60 Jahre Präsidentin des Kirchenchors
19.03.2023 HornussenHelen Adler aus Hornussen ist noch kein bisschen amtsmüde
Im Februar 1963 wurde sie als junge Frau zur Präsidentin des Kirchenchors gewählt und sie ist es bis heute geblieben: Helen Adler schätzt neben dem gemeinsamen Gesang besonders, dass sie durch den Chor bis heute mit Hornussen ...
Helen Adler aus Hornussen ist noch kein bisschen amtsmüde
Im Februar 1963 wurde sie als junge Frau zur Präsidentin des Kirchenchors gewählt und sie ist es bis heute geblieben: Helen Adler schätzt neben dem gemeinsamen Gesang besonders, dass sie durch den Chor bis heute mit Hornussen verbunden ist, auch wenn sie seit 50 Jahren im Kanton Zürich lebt.
Karin Pfister
«Es ist einfach eine andere Welt, so heimelig», sagt Helen Adler, während sie auf dem Vorplatz der katholischen Kirche steht und über Hornussen blickt. Seit 50 Jahren wohnt sie in Schlieren, das rund 20 000 Einwohnerinnen und Einwohner hat. Aufgewachsen ist Helen Adler als mittlere von fünf Mädchen; gleich unterhalb der Kirche an der Bahnhofstrasse. Das Elternhaus wurde nach dem Tod der Eltern in den 90er-Jahren verkauft. Die vier Schwestern wohnen in Eiken, Kaisten und Laufenburg und werden regelmässig besucht.
Obwohl alle Adlers längst ausgeflogen sind, fährt Helen Adler mindestens einmal die Woche von Schlieren nach Hornussen. Grund ist die Probe des Kirchenchors. Als 16-Jährige ist sie eingetreten, das sei damals im Dorf fast ein Müssen gewesen. Nach fünf Jahren wurde sie zur Präsidentin gewählt und sie ist es bis heute geblieben. «Manchmal habe ich an den Generalversammlungen gefragt, ob jemand das Amt übernehmen will, aber alle haben abgewunken.» Auch nach 60 Jahren im Amt nimmt sie ihre Aufgabe ernst. «Ich mache das seriös und mit Pflichtbewusstsein.»
Fusion ist kein Thema
Nebst den wöchentlichen Proben tritt der Kirchenchor regelmässig auf. «Ich finde es schön, dass wir ein bis zwei Mal im Monat vor Publikum singen.» Gegründet wurde der Chor vor 75 Jahren. Er besteht ausschliesslich aus lang jährigen Mitgliedern: zwölf Frauen und vier Männern. Das Repertoire ist sehr umfangreich. «Manchmal singen wir Stücke, die wir vor 20 Jahren schon eingeübt haben. Wir müssen das Lied dann nur etwas auffrischen.» Einzig für die Jüngsten sei es ein komplettes Neulernen. Mit den «Jüngsten» meint Helen Adler die neusten Mitglieder des Chores, die seit zehn Jahren dabei sind. Gerne singe der Chor auch neue und moderne Gesänge.
Die Überalterung ist das grösste Problem des Chores und die Zukunft deshalb ungewiss. «Ich mache als Präsidentin weiter, solange ich gesundheitlich mag.» Dies gilt wohl auch für alle andern Sängerinnen und Sänger. Gelegentlich arbeite man mit dem Zeiher Kirchenchor zusammen, eine Fusion sei aber kein Thema: «Für einige von uns ist der Weg nach Zeihen altershalber zu beschwerlich.»
Am schönsten sei es für sie, den Menschen mit den Auftritten eine Freude zu machen, fasst Helen Adler ihre Motivation für die lange Vereinstreue zusammen. Wichtig ist ihr auch der soziale Zusammenhalt im Chor, der sehr gross ist. Sie erinnert sich an die vielen schönen Reisen, die jedes Jahr stattfinden. Runde Geburtstage werden zusammen gefeiert, nach den Proben trifft man sich noch im Restaurant. «So nehme ich immer noch ein bisschen am Dorfleben von Hornussen teil, auch wenn ich schon lange nicht mehr hier wohne.»
In Schlieren fühle sie sich ebenfalls Zuhause und habe dort ein grosses soziales Umfeld. Helen Adler ist eine aktive Frau. Viele Jahre lang hat sie ihren langjährigen Partner, mit dem sie 30 Jahre zusammen war, gepflegt. Vor sechs Jahren ist er verstorben. Nun fährt sie mit dem GA durch die Schweiz, engagiert sich bei der Kirche Schlieren im Freiwilligendienst, hilft Bekannten beim Ausfüllen der Steuererklärung und ist sowohl bei einer Walking- wie auch bei einer Wandergruppe.
Kontakt mit Kunden sehr geschätzt
Nach Schlieren ist Helen Adler vor 50 Jahren aufgrund ihres Berufs gezogen. Sie hat einst in Frick die Lehre auf der Gemeindeverwaltung absolviert. Nach einer Zwischenstation bei einem Stahlbauwerk in Brugg, wo ihr die sozialen Kontakte fehlten, fand sie bei der Stadt Schlieren eine Stelle als Leiterin des Sozialversicherungsamtes und wurde als erste Frau überhaupt in der Schweiz zur Sektionschefin in Schlieren gewählt. Die Tätigkeit als Zivilstandsbeamtin machte ihr ebenfalls Freude, und dass sie Trauungen vornehmen durfte, war damals noch nicht selbstverständlich.
Bis zu ihrer Pensionierung war Helen Adler immer 100 Prozent berufstätig. «Ich habe gerne gearbeitet und habe auch den Kontakt mit den Klienten sehr geschätzt.» Für ausserordentliche Termine des Kirchenchors in Hornussen konnte sie sich immer auf ihren «Stellvertreter» vor Ort verlassen. «Wenn ich keine Zeit hatte, um für eine Sitzung ins Fricktal zu fahren oder Gespräche mit der Kirchenpflege oder dem Pfarramt notwendig waren, hat Georg Weber mich jeweils vertreten.» Dafür ist sie ihm sehr dankbar.
Positiv ist auch ihre grundsätzliche Bilanz zur langen Vereinsgeschichte: «Wir hatten eigentlich nie Streit und bei Meinungsverschiedenheiten fanden wir immer einen Weg.» Besonders freue sie, dass der Chor auch in schwierigeren Zeiten ohne Dirigenten immer zusammengehalten habe. Sie hofft, dass der jetzige Dirigent, Tore Eketorp noch lange dabei bleibt. Für «ihren Chor» hat sie nur einen Zukunftswunsch: «Wir wären mehr als nur glücklich, wenn wir neue Sängerinnen und Sänger aufnehmen dürften.»