Mit der Drahtseilfähre über den Rhein
20.07.2022 KaistenUnterwegs auf dem Kaister Heimatweg Bann
Zwischen Murg und Kaisten verkehrte vom Mittelalter bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine Fähre auf dem Rhein. 1902 erteilte dazu sogar der aargauische Regierungsrat der deutschen Gemeinde Murg eine «Konzession zum Betrieb einer Drahtseilfähre über den Rhein».
Susanne Hörth
Zu den Naherholungsgebieten von Kaisten gehört unter anderem das Rheinufer. Etwas mehr als drei Kilometer davon befinden sich auf Kaister Gemeindebann. Im Gegensatz zu den benachbarten Gemeinden Laufenburg oder Sisseln, die unmittelbar an den Fluss grenzen, muss man in Kaisten das Dorf und seine Häuser hinter sich lassen und sogar ein Waldstück queren, um an den Rhein zu gelangen. Die Mühe lohnt sich. Unten am Rheinufer angekommen, erwartet einem das Zusammenspiel von Natur, Flusslandschaft, Erholung, Erleben und Geschichtenreichtum. Gerade bei letzterem kommt der Kaister Heimatweg ins Spiel. Realisiert wurde die beiden unterschiedlichen Routen, von der Ortsbürgerkommission.
Während sich der erste Teil «Heimatweg Dorf» insbesondere mit besonderen Stationen in Kaisten und Ortsteil Ittenthal beschäftigt, setzt sich der zweite, vor einem Jahr offiziell eingeweihte Teil mit dem Gemeindebann auseinander. Dazu gehört eben auch das Rheinufer. Tafeln mit Fotos, Grafiken, historischen Dokumenten und Texten versehen geben Informationen zu heute oder auch zu Situationen lange vor unserer Zeit. Bei der Fischerhütte, die sich bei der Bachmündung in den Rhein befindet, wird auf das lange schon gepflegte Hobby Fischerei hingewiesen. Aber nicht nur. Zu erfahren ist auch, dass beim Säckinger Kraftwerkbau in den 1960er-Jahren eine Veränderung des Ufers stattgefunden hat. Durch die Stauung verschwand das Kaisterbach-Delta mit Steinen und Sandstränden. «1969 musste das Kraftwerk der Gemeinde Kaisten 275 000 Franken Entschädigung für die entgangene Badegelegenheit bezahlen. Das Geld wurde zuerst zweckbestimmt für die Errichtung eines Schwimmbads zur Seite gelegt. Später floss es in den ordentlichen Gemeindehaushalt», heisst es dazu auf der Informationstafel.
Von Ufer zu Ufer
Gleich mehrere Jahrhunderte zurückblicken lässt eine weitere Tafel flussabwärts Richtung Sisseln. Erinnert wird an jene Zeit, in welcher der Hochrhein für Schiffe und Flösser ein wichtiger Verkehrsweg war. In Betrieb waren auch viele Fähren. Eine solche Fährverbindung über den Rhein gab es seit dem Mittelalter zwischen Murg und Kaisten. Die damals dem Stift Säckingen gehörende Murger Fähre wurde laut Infotafel 1428 erstmals erwähnt. Personen wie auch Waren wurden so von einem Rheinufer an das andere transportiert. Was da alles zu diesen «Waren» zählte, regt zum Staunen an. Da gehörten Leder und Lumpen ebenso dazu wie Bier und Kirschwasser oder gar Schweine sowie Pferde-Karren-Gespanne. Nach der Aufhebung des Stift Säckingen gehört die Fähre zuerst dem badischen Domänenamt, später dann der Gemeinde Murg.
Der Infotafel ist zudem zu entnehmen, dass mit dem 19. Jahrhundert der Aufschwung der Textilindustrie auf deutscher Seite begann. Die Murger Fähre beförderte vermehrt Schweizer Arbeitskräfte über den Rhein und wieder zurück. Dass alles seine Richtigkeit und Bewilligung hatte, verdeutlichte auch die Konzession zum Betrieb einer Drahtseilfähre über den Rhein, die der Aargauer Regierungsrat am 17. Januar 1902 der Gemeinde Murg erteilte.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde 1914 der Fährbetrieb eingestellt. Die Schweizer kappten damals das Drahtseil. Auf Schweizer Seite erinnert noch der Name Murger Fahr an die einstige Landestelle der Fähre.