Die Weihnachtsgurke

  21.12.2020 Tradition

Und andere Weihnachtsbräuche zum Schmunzeln

Unzählige Bräuche gibt es an und um Weihnachten herum. Besinnliche, kulinarische, lustige, überraschende und jede Menge aus anderen Ländern. Im Folgenden eine Auswahl an eher unbekannten Traditionen, die zum Schmunzeln einladen. Und vielleicht zum Nachahmen.

Birke Luu

Die Weihnachtsgurke
Eine Weihnachtsgurke ist ein Christbaumanhänger in Gewürzgurkenform. In den USA gibt es den Brauch, eine einzige «Christmas Pickle» zwischen den grünen Zweigen des Weihnachtsbaumes zu verstecken. Am Weihnachtsfest müssen dann alle Anwesenden, besonders die Kinder, nach dieser unauffälligen Gurke suchen – wer sie zuerst findet, wird belohnt, beispielsweise darf derjenige als erstes seine Geschenke öffnen.

Interessant an diesem Brauch ist, dass die Amerikaner glauben, die Weihnachtsgurke sei eine beliebte deutsche Tradition. In Deutschland hingegen ist dieser Brauch kaum bekannt. Es gibt historische Hinweise, dass um 1900 herum tatsächlich diese Baumschmuckform in Bayern und Thüringen existierte, dennoch kann von einer weitverbreiteten deutschen Tradition nicht die Rede sein.

Auch der Ursprung der Weihnachtsgurke ist unklar. Eine Erklärung jedoch ist der Mythos vom Soldaten John Lower. Dieser Bayer soll im amerikanischen Bürgerkrieg in Gefangenschaft geraten sein. Schwer erkrankt hätte er sich, den nahenden Tod vor Augen, eine saure Gurke als letzte Mahlzeit gewünscht. Überraschenderweise überlebte er doch und fing später zu Hause damit an, an Weihnachten solch eine

Gewürzgurke in seinen Baum zu hängen.

Wer auch immer wo auch immer diesen Brauch etabliert hat, heute scheint er sich einer noch sehr geringen, aber zunehmenden Beliebtheit in Deutschland zu erfreuen. Und im Fricktal hängt nun zumindest an einem einzelnen Christbaum ebenfalls eine Weihnachtsgurke, eine echte.

Weihnachtsspinnen
In der Ukraine ist es eine Tradition, den Weihnachtsbaum mit Spinnen und Spinnweben zu dekorieren, zumindest mit nachgemachten. Und warum das? Die Menschen glauben, dass es ihnen Glück bringe, am Weihnachtsmorgen ein Spinnennetz am Baum zu entdecken – wie es sich in einem ukrainischen Märchen zugetragen hat: Eine arme Mutter besass nichts, um an Weihnachten den Tannenbaum in ihrem Garten zu schmücken. Am Weihnachtsmorgen dann fand sie den Baum überraschenderweise voller Spinnweben vor, die in der Morgensonne wunderbar golden und silbern glitzerten. Von da an gab es die Weihnachtsspinne in der Ukraine.

In einer kleinen Variante heisst es, dass das Jesuskind selbst die Spinnenweben in goldige und silbrige verwandelte, weil sie ihm zu hässlich erschienen.

Einzelne Menschen denken, diese Tradition könnte der Ursprung des wohlbekannten Lamettas gewesen sein. Auch wenn sich die Mehrheit dieser Meinung nicht anschliesst, ist das doch ein schöner Gedanke.

Weihnachtsbaumstämme und kleine Scheisser
Im spanischen Katalonien haben gleich zwei Weihnachtsbräuche mit der Darmentleerung zu tun. Ja, richtig gelesen! In Katalonien findet man nämlich oft in einer Weihnachtskrippe eine Figur mit heruntergelassener Hose, die gerade ihr Geschäft verrichtet. Wenigstens wird dieser Caganer (katalanisch für «Scheisser») meistens etwas abseits des Stalls positioniert. Dieser Brauch soll ein Symbol für den Kreislauf der Natur sein – essen, düngen, wachsen, ernten, essen – wie auch für einen gesunden Körper. Im 17. Jahrhundert trug der Caganer noch traditionelle Bauernkleidung, heute hingegen stellt er häufig bekannte Personen aus Politik und Sport dar. Übrigens akzeptiert selbst die katholische Kirche in Spanien diesen Brauch, ja sieht die Figur sogar als Glücksbringer. Inzwischen gibt es gar noch sein pinkelndes Pendant, den «Pixaner».

Ein anderer katalanischer Brauch ist der Weihnachtsbaumstamm «Tió de Nadal», der den Kindern die Geschenke bringt. Er hat zwei Beine und ein lächelndes Gesicht und wird ab dem 8. Dezember von den Kindern gefüttert sowie nachts in eine Decke gewickelt. An Heiligabend dann dürfen die Kinder mit einem Stock auf den alten Baumstamm einschlagen – und plötzlich erscheinen tatsächlich Süssigkeiten und Geschenke, die der Baumstamm «geschissen» hat. Daher sein Spitzname «Caga tió», der kackende Baumstamm.

Nünichlingler
Punkt 21 Uhr ziehen jedes Jahr an Heiligabend die Nünichlingler durch das basellandschaftliche Ziefen. Auf einer festgelegten Route schreiten einige Dutzend, zumeist jüngere, Männer schweigend durchs nächtliche Dorf. Dabei haben sie grosse Glocken um den Hals hängen, die im Takt ihrer Schritte erklingen und ein grosses Getöse erzeugen. Das besondere an der Kleidung der Nünichlingler sind nicht die langen, dunklen Mäntel, sondern die besonders hohen Zylinder – und mit hoch ist dabei tatsächlich eine Höhe von bis zu sechs Metern gemeint! Diese übermässigen Dimensionen entstanden im freundschaftlichen Wettbewerb untereinander. Als Ergebnis müssen die Kopfbedeckungen, die aus geschwärztem Karton bestehen, mit Dachlatten gestützt und durch Riemen am Körper befestigt werden.

Angeblich wirkt der 45-minütige Umzug sehr gespenstig, da dafür alle Strassenlaternen ausgeschaltet werden. Anschliessend gehen die Männer ins Restaurant oder besuchen den Mitternachtsgottesdienst.

Bei diesem spirituellen Brauch geht es darum, böse Geister aus dem Dorf zu vertreiben. Obwohl der Umzug an Heiligabend stattfindet, ist er im Grunde keine Weihnachtstradition, sondern ein Winterlärmbrauch.

 


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote