Gemeinderat und Postauto ausgebremst

  15.09.2020 Gemeindeversammlung, Oeschgen

Gemeindeversammlung Oeschgen: Flächendeckend Tempo 30 beschlossen

In einer teilweise emotionellen Stimmung, bei offensichtlich gut organisierter Mobilisation von 107 Teilnehmenden, kam der Oeschger Gemeinderat mit seinem Antrag förmlich unter die Räder. Denn die Gemeindeversammlung sprach sich gegen seine Ausnahmevariante aus und war für die flächendeckende Einführung von Tempo 30.

Paul Roppel

Die Stühle mit Abstand platziert, in zwei Sektoren aufgeteilt, die Teilnehmer speziell registriert und mit der Maskentragepflicht konfrontiert, so präsentierte sich die Oeschger Gemeindeversammlung mit den Massnahmen gegen die Corona-Pandemie. Fast zweieinhalb Stunden harrte die beachtlich grosse Besucherschar von 107 Personen (15 Prozent der Stimmberechtigten) aus. Zweifellos hatte das schon im Vorfeld der Versammlung stimmungmachende Hauptthema die Leute mobilisiert, was dann auch zu einer über einer Stunde dauernden Auseinandersetzung führte; zeitweise sehr emotionell und sporadisch sogar gereizt. Einige Votanten bedachten den Gemeinderat mit happigen Vorwürfen. Souverän, professionell und emotionslos präsentierte hingegen Gemeinderat Marco Cafaro das Reizthema, das er mit zahlreichen Folien visualisierte. Er liess sich auch nicht von unschicklichen Zwischenrufen und Anmerkungen aus dem Plenum beeinflussen.

Neue Aspekte aufgetaucht
Gegner und Befürworter sind sich unisono einig: Oeschgen braucht die Tempolimite 30 auf seinen Strassen, um die Sicherheit zu erhöhen und die Unfallrisiken zu mindern. Diesen Auftrag hatte der Gemeinderat an der Gemeindeversammlung vom November 2018 erhalten. Er legte im Juni 2019 ein Konzept vor, das sogar eine Begegnungszone vorsah und kritische Stellen mit baulichen Massnahmen entschärfen sollte. Allerdings ging das der Versammlung zu weit; aber sie genehmigte einen Kredit von 75 000 Franken zur Umsetzung der Zone Tempo 30 flächendeckend. «Es ist unverständlich, dass der Gemeinderat den rechtsgültigen Auftrag nicht schon längst realisiert hat. Er missachtet den Volkswillen und seine Verzögerungstaktik ist unakzeptabel», kritisierte Marco Arnold vom Komitee pro Tempo 30 die Exekutive. Die vom Gemeinderat aufgetischten Erkenntnisse, welche zu seinem neuen Variantenentscheid geführt hätten, seien längst bekannt gewesen. «Das eingeholte Gutachten zeigt, dass Tempo 30 eingeführt werden kann», bestätigte Cafaro. Aber in der Diskussion mit dem Kanton und der Postauto AG seien neue Aspekte aufs Tapet gekommen, welche den Gemeinderat zur neuen Variante bewogen habe. Ausführlich leuchtete er die teils zeitliche stressige Situation der rund 150 Postautobenutzer aus.

Busverspätungen nehmen zu
«Es ist unbestritten, dass die bereits heute bekannten Verspätungen der Postautos durch die vorgesehene Temporeduktion noch akzentuierter werden», bestätigte Andreas Zimmermann von PostAuto Region Nordschweiz. Das Risiko Zugsanschlüsse zu verpassen erhöhe sich, insbesondere Richtung Frick, weniger ausgeprägt Richtung Stein. Wenn dies überhand nehme, müsste schlimmstenfalls die betroffene Linie gar eingestellt werden. Gemäss Gutachten braucht der Bus 15 bis 25 Sekunden länger für die Dorfdurchfahrt. «Die Anbindung an den öffentlichen Verkehr ist für uns essentiell. Deshalb möchten wir von der Haltestelle Hinterdorf bis Ortsende Richtung Frick weiterhin Tempo 50 belassen», begründete Gemeindeammann Christoph Koch die neue Gemeinderatsversion. «Das ist reine Angstmacherei», konterte Arnold. Nach intensiver Diskussion wurde mit 27 gegen 76 Stimmen die Variante des Gemeinderates abgelehnt und somit die flächendeckende Zone 30 (im Baugebiet) befürwortet. Im Weiteren unterstützte eine Konsultativabstimmung den Vorstoss für ein Beitrittsgesuch in den Jurapark Aargau. Schliesslich machte ein Votant Druck mit einem Überweisungsantrag, dass die Schulraumplanung zu beschleunigen und das nächstemal zu traktandieren sei.


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