«Die Lage ist ernst»

  16.12.2021 Gemeinden, Obermumpf

Obermumpf: dezimierter Gemeinderat wählt unkonventionellen Weg

Normalerweise sucht sich eine Exekutive ihre Mitglieder nicht selbst. In Obermumpf aber wird diese Woche ein Flugblatt in alle Haushalte verteilt. Botschaft: «Gemeinderat sucht Gemeinderat.»

Ronny Wittenwiler

Das Vorhaben ist unkonventionell, durchaus originell, trotzdem macht der designierte Gemeindeammann Benedikt Gürtler keinen Hehl daraus: «Die Lage ist ernst.» Die Exekutive Obermumpf wird die neue Legislatur 2022/2025 in Unterbesetzung antreten. Deshalb haben die vier gewählten Ratsmitglieder entschieden, das fünfte Ratsmitglied per Flugblatt aufzuspüren. «Gemeinderat sucht Gemeinderat», und das nicht ganz uneigennützig – aber auch im Sinne des Gemeinwohls, wie Gürtler aufzeigt.

Geschäfte zurückstellen
Bereits monatelang war die aktuelle Exekutive in Viererbesetzung unterwegs (Vizeammann Gürtler übernahm nach der Demission von Frau Gemeindeammann Frei deren Amtsgeschäfte und Aufgaben). Erfahrung schwingt also mit. Gürtler sagt: «Die Arbeit auf vier, statt auf fünf Personen zu verteilen, hat zur Konsequenz, dass wir Geschäfte zeitlich zurückstellen müssen, weil sie nicht mehr in die Agenda passen. Gleichzeitig wird aber an einer Gemeindeversammlung gefragt, wann endlich die Innenrenovation beim Schulhaus realisiert wird.»

Zum dritten Mal wird nun eine Urnenwahl durchgeführt, die Obermumpf endlich den fünften Gemeinderat bringen soll. Das ist nicht geglückt zuerst am 13. Juni und dann ebenso wenig am 26. September. Nächster Versuch: 13. Februar.

Jeden Winkel abgrasen
«Natürlich ist es unüblich, dass ein Gemeinderat mit einem solchen Flugblatt an die Öffentlichkeit geht», sagt Gürtler und räumt ein: «Wir haben lange diskutiert: Sollen wir oder sollen wir nicht?» Man sei aber der Meinung, dass nach wie vor nicht allen Einwohnerinnen und Einwohnern die Situation bekannt sei. «Viele arbeiten auswärts und sind nicht nah am Dorfgeschehen. Sie kriegen das alles vielleicht nicht mit.» Ausserdem sei die dünner werdende Parteienlandschaft auch nicht dienlich, wenn es darum geht, Mitglieder für die Exekutive zu finden. Mit dem Flugblatt wollen vier Gemeinderäte nun jeden Winkel im Dorf nach einem fünften Gemeinderat abgrasen. «Wenn ich sehe, wie an Gemeindeversammlungen engagiert diskutiert wird, wie sich viele einbringen, um zu Lösungen zu kommen: Dann denke ich manchmal, wir hätten eine riesige Auswahl an fähigen Kandidaten. Wer gefragt wird, wirft dann aber meistens die fehlende Zeit als Argument in die Waagschale.» Gürtler meint: «Natürlich muss man sich auch mal reinknien bei einzelnen politischen Geschäften. Grundsätzlich lässt sich der Aufwand aber sehr gut abschätzen. Es ist nicht so eine Hexerei.»

«Müssen zueinander Sorge tragen»
Ab 1. Januar 2022 wird Benedikt Gürtler offiziell sein Amt als Gemeindeammann antreten. Besteht die Gefahr, dass jemand den Bettel hinschmeisse, wenn die Arbeit zu lange auf vier statt auf fünf Personen verteilt bleibt? Gürtler sagt es so: «Wir müssen auf jeden Fall Sorge zueinander tragen. Hoffentlich können wir aber mit dem Flugblatt etwas bewegen.» Gemeinderat sucht Gemeinderat. Der Weg unkonventionell, durchaus originell. Die Lage aber ist ernst.

Wahlvorschläge für die Gemeinderatswahl am 13. Februar sind bis am 31. Dezember 2021, um 12 Uhr, der Gemeindekanzlei einzureichen.


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