.»
Mit dem ersten Entwurf des Drehbuchs haben Rafael Luca Oliveira und Gregor Juon im November 2021 begonnen, als Corona den Alltag beherrschte. Nach dem Ende der Corona-Massnahmen ist zwar vielerorts wieder Normalität eingekehrt, aber: «Einsamkeit ist ein Thema, das immer aktuell ist.» Mit dem Film möchte das Autorenteam auch eine Unterstützung für jene bieten, die sich nicht getrauen, nach Hilfe zu fragen.