Den Strom in die richtigen Bahnen lenken

  27.01.2021 Bözen

Wird Bözens Elektra an die AEW verkauft?

An der ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom 28. Januar wird der Gemeinderat der Bevölkerung beantragen, die Elektra Bözen für 4,8 Millionen Franken an die AEW Energie AG zu verkaufen. Die Gründe sind vielfältig. Im Vordergrund steht die Komplexität der Aufgaben im Zuge der fortschreitenden Liberalisierung des Strommarkts.

Simone Rufli

Als kleiner Energieversorger ohne professionelle Betriebsorganisation und ohne eigenes Personal ist die Elektrizitätsversorgung Bözen (EB) nicht optimal aufgestellt. In den umfangreichen Unterlagen zur ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom kommenden Donnerstag sind die Gründe, die zu diesem Schluss führen, ausführlich aufgeführt. Die technische Kommission des Gemeinderats hat neben dem Verkauf auch die Varianten Status Quo und externe Betriebsführung geprüft. Diese Varianten wurden der Bevölkerung bereits am 26. August 2020 anlässlich eines Infoabends vorgestellt. Mit dem nun beantragten Verkauf erhofft sich der Gemeinderat Entlastung von ungewissen Marktentwicklungen, von fachlichen Anforderungen in der Netzregulation und vor allem von hohem Investitionsbedarf in neue Technologien. Stimmt die Bevölkerung dem Verkauf zu, fliesst viel Geld in die Gemeindekasse. «Der Erlös ermöglicht die Realisierung interessanter Projekte innerhalb von Bözen und im zukünftigen Böztal», betont der Gemeinderat in den Versammlungsunterlagen.

Grosse Veränderungen
Die EB als ehemaliger Monopolist werde zunehmend Kunden und Erträge verlieren, argumentiert der Gemeinderat. Das bringe die voranschreitende Liberalisierung des Strommarktes mit sich. Auch die Energiestrategie 2050 des Bundes bringe grosse Veränderungen mit sich. Dazu würden sich als Folge der zunehmenden Dezentralisierung von Stromproduktion und -speicherung neue grosse Herausforderungen gesellen und auch der administrative Aufwand werde steigen. «Sowohl die Abhängigkeit von externem Fachwissen als auch die rechtliche Unselbstständigkeit als Gemeindebetrieb werden zunehmend zu Problemen führen», ist unter Traktandum 2 nachzulesen.

Die EB ist heute eine unselbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt der Gemeinde Bözen. Sie hat die Aufgabe, elektrische Energie an die zirka 435 Kunden in ihrem Versorgungsgebiet zu liefern. Die EB produziert keinen eigenen Strom. Sie betreibt einen Energiehandel, indem sie Strom einkauft und verkauft. «Die Anlagen (Leitungsnetze, Verteilkabinen usw.) sind technisch auf einem guten Stand», hält der Gemeinderat fest.

Im Jahr 2016 wurde die technische Betriebsführung durch die IBB Energie AG in Brugg übernommen. Die Fakturierung wird durch die Verwaltung 3plus versendet und verwaltet.

Wieso die AEW als Käuferin?
Aus sechs angegangenen Energieversorgungsunternehmen haben sich drei regional tätige Firmen mit einer Offerte um den Kauf der EB beworben. Die Prüfung aller Offerten habe ergeben, dass die AEW insbesondere bei Preis und Tarif die attraktivste Lösung darstelle. Die AEW führt im Kanton Aargau bereits de Netze von 79 Gemeinden, darunter Effingen, Frick und Hornussen, sowie zusätzlich Netzdienstleistungen in zahlreichen weiteren Gemeinden. Die mit der AEW ausgehandelten Verträge können auf der Verwaltung noch bis zum 28. Januar eingesehen werden. Der Verkaufspreis beträgt 4,8 Millionen Franken (im bestehenden Zustand). Vom beabsichtigten Verkauf nicht betroffen ist die öffentliche Beleuchtung. Sie ist nicht Bestandteil der Elektrizitätsversorgung, sondern der Einwohnergemeinde und gehört zur Verkehrserschliessung.

Übergangsfrist
Mit dem Verkauf der EB möchte der Gemeinderat rechtzeitig die richtigen Weichenstellungen vornehmen, der Bevölkerung langfristige Versorgungssicherheit bieten und den Zugang zu einem erweiterten Leistungsangebot ermöglichen. Kommt der Verkauf zustande, sollen die Grundversorgungspreise erst nach einer Übergangsfrist ab 1. Januar 2022 an die Preise der AEW angepasst werden. Werden die im vergangenen August publizierten Tarife für das Jahr 2021 (Netz, Energie ohne Abgaben und Konzession) von Bözen mit den Fusionspartnern Elfingen (IBB) und Hornussen/Elfingen (AEW) verglichen, ergeben sich für Elfingen die höchsten Preise. In Hornussen und Effingen werden die Kunden dieses Jahr 6,4 Prozent weniger bezahlen als in Elfingen. Den geringsten Betrag für Netz und Energie bezahlen die Kunden aktuell in Bözen – ganze 15,6 Prozent weniger im Vergleich zu Elfingen.

Bei einem Nein zum Verkauf vermutet der Bözer Gemeinderat, würde das Thema in der fusionierten Gemeinde Böztal wieder aufs Parkett kommen, da Bözen aktuell als einzige Böztal-Gemeinde noch eine eigene Elektra besitzt.


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