«Warum funktioniert so etwas in unserer Religion nicht?»

  11.01.2021 Zeiningen

Während 27 Jahren war Veronika Lang Pfarreisekretärin in Zeiningen

Ende November 2020 ging sie in Pension. An ihrer Arbeit schätzte Veronika Lang besonders, für andere Menschen da zu sein. Oft macht sie sich Gedanken, weshalb es immer schwieriger wird, Menschen für den christlichen Glauben zu begeistern.

Janine Tschopp

«Manchmal ist jemand mit Tränen in den Augen gekommen und mit einem Lächeln wieder gegangen.» An solche Tage erinnert sich Veronika Lang gerne zurück. Als Pfarreisekretärin fühlte sie sich nicht nur für administrative Arbeiten zuständig, sondern war auch immer gerne als Vertrauensperson für die Menschen da.

«Es waren schöne Jahre. Ich hatte viel mit Menschen zu tun», sagt sie rückblickend. Den letzten Arbeitstag hatte sie am 30. November 2020. Sie erzählt von den Anfangszeiten, als sich das Team wie eine Familie anfühlte und sie das Pfarrblatt mit der elektrischen Schreibmaschine schrieb und per Post verschickte. «Irgendwann kam der Computer», erzählt sie. Sie hatte grossen Respekt davor, freute sich aber auch auf die Herausforderung. «Man kann alles lernen», realisierte sie bald.

In schöner Erinnerung geblieben sind ihr auch die Singkreise sowie die Reisen mit den Firmlingen und den Ministranten. Oftmals habe sie, zusammen mit zwei weiteren Begleitpersonen, Firmlinge nach Rom begleitet oder sei mit ihnen ins Weekend nach Einsiedeln gefahren. Dort hat sie für die Jungen eingekauft und gekocht. Das und vieles andere hätte nicht zu ihren Aufgaben als Pfarreisekretärin gehört, «aber es hat Spass gemacht.» Sie liebte es, im Team «etwas auf die Beine zu stellen». Auch wenn das eine oder andere ein bisschen anstrengend war, gelohnt habe es sich immer. «Wir waren wirklich ein tolles Team, und dort, wo man mich brauchte, packte ich an.»

Ihre Zeit im Pfarreisekretariat beschreibt sie als «bereichernd» und erzählt dabei auch vom «Verein der Pfarreisekretärinnen», der im Jahr 2000 gegründet wurde und dem sie zwei Jahre später beitrat. Sie habe in den fast drei Jahrzehnten an vielen Weiterbildungen und Tagungen teilgenommen und durch ihre Tätigkeit seien auch zahlreiche wertvolle Verbindungen entstanden.

«Die Kirche muss weltweit offener werden»
Obwohl Veronika Lang katholisch aufgewachsen ist, ging sie früher nicht oft in die Kirche. Erst mit der Tätigkeit als Pfarreisekretärin wurde ihre Verbindung zur Kirche wieder stärker. Obschon sie heute das Gotteshaus regelmässig besucht und auch als Lektorin und Kommunionsspenderin im Einsatz ist, bezeichnet sie sich nicht als «Rom-treu». «Die Kirche muss weltweit offener werden», findet sie. Vielleicht könne man die Leute dann auch wieder vermehrt für die Kirche begeistern. «Mich erstaunt, was andere Religionen auf die Beine stellen», sagt sie. Als Beispiel nennt sie den Ramadan, den Fastenmonat der Muslime, der von vielen Menschen, ob jung oder alt, selbstverständlich gelebt wird. «Diese Menschen schränken sich ein wegen dem Glauben. Warum funktioniert so etwas in unserer Religion nicht?» Bis zum jetzigen Zeitpunkt hat die 64-Jährige keine Antwort auf diese Frage gefunden.

Von Mumpf über Luzern nach Zeiningen
Veronika Lang ist in Mumpf aufgewachsen. Nach ihrer Ausbildung zur Sekretärin in Basel und verschiedenen Sekretariatstätigkeiten zog es sie später in die Innerschweiz, nach Luzern. Dort wollte sie ursprünglich für längere Zeit bleiben. Sie lernte dann ihren Mann Christian kennen und zog mit ihm in seine Heimat nach Zeiningen. Obschon Luzern zu ihren Lieblingsstädten gehört, passte es für sie, wieder ins Fricktal zu ziehen. Der Rhein und die Nähe zur Grenze und zu Basel ist das, was ihr unter anderem hier gefällt. Sie freute sich dann auch, als im Laufe der Zeit immer mehr Neuzuzüger nach Zeiningen kamen und das kleine Bauerndorf stadtorientierter wurde.

1980 kam es zur Heirat mit Christian und die beiden gründeten eine Familie. Sie bekamen zwei Kinder und sind mittlerweile auch glückliche Grosseltern.

Ein erfüllter Alltag
Auch im neuen Lebensabschnitt wird es der frischgebackenen Rentnerin nicht langweilig. Eineinhalb Tage pro Woche hütet sie ihr Enkelkind. Zudem ist sie viel mit ihrem kleinen Hund «Gira» unterwegs. «Ich liebe den Wald», sagt sie. Reisen und Wandern sind ebenfalls Hobbys, welche der Zeiningerin am Herzen liegen. Seit 18 Jahren ist ihr Mann Paraplegiker und an den Rollstuhl gebunden. Trotzdem unternehmen die beiden Reisen und Wanderungen. Kalifornien, Florida, Schottland oder La Réunion waren Orte, welche das Paar auch mit Rollstuhl bereiste. Auch beim Wandern lassen sie sich nur begrenzt einschränken. «Wir wanderten schon an Orte auf der Bettmeralp, da ist vermutlich noch nie jemand mit dem Rollstuhl hingekommen», schmunzelt die Naturfreundin.

Als Aushilfe bei den Sakristaninnen wird sie auch nach ihrer Pensionierung der Kirche treu bleiben. Ebenfalls wird sie weiterhin Mitmenschen besuchen und für sie da sein. Für welche Aufgaben sich Veronika Lang nach ihrer Pensionierung sonst noch begeistern lässt, steht in den Sternen. Klar ist: «Ich bin gerne dabei, etwas auf die Beine zu stellen. Sicher werde ich nicht zu Hause sitzen und Däumchen drehen.»


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