Peter Haller geschäftsführender Partner der Peter Haller Treuhand AG

  05.11.2021 Wirtschaft

Peter Haller geschäftsführender Partner der Peter Haller Treuhand AG

dipl. Experte für Rechnungslegung und Controlling dipl. Organisator Finanzierungscoach STV/SBVg zugelassener Revisionsexperte

Grosse Herausforderung: Nachfolgeregelung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)

Die erfolgreiche Nachfolgeregelung in kleinen und mittleren Unternehmen wird immer schwieriger. Fachpersonen helfen bei der Vorbereitung, der Planung und der Umsetzung. Und je früher Vorbereitung und Planung einsetzen, umso grösser ist der verbleibende Gestaltungsraum. Oder etwas anders ausgedrückt: Wer im Alter von 65 das Unternehmen übergeben will, muss im Alter von 55 Jahren mit der Vorbereitung und der Planung beginnen. Zu bedenken gilt es zudem, dass jede Nachfolgeregelung vor allem auch die Chancen beinhaltet, das eigene Lebenswerk zu sichern, einem Unternehmen neue Impulse zu vermitteln oder auch lang gehegte persönliche Träume und Projekte in Zukunft zu verwirklichen.
Die Regelung der Nachfolge in kleinen und mittleren Unternehmen ist zweifelsohne eine prioritäre unternehmerische Frage. Und dennoch können oder müssen persönlich geeignete und kompetente Fachpersonen wertvolle Hilfe sein, denn in ihrer beruflichen Praxis sind sie immer wieder mit der Herausforderung Unternehmensnachfolge konfrontiert und verfügen damit auch über ein grosses Erfahrungspotential. Die Nachfolgeregelung ist und wird immer noch mehr zukünftig grosse Herausforderungen an viele kleinere und mittlere Unternehmen stellen. Und doch: Es muss davon ausgegangen werden, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren mehr Arbeitsplätze durch nicht gelöste oder nicht lösbare Nachfolgeregelungen verloren gehen werden, als sich dies durch die wirtschaftlichen und auch gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ergeben könnte.
Die massgeblichen Gründe für nicht lösbare Nachfolgeregelungen können sein: völlig unrealistische und nicht korrigierbare Preisvorstellungen der Verkäuferin oder des Verkäufers; unternehmerisch ungeeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger; Ungleichgewicht der sog. «work life balance» bei der Erwerberin oder beim Erwerber; wertlose Unternehmen ohne jegliche Zukunftsaussichten; fehlende Finanzierungsmöglichkeiten; steuerliche Rahmenbedingungen wie beispielsweise das Thema der «verzögerten Substanzausschüttung» und deren Einkommenssteuerfolgen beim Verkäufer oder das Thema der behaupteten «Mitarbeiteraktien» und deren Einkommenssteuerfolgen beim im Unternehmen bereits mitarbeitenden Erwerber der Aktien oder der Stammanteile.

Was sind eigentlich kleine und mittlere Unternehmen?
Über 99% aller Unternehmen in der Schweiz sind KMU oder marktwirtschaftliche Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. Das Bundesamt für Statistik zählt aktuell 591‘016 KMU, und davon sind 531‘499 sog. Mikrounternehmen (1 – 9 Beschäftigte; mit insgesamt 1‘161‘669 Beschäftigten). 50‘311 sog. Kleine Unternehmen mit 10 – 49 Beschäftigten haben 969‘120 Mitarbeitende. Und zu guter Letzt: 9‘206 sog. Mittlere Unternehmen mit 50 – 249 Beschäftigten verfügen über 908‘537 Arbeitsplätze.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass etwas mehr als 67% oder 3‘039‘326 der in der Schweiz beschäftigten Personen in einem kleinen oder mittleren Unternehmen arbeiten, weshalb ihnen letztendlich eine herausragende volkswirtschaftliche Bedeutung zukommt. Und es ist demzufolge auch nicht egal, ob deren Nachfolge gelöst oder eben nicht gelöst werden kann.

Familieninterne Nachfolgeregelungen vs. familienexterne
Die Vielzahl der Unternehmerinnen oder Unternehmer favorisiert auch heute noch immer eine familieninterne Lösung zur Nachfolgeregelung. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Wunsch und Wirklichkeit hier immer häufiger auseinanderklaffen. Familienexterne Lösungen werden somit in der Praxis immer bedeutungsvoller oder wichtiger, und dabei stehen vor allem betriebsinterne durch bisherige oder zukünftige Mitarbeitende im Vordergrund.
Und wie löst nun eine persönlich geeignete und auch kompetente Fachperson ihre Nachfolgeregelung? Im Rahmen des ersten Schrittes, der Situationsanalyse, geht es um die persönliche Analyse (u.a. Wünsche, Ziele und Prioritäten der Eigentümerin oder des Eigentümers und deren Familie. Ebenfalls erforderlich ist die unternehmerische Analyse (u.a. Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken).
Der zweite Schritt dient dann letztendlich der Entwicklung der möglichen Handlungsvarianten. Es ist dabei eine möglichst grosse Zahl von Lösungsvarianten zu definieren.
Beim dritten Schritt geht es darum, die Lösungsmöglichkeiten zu bewerten oder die Handlungsvarianten zu beurteilen und gegeneinander abzuwägen. Ziel muss es dabei sein, diejenige Variante zu evaluieren, welche weiterverfolgt werden soll. Die Praxis erfordert hier oftmals die Weiterverfolgung einer zweiten und/oder einer dritten Alternativmöglichkeit. Auch wenn daraus ein zeitlicher oder finanzieller Mehraufwand entstehen kann, sollte man davon nicht Abstand nehmen. Allerdings werden dadurch erst recht hohe Anforderungen an die mitwirkenden Fachpersonen gestellt.
Mit dem vierten Schritt, der Nachfolger- resp. der Käufersuche erfolgt dann die Suche nach Kaufinteressierten, und zwar in Übereinstimmung mit der ausgewählten Handlungsvariante. Verkaufsvorbereitungen wie Blindprofil, Unternehmensdokumentation; Kontaktnahme mit potentiellen Kaufinteressierten; Analyse der potentiellen Käuferinnen und Käufer sind wichtige Bestandteile dieser vierten Phase der Nachfolgeregelung.
Gegenstand des fünften Schrittes sind die Verhandlungen. Es müssen die Rollen der einzelnen Mitwirkenden klar definiert werden. Wer führt die Verhandlungen? Wenn die involvierte Fachperson die Verhandlungen führt, ist deren Verhandlungsmandat und deren Entscheidungskompetenzen klar zu definieren. Und auch der eigentlichen Verhandlungsstrategie kommt eine herausragende Bedeutung zu. Verhandlungen sind im Übrigen mit grosser Transparenz sowie mit grosser Fairness zu führen. Und sollten die potentiellen Vertragspartner in ihren Vorstellungen und Meinungen zu weit auseinanderliegen, so ist auch der klar zu begründende Abbruch der Verhandlungen ein wichtiger Teil des fünften Schrittes.
Das Erarbeiten der notwendigen Verträge ist Gegenstand des sechsten Schrittes des Nachfolgeregelungs-Prozesses. Neben den erforderlichen Übertragungsverträgen (u.a. Kaufvertrag) und den ergänzenden Vereinbarungen wie Arbeitsverträge, Mietverträge, Darlehensverträge oder Aktionärsbindungsverträge sind auch sog. «Steuer-Rulings» wesentlicher Teil der vertraglichen Nachfolgeregelung. Und der siebte Schritt ist dann die Umsetzung der Nachfolgereglung. In dieser Phase erfolgt auch die Information der Anspruchsgruppen, wie Mitarbeitende, Kundschaft, Lieferantenfirmen, aktuelle Kapitalgeber, Behörden und der interessierten Öffentlichkeit.


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